Agape 5 - Liebe deine Feinde

veröffentlicht Sep 12, 2017 von Adrian Ebens in Agape

Als Johannes der Täufer Jesus als den Messias vorstellte, wurde die Hoffnung auf eine erneute nationale Größe wiedererweckt. Gedanken an Eroberer wie Judas Makkabäus, der einst das Joch der Seleukiden abgeworfen hatte, wurden geweckt und erregten die Energien des jüdischen Nationalismus, wenn sie ihre gegenwärtige Misere unter der eisernen Faust Roms betrachteten. Als große Menschenmengen begannen, sich um diesen neuen Lehrer zu scharen, und sie die Demonstrationen Seiner Macht sahen durch die Heilung der Kranken, begann ein Gefühl der Erwartung anzuwachsen.

Und Jesus durchzog ganz Galiläa, lehrte in ihren Synagogen und verkündigte das Evangelium von dem Reich und heilte alle Krankheiten und alle Gebrechen im Volk. Und sein Ruf verbreitete sich in ganz Syrien; und sie brachten alle Kranken zu ihm, die von mancherlei Krankheiten und Schmerzen geplagt waren, und Besessene und Mondsüchtige und Lahme; und er heilte sie. Und es folgte ihm eine große Volksmenge nach aus Galiläa und aus dem Gebiet der Zehn Städte und aus Jerusalem und Judäa und von jenseits des Jordan. Matthäus 4,23-25

Nachdem Jesus die zwölf Jünger erwählt hatte, ging Er mit ihnen ans Meer. Die Massen begannen sich zu versammeln, die einen, um zuzuhören, andere, um geheilt zu werden. Als die Menge immer größer wurde, führte Jesus sie den Berg hinauf und begann dort zu sprechen. Die Segnungen, die von Seinen Lippen flossen,  waren anders als alles, was die Menschheit je gehört hatte. Er begann Seine Rede mit Aussagen wie dieser:

Selig sind die Sanftmütigen ..., Selig sind die Barmherzigen ..., Selig sind die Friedfertigen ... (Matthäus 5,5;7;9)

Anstatt Lob auf kühne Männer zu häufen, die ihre Schwerter geschickt schwangen um der Sache der Wahrheit willen, sprach Jesus Segnungen aus über solche, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden und die es um Seinetwillen erdulden, geschmäht und misshandelt zu werden (Matthäus 5,10-11). Er sprach nicht die Worte eines rachsüchtigen Generals, der seine Truppen für den Krieg versammelt, sondern Er sprach über die Demut, die Sanftmut und die Liebe Seines Vaters, die Er sich wünschte in allen Seinen Nachfolgern zu sehen.

Diese von Christus gesprochenen Worte wurden von Ihm nicht nur gelehrt sondern in jedem Detail Seines irdischen Lebens ausgelebt. Sein Mitgefühl, Seine Barmherzigkeit und Geduld für alle Menschen waren allgegenwärtig. Am Ende Seiner Mission zeigte Seine Geduld selbst unter Spott, Schlägen und Tod nicht einen Schimmer von Drohung, Vergeltung oder Rache. Was Er uns an diesem Tag lehrte offenbarte eindeutig, wer Er war, und als der Stellvertreter Seines Vaters zeigte Er uns, wie Gott wirklich ist. Es ist wichtig zu verstehen, dass Jesus uns nicht anwies, etwas zu tun, was Er selbst nicht tut, weil Er göttlich ist und weil für Ihn selbst andere Regeln gelten. Nein, sondern weil Er die göttliche Natur besitzt lebt Er genauso, wie Er es uns auf dem Berg gelehrt hat.

Die Worte Jesu schnitten tief in den Stolz und Ehrgeiz der Juden ein, und weil diese Worte zur gesamten Menschheit gesprochen wurden, schneiden sie auch tief in den Stolz und den Ehrgeiz der ganzen Menschheit ein. Wir entdecken die Wahrheit, dass die Güte Gottes, wenn sie der sündige Mensch wahrnimmt, ihn zur Buße führt und ihm die Bedeutung der Eröffnungsworte Jesu in seiner Predigt offenbart: Gesegnet sind die geistlich Armen, und gesegnet sind die, die wegen ihres selbstsüchtiges Stolzes und Ehrgeizes trauern.

Der Sohn Gottes schneidet noch tiefer in das menschlichen Problem ein, wenn er fortfährt:

Ihr habt gehört, daß zu den Alten gesagt ist: "Du sollst nicht töten; wer aber tötet, der soll des Gerichts schuldig sein." Ich aber sage euch: Wer mit seinem Bruder zürnet, der ist des Gerichts schuldig; wer aber zu seinem Bruder sagt: Racha! der ist des Rats schuldig; wer aber sagt: Du Narr! der ist des höllischen Feuers schuldig. Matthäus 5,21-22

Jesus erweitert die Worte, die Mose Jahrhunderte vorher gegeben wurden. Er nimmt nicht den kleinsten Buchstaben noch einen Tüttel vom Gesetz hinweg, sondern vergrößert und verstärkt es und verherrlicht es mit Licht.

Du sollst deinen Bruder nicht hassen in deinem Herzen; sondern du sollst deinen Nächsten ernstlich zurechtweisen, dass du nicht seinetwegen Schuld tragen musst! Du sollst nicht Rache üben, noch Groll behalten gegen die Kinder deines Volkes, sondern du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst! Ich bin der HERR.  3.Mose 19,17-18

Wer hat sich nicht schon einmal über jemanden geärgert, der ihn schlecht behandelt hat? Wer hat nicht Gedanken von Missmut gegenüber denjenigen, die uns gedemütigt oder schlechtgemacht haben? Wer ist in der Lage, es jederzeit völlig zu vermeiden, einen Groll gegen jemanden zu hegen? Später erweiterte der Apostel Johannes die Worte Jesus noch, indem er folgendes schrieb:

Jeder, der seinen Bruder hasst, ist ein Mörder; und ihr wisst, dass kein Mörder ewiges Leben bleibend in sich hat. 1.Johannes 3,15

Was für ein Königreich ist das, von dem Jesus spricht? Wenn du Hass für jemanden fühlst, bedeutet es, dass du ein Mörder bist und des Todes würdig? Was ist das höllische Feuer, von dem Jesus in diesem Zusammenhang spricht? Frag Kain, als er voller Angst ausrief „Meine Sünde ist zu groß, als dass sie mir vergeben werden kann!“ 1.Mose 4,13. Frag Jesus, als Er am Kreuz hing und die Schuld des gesamten menschlichen Hasses, der Rache und der Selbstsucht trug. Frage Ihn über das höllische Feuer, das auf diejenigen kommt, die so leben.

Hat dich jemand, der dir nahesteht, schon einmal tief verletzt? Bist du wütend über ihn geworden? Hast du damit gekämpft, darüber nachzudenken, wie sehr er dich verletzt hat und wie sehr du dir wünscht, dass er seine gerechte Strafe bekommt? Ist das nicht eine lebendige Hölle? Brennen solche Gedanken nicht in unseren Herzen? Wie reagiert dann das Herz auf Gedanken in unserem Kopf, wenn wir wirklich einer Person den Tod wünschen? Wie fühlt sich der Geist Jesu, der uns näher steht als ein Bruder, wenn wir in unseren Gedanken für jemandem den Tod erhoffen? Vielleicht wissen wir, dass es falsch ist, anderen den Tod zu wünschen, und so wünschen wir uns einfach diese Person nie wieder zu sehen? Aber ist das nicht nur eine Frucht mit einer anderen Farbe, aber vom selben Baum? Wie leidet Jesus in diesem höllischen Feuer, wenn wir erlauben, dass uns solche Gedanken beherrschen?

Die Worte Christi sind ein direkter Angriff auf die Art und Weise, wie sich die Menschen im Allgemeinen untereinander behandeln. Der Aufruf  zu Sanftmut, Demut und Geduld angesichts von Beleidigungen und Misshandlungen verlangt von dem Hörer mehr als er geben kann - und das ist Absicht. Wie Jesus sagt:

Als Jesus es hörte, sprach er zu ihnen: Nicht die Starken brauchen den Arzt, sondern die Kranken. Ich bin nicht gekommen, Gerechte zu berufen, sondern Sünder zur Buße. Markus 2,17

Jesus fährt mit messerscharfer Präzision in Seiner königlichen Rede fort, um Menschenherzen darauf vorzubereiten, Seine Gnade zu empfangen. Mit einem einzigen Satz entlarvt Er die Selbstsucht eines jeden Menschen:

Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt ist: »Du sollst nicht ehebrechen!« Ich aber sage euch: Wer eine Frau ansieht, um sie zu begehren, der hat in seinem Herzen schon Ehebruch mit ihr begangen. Matthäus 5,27-28

Jeder Mann, der ehrlich zu sich selbst ist, weiß, dass diese Worte direkt zum Kern seines Problems sprechen und ihn vollständig verurteilen. Christus erklärt, dass das Problem das Ich oder das Selbst ist, dass das Herz des Einzelnen verändert werden muss. Gott möchte ein neues Prinzip in den Mann einpflanzen, ein Prinzip, dass er nicht hat und nicht aus sich selbst haben kann. Gott bietet uns den Glauben Jesu an, "das Reich Gottes ist inwendig in euch", der, wenn er einmal empfangen wird, "alle Dinge neu macht". Das Leben und die Handlungen eines Mannes des Glaubens sind einfach nur ein Ausdruck dieses Prinzips, dieses Segens, der innen beginnt und dann auf jene ausfließt, die um ihn herum sind, ganz egal, in welchem Land oder in welcher Kultur er lebt. Die Welt denkt, dass Gott erst von außen wirkt und dann nach innen weitergeht. Der Mensch denkt, dass Gott zuerst die Welt reformiert, die Bösen besiegt und dadurch das Königreich der Treuen aufrichtet. Aber der Plan, von außen anzufangen und sich nach innen durchzuarbeiten, ist immer gescheitert und wird immer scheitern. Noch einmal: was Jesus fordert, ist unmöglich für den Menschen, aber mit Gott und Seiner Gnade sind alle Dinge möglich.

Wenn da jemand sein könnte, der in seinem Herzen glaubt, noch niemals jemandem Unrecht getan zu haben, weder Familienmitgliedern noch seinem Nächsten, dann stellen die folgenden Worte von Jesus den Eingang in Sein Königreich außerhalb von einem jeden, der es nicht durch das Kreuz betritt.  

Ihr habt gehört, daß gesagt ist: «Auge um Auge und Zahn um Zahn!» Ich aber sage euch: Ihr sollt dem Bösen nicht widerstehen; sondern wenn dich jemand auf deinen rechten Backen schlägt, so biete ihm auch den andern dar; und wer mit dir rechten und deinen Rock nehmen will, dem laß auch den Mantel; und wenn dich jemand eine Meile weit zu gehen nötigt, so gehe mit ihm zwei. Gib dem, der dich bittet, und wende dich nicht ab von dem, der von dir borgen will. Ihr habt gehört, daß gesagt ist: «Du sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind hassen!» Ich aber sage euch: Liebet eure Feinde, segnet, die euch fluchen, tut wohl denen, die euch hassen, und bittet für die, so euch beleidigen und verfolgen; auf daß ihr Kinder eures Vaters im Himmel seid. Denn er läßt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und läßt regnen über Gerechte und Ungerechte. Denn wenn ihr die liebt, die euch lieben, was habt ihr für einen Lohn? Tun nicht die Zöllner dasselbe? Und wenn ihr nur eure Brüder grüßt, was tut ihr Besonderes? Tun nicht auch die Heiden ebenso? Darum sollt ihr vollkommen sein, gleichwie euer himmlischer Vater vollkommen ist! Matthäus 5,38-48

Ist schon einmal jemand auf dich zugekommen und hat dich völlig grundlos geschlagen? Jesus sagt: Halte ihm die andere Wange hin. Die Liste der Dinge, zu denen Jesus hier aufruft, sind völlig außerhalb der menschlichen Möglichkeit, in dem Leben einer Person praktiziert zu werden, und doch ist es das, was Jesus uns als Qualifikation für Sein Königreich offenbart. Liebe diejenigen, die dich töten wollen? Diejenigen lieben, die dir schaden und ständig versuchen, dich zu verletzten? Jesus bittet uns, solche Menschen zu lieben? Aber warum?

auf daß ihr Kinder eures Vaters im Himmel seid. Matthäus 5,45

Hast du das verstanden? Wenn du demütig, barmherzig, sanftmütig und geduldig bist und deine Feinde liebst, dann offenbarst du, dass du ein Kind deines himmlischen Vaters bist. Was bedeutet das? Das bedeutet, dass der Vater so ist! Wenn Er die Sonne über Gerechte und Ungerechte scheinen lässt, dann werden wir unsere Liebe über Gerechte und Ungerechte scheinen lassen, weil unser himmlischer Vater so ist. Dies ist die größte Predigt, die je gehalten wurde, weil sie von dem großartigsten und wunderbarsten Wesen des Universums handelt: von unserem himmlischen Vater. Er wurde uns durch unseren kostbaren Erlöser offenbart, durch den Sohn des lebendigen Gottes, der ganz genau weiß, wie der Vater ist. Im ganzen Universum gibt es kein anderes Wesen, das weiß, wie der Vater ist, und in dieser Predigt erkennen wir, dass uns der Charakter Gottes offenbart wird.

Das abschließende Siegel dieser Realität befindet sich in den letzten Worten von Matthäus Kapitel 5.

Darum sollt ihr vollkommen sein, gleichwie euer Vater im Himmel vollkommen ist! Matthäus 5,48

Das beweist uns, dass alles, was Jesus gesprochen hat, eine Offenbarung Seines Charakters der Liebe ist. Diese Worte zeigen uns, wie unser Vater mit Situationen umgeht. Das Buch Lukas fasst das Wort “vollkommen”, das Matthäus benutzt, so zusammen:

Darum seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist. Lukas 6,36

Vollkommenheit wird demnach gefunden in der Barmherzigkeit. Hier müssten wir uns die Frage stellen: Wenn Gott Seine Feinde liebt und uns durch Seinen Sohn offenbart hat, dass Er bereit ist, Sein Leben niederzulegen für diejenigen, die Ihn hassen, warum scheint dann die Bibel zu lehren, dass Gott Seine Feinde mit einem vollkommenem Grimm hasst und in der Glut Seines Zornes willig ist um der Rettung der Gerechten willen Feuer und Schwefel vom Himmel herabzurufen, um die Bösen auszulöschen und dann zuzuschauen, wie sie kreischend vor entsetzlicher Qual sterben?

Das ist die Frage, der wir uns als nächstes zuwenden müssen, denn es gibt mehrere Geschichten im Alten Testament, die aufzuzeigen scheinen, dass Gott Seine Feinde nur bis zu einem bestimmten Punkt liebt, aber dann all Seinen aufgestauten Zorn in einem Feuersturm herausbrechen lässt und sie von der Erde vertilgt. Manche sind der Meinung, das sei eine notwendige Mahnung, damit wir nicht leichtfertig mit Gott umgehen, und dass selbst Er Grenzen hat, und wenn wir diese überschreiten, wir das in der entsetzlichsten Weise mit unserem Leben büßen müssen. Wie wir die Vollkommenheit des Vaters, über die Jesus in der Bergpredigt sprach, mit den Geschichten des Alten Testamentes vereinbaren, wird Gegenstand für den Rest unserer Serie sein. Für die meisten Menschen gibt es eine riesige Kluft zwischen Jesus in den Evangelien und Gott im Alten Testament. Doch seltsamerweise war es Mose, der gebeten wurde, diese Worte im 3. Buch Mose aufzuschreiben, seinen Nachbarn zu lieben und keinen Groll gegen ihn zu hegen.

Diesselbe Kluft existierte für diejenigen, die Jesus vor 2000 Jahren zuhörten. Für die, die glaubten, dass das Königreich, das Jesus beschrieb, das Reich Gottes war und Seinen Charakter repräsentierte, waren Jesu Worte und Sein Dienst ein Geruch des Lebens zum Leben. In denjenigen dagegen, die ihre weltlichen Bestrebungen nicht loslassen wollten und glaubten, dass Jesus weder den Charakter Gottes genau dargestellt hatte, noch wie das Königreich Gottes sein würde, waren schon die Samen vorhanden, um Jesus zu hassen, weil Er in ihren Augen ein Hochstapler war. Wie konnte Er der Sohn Gottes sein, wenn der Gott, den Jesus beschrieb und von dem Er sagte, dass Er Sein Vater sei, nicht der Gott war, den sie immer gekannt hatten? Hatte Gott Seine Wege verändert?

Ist Gott Seinem Wort treu, wenn Er sagt:

Denn ich, der HERR, verändere mich nicht; deshalb seid ihr, die Kinder Jakobs, nicht zugrunde gegangen. Maleachi 3,6

Ist der Gott in den Evangelien derselbe wie der Gott Moses, Abrahams und Noahs? Ist Jesus Christus derselbe gestern, heute und in Ewigkeit (Hebräer 13,8)? Dies sind Fragen, die eine Antwort verlangen. Erst einmal lasst uns freuen über die Offenbarung des Vaters, die uns Jesus an diesem Berghang gegeben hat, und dazu ermutigt werden, dass wir mit Christus nicht nur unsere Freunde, sondern auch unsere Feinde lieben können.