Die Rückkehr des Elia - Kapitel 6 - Wie liest du?

veröffentlicht Dez 19, 2018 von Adrian Ebens in Die Rückkehr des Elia

Das deutsche Übersetzerteam ist dabei, das Buch "The Return of Elijah" - Die Rückkehr des Elia von Bruder Adrian Ebens zu übersetzen. Dies wird ein längerer Prozess sein, deshalb werden wir die einzelnen Kapitel als Artikel veröffentlichen, bis das ganze Buch fertig ist. Seid gesegnet beim Lesen!

Der Hauptteil dieses Buches wurde von Bruder Adrian Ebens in nur zwei Wochen im Juli 2007 geschrieben. Wir veröffentlichen hier die revidierte Version von 2019.

 

 

Kapitel 6 - Wie liest du?

 

A. Der Zusammenhang ist alles

Heute ist ein ganz besonderer Tag. Du bist voller Vorfreude und Aufregung über die möglichen Aussichten, die vor dir liegen. Der Chef einer großen Textilfirma ist an einem besonderen Design interessiert, das du erarbeitet hast, und erwägt ernsthaft, es herzustellen und in die ganze Welt zu exportieren. Ihr habt vereinbart, euch zum Mittagessen in einem netten kleinen örtlichen Restaurant zu treffen. Da ihr euch noch nie zuvor getroffen habt, schaust du nervös umher, um den Mann zu erkennen, der deinen Traum Realität werden lassen kann. Endlich kommt er und du schüttelst ihm kräftig die Hand. Ihr geht beide in das Restaurant und sucht euch einen Platz. Um sich bekannt zu machen stellt dein Gegenüber ein paar Fragen über deine Familie, wo du lebst und was deine Kinder in der Schule machen. Alles läuft gut, abgesehen von der Tatsache, dass direkt hinter dir ein Typ sitzt, der eine wirkliche Kunst darin entwickelt hat, seine Suppe zu schlürfen. Erst verdrängst du es, aber nach einer Weile wird es etwas lästig. „Manche Leute müssen erst noch Manieren lernen“, denkst du dir, verdrängst es dann aber, um nicht abgelenkt zu werden. Das Gespräch mit deinem potentiellen Geschäftspartner läuft gut und ihr steckt gerade mitten in einer Diskussion über die speziellen Vorteile deines Designs, als plötzlich der Kerl hinter dir einen fürchterlichen Rülpser loslässt, der fast das Besteck auf eurem Tisch zum Klirren bringt! Alle Augen sind auf einmal auf dieses ungewöhnliche Individuum gerichtet, das keine Manieren zu haben scheint. Der Raum ist erfüllt von Kichern und unterdrücktem Gelächter, verbunden mit Abscheu und Entrüstung. Schließlich erscheint der Besitzer des Restaurants und bittet den Mann zu gehen, mit dem Hinweis, dass so etwas in seinem Restaurant nicht erwünscht ist.

Das Erstaunliche an dieser Sache ist, wenn derselbe Mann in einem Restaurant in China gesessen hätte, hätte niemand auch nur mit der Wimper gezuckt. Stattdessen wären der Gastgeber und die Gastgeberin eher enttäuscht gewesen, wenn er diese Geste unterlassen hätte, welche zeigen, dass du satt und zufrieden bist. Sie wird vom Gastgeber als auch vom Koch als ein Kompliment aufgefasst. In der chinesischen Kultur ist es auch so, dass du für ziemlich ungehobelt gehalten wirst, wenn du versuchst, jemandem die Hand zu schütteln, den du noch nie vorher getroffen hast, oder beim Abendessen über Familienangelegenheiten sprichst.1

Es ist erstaunlich, wie dieselben Handlungen auf völlig unterschiedliche Weise interpretiert werden können, je nachdem, aus welcher Kultur oder Weltsicht du kommst. Das ist nicht anders, wenn wir die unterschiedlichen Kulturen des Reiches Gottes und des Reiches Satans vergleichen.

Der christliche Glaube hat nur eine Grundlage - Jesus Christus. Und doch, wenn wir uns die Fülle der Gruppen ansehen, die den Namen Jesu benutzen, sind wir verblüfft, wenn wir herausfinden, dass so viele Gegensätze auf einem Fundament existieren können. Die Reise in das Reich Gottes bedeutet einen Übergang in eine andere Kultur und Weltanschauung. In unserem letzten Kapitel haben wir bereits die Schwierigkeiten beschrieben, denen wir oft gegenüberstehen, wenn wir lernen, in den Wegen des Himmels zu denken.

Die größten Schwierigkeiten auf dem christlichen Weg drehen sich darum, wie wir an das Wort Gottes, die Bibel, herangehen. Wir kommen aus der Welt, wo wir auf Leistung und Erfolg geschult worden sind; wenn wir aber in das Reich Gottes eintreten, ist es absolut entscheidend, dass wir unsere alten Auffassungen aufgeben und es dem Geist Gottes erlauben, uns zu lehren, wie wir Gottes Wort lesen sollen. Leider ist das oft nicht passiert, und die vielen Widersprüche, Irrlehren und Auseinandersetzungen, die man im christlichen Glauben und im Laufe der Geschichte findet, entspringen direkt dem Lesen der Bibel in einem leistungsorientierten statt einem beziehungsorientierten Kontext.

 

Jesus berührt genau diesen Punkt in Seiner Diskussion mit dem Schriftgelehrten im 10. Kapitel von Lukas. Der Schriftgelehrte fragt Jesus: „Was muss ich tun, dass ich das ewige Leben ererbe?“ Jesus antwortet: „Was steht im Gesetz geschrieben?“, und um die Frage zu vertiefen, fragt Er: „Wie liest du?“ (Lukas 10,25.26)

Jesus fragt nicht, „Was liest du“, Er fragt, „Wie liest du“, oder: „Wie interpretierst du was du liest?“ Das ist die Schlüsselfrage für jeden, der sich auf die Reise vom leistungsorientierten zum beziehungsorientierten Denken macht – Wie liest du?

 

B. Glaube basiert auf mehreren Gedankenebenen

Wenn eine Person eine Aussage über den Glauben macht, gründet sich diese gewöhnlich auf mehrere Ebenen des Denkens. Als Beispiel lasst uns dazu eine Aussage über das Gesetz Gottes anschauen. Nimm diese Aussage:

„Der Versuch, das Gesetz zu halten, ist Gesetzlichkeit.“

Lasst uns das aus einem typisch protestantischen Zusammenhang betrachten. Wir nennen diese Aussage eine Prämisse oder Grundannahme. Aber diese Grundannahme basiert auf einer Vermutung, nämlich dieser: „Jegliche menschliche Anstrengung ist Gesetzlichkeit”, was wiederum auf der Bibellehre basiert, die „Gerechtigkeit durch Glauben” genannt wird. Wenn wir das zusammenfügen, sieht es so aus:

 

Grundannahme: „Der Versuch, das Gesetz zu halten, ist Gesetzlichkeit.”

Zugrundeliegende Hypothese: „Jegliche menschliche Anstrengung ist Gesetzlichkeit.”

Biblische Lehre oder Glaube: „Gerechtigkeit durch Glauben.”

 

Der logischen Abfolge nach macht das absolut Sinn, aber es gibt einige Aussagen in der Bibel, die gegen diese Prämisse oder Grundannahme zu sprechen scheinen. In Abschnitt 4 werde ich eine vollständige Anwendung einer Grundannahme über den Sabbat aufzeigen, aber erst einmal zurück zu unserer jetzigen Grundannahme. Die drei beschriebenen Ebenen sind der sichtbare Teil unseres “Glaubensbaumes”. Aus diesem Blickwinkel erscheint es ganz einwandfrei, denn die Bibel sagt, dass wir durch Werke nicht gerecht gemacht werden und dass Erlösung nicht auf Werken basiert. Es steht aber auch geschrieben: Wenn ihr mich liebt, haltet meine Gebote, und jeder der behauptet, Gott zu lieben, und Seine Gebote nicht hält, ist ein Lügner. Es scheint dort also einen Widerspruch zu geben. Dieser Widerspruch bezieht sich auf die verborgenen Gedankenschichten oder -ebenen, die unter dem Sichtbaren liegen. Ebenen, die in unserer leistungsorientierte Natur verwurzelt sind. Wenn wir diese verborgenen Schichten hinzufügen, wird es sehr interessant:

 

Sichtbare Ebenen

„Der Baum“

Grundannahme: „Der Versuch, das Gesetz zu halten, ist Gesetzlichkeit”

Zugrundeliegende Hypothese: „Jegliche menschliche Anstrengung ist Gesetzlichkeit”

Biblische Lehre oder Glaube: „Gerechtigkeit durch Glauben”

Unsichtbare Ebenen

„Die Wurzel”

Wertesystem: Leistung

Lebensquelle: Der Mensch hat eine innewohnende Lebensquelle - Lüge der Schlange2

 

Die unsichtbaren Ebenen beeinflussen unser Denken über Gerechtigkeit durch Glauben. Unser leistungsorientiertes Denken verdreht unbewusst die Aussagen der Schrift in eine Lüge. Nimm den folgenden Bibelvers:

Denn aus Gnade seid ihr errettet durch den Glauben, und das nicht aus euch — Gottes Gabe ist es; nicht aus Werken, damit niemand sich rühme. Epheser 2,8-9

Da die unsichtbare oder unterbewusste Ebene unser Denken darüber informiert, dass wir eine innewohnende Lebens- oder Kraftquelle besitzen, wird jegliche Macht, die in unserem Leben demonstriert wird, als menschliche Anstrengung und daher als Gesetzlichkeit interpretiert. Die Wurzel des Baumes speist die Zweige unseres Glaubensbaumes, und so verdrehen wir unbewusst die Schrift zu unserer Zerstörung.

Das ist die Macht Babylons in der Gemeinde. Sie verbindet die Wahrheit von Gerechtigkeit durch Glauben mit der Lüge eines leistungsorientierten Wertesystems und erzeugt eine Zurückweisung genau des Gesetzes, das unsere einzige Hoffnung auf Leben und Wert ist - wie wir im 3. Kapitel gesehen haben.

 

C. Ein Beispiel für geschichtetes Denken

Lasst uns diese fünf Ebenen in unterschiedlichen Zusammenhängen veranschaulichen und sehen, ob wir dieses geschichtete Denken noch besser erfassen können. In den folgenden Diagrammen stellt das dunkel unterlegte das Denken dar, das nicht durch die Schrift biblisch durchdrungen ist. Hell unterlegt repräsentiert das durchdrungene Denken.

Wir wollen eine katholische Sicht des Gesetzes einnehmen und die fünf Ebenen oder Schichten dokumentieren, damit wir sehen können, wie viel Schriftdurchdringung wir in den fünf Ebenen bekommen.

Das katholische Modell, wie in dem folgenden Diagramm gezeigt wird, stimmt damit überein, dass das Gesetz Gottes gehalten werden muss und betrachtet jegliche Anstrengung des Menschen, Gottes Forderungen nachzukommen, als verdienstvoll. Aus biblischer Sicht ist das absolut gesetzlich und einfach der Versuch des Menschen, durch eigene Bemühungen Gottes Gesetz zu halten. Katholiken würden sagen: Gnade bedeckt den ganzen Prozess, aber da sie Werke zweifellos als verdienstvoll betrachten, ist das eindeutig falsch.

 

 

Lasst uns jetzt einen Blick auf die typisch protestantische Sicht werfen. Dieses System ist etwas komplexer, weil es mehr Wahrheit als das vorangegangene Beispiel enthält. Je mehr Wahrheit mit dem Irrtum kombiniert ist, desto schwerer wird es, Widersprüche zu entdecken.

Wie wir schon zuvor erörtert haben, erwuchs die protestantische (evangelische) Kirche aus der biblischen Wahrheit, dass eine Person durch Glauben allein gerechtfertigt ist, nicht durch Werke. Diese Wahrheit wird nun in das vorherige unbiblische katholische Verständnis des christlichen Glaubens injiziert. Die Injektion der Wahrheit macht unsere Prämisse bzw. Grundannahme auf der Glaubensebene teilweise wahr, aber da die unsichtbaren Ebenen nach wie vor leistungsorientiert sind, macht es auch die Grundannahme teilweise falsch. Das falsche Element der Grundannahme bringt eine Person dazu, das Halten des Gesetzes als Teil des Evangeliums abzulehnen.

 

 

Der einzige Weg, wie die Protestanten weiterhin die Aussagen über das Gesetz in Einklang bringen können, besteht darin zu verändern, was das Gesetz ist. Das Gesetz wird zum neuen Gebot, einander zu lieben, und statt unser leistungsorientiertes Denken zu verändern, ändern wir das Gesetz, damit es zu unserer Grundannahme und den Ebenen des Denkens passt.

Lasst uns nun ein adventistisches Glaubenssystem auf das Gesetz in die sichtbaren Ebenen legen und die leistungsorientierten, unsichtbaren Ebenen belassen und schauen, was passiert.

Unser Grad im Durchdringen der Schrift vertieft sich. Denke daran, wie wir zuvor gesagt haben: je tiefer wir in die Wahrheit kommen, desto schwieriger wird es, Widersprüche zu erkennen.

Das adventistische Verständnis des Gesetzes basiert auf den Glaubenssäulen des Sabbats, des zweiten Kommens, des Heiligtums und des Zustands der Toten. Diese Lehren verbinden sich zur Lehre von Gerechtigkeit aus Glauben, die das Halten des Gesetzes als Teil des Neuen Bundes beinhaltet. Die wahren Lehren korrigieren die zugrundeliegende Annahme, aber da die unsichtbaren Ebenen sich nicht verändert haben, bekommen wir ziemlich konfuse menschliche Anstrengungen. Unser Verstand sagt uns, dass Christus derjenige ist, der in mir wirkt, aber meine Natur will sich selbst den Verdienst zuschreiben, wenn die Werke verrichtet sind. Wir glauben an Gerechtigkeit durch Glauben, demonstrieren aber Gerechtigkeit aus Werken. An dieser Stelle zu stehen ist ziemlich übel. So viele von uns haben versucht, gute Adventisten zu sein, folgten den Lehren der Bibel und des Geistes der Weissagung, dennoch fühlen sich viele von uns leer, weil uns nach wie vor leistungsorientiertes Denken kontrolliert. Wir sind immer noch von den Bergen und den Tälern des Stolzes und der Verzweiflung beeinträchtigt und der Druck steigt bis zu dem Punkt, wo sich etwas ändern muss.

 

 

Um mit diesem Druck fertig zu werden, wenden manche Adventisten allein oder zusammen mit anderen viel Zeit und Aufmerksamkeit auf, um die Sünden der Gemeinde herauszustellen, ohne zu erkennen, dass dies nur ein Ersatz dafür ist, mit ihrer eigenen Schuld und oft auch Verzweiflung umzugehen.

Andererseits habe ich viele Geschichten von Evangelisten gehört, die die Liebe Jesu in missionarischen Programmen gepredigt und dabei ihre Mitarbeiter verbal beleidigt haben, weil sie Dinge nicht richtig gemacht und nicht Schritt gehalten hätten. Unsere protestantischen Brüder und Schwestern können den Splitter in unseren Augen in dieser Sache sehen, aber viele von uns haben noch nicht den Balken gefunden, der uns durch die verborgenen Schichten des leistungsorientierten Denkens verblendet.

Wenn sich das leistungsorientierte Denken unentdeckt fortsetzt, muss sich etwas ändern, um den Druck dieses Widerspruchs zu entlasten. Da Adventisten wissen, dass das Gesetz für immer besteht, würden sie daran nie etwas ändern. Welche Lehren haben sich denn dann geändert? Manche versuchten, Gerechtigkeit durch Glauben und das Heiligtum zu verändern. Leistungsorientiertes Denken über das Gesetz erforderte eine Veränderung in unserer Auffassung, wie das Gesetz zu halten ist. Die Einführung der forensischen Rechtfertigung in den späten 70ern, frühen 80ern half, diesen Druck zu entlasten. Es entfernte den Zwang, die Sünde zu überwinden. Wir konnten mit einer Decke aus Gnade bedeckt werden, die die Notwendigkeit christlicher Vollkommenheit verneinte. Die Veränderung in dem Nachdruck auf das Heiligtum kam durch eine Veränderung in der Lehre des Untersuchungsgerichtes. Die typische leistungsorientierte Herangehensweise an die Lehre des Untersuchungsgerichtes ist fast so beängstigend wie eine ewig brennende Hölle. Viele in unseren Gemeinden haben diese Lehre ganz verworfen, weil sie die verborgenen Schichten oder Ebenen des leistungsorientierten Denkens nicht durchdrungen haben.

Hier haben wir nun mindestens zwei Versionen von Gerechtigkeit durch Glauben in der Gemeinde, beide basieren auf Leistung in den unsichtbaren Schichten. Manche schwanken hin und her und versuchen verzweifelt, etwas Erleichterung zu finden, aber diese wird niemals kommen. Wenn wir nur dem Wort Gottes gestatten würden, die unsichtbaren Schichten zu durchdringen und uns wirklich zu bekehren - wie viel Schmerz bliebe uns erspart?

Warum erlaubt Gott uns, diesen Pfad hinabzusteigen, der es so schwer macht, ein Siebenten-Tags-Adventist zu sein? Die einzige Erklärung, die ich finden kann, liegt in der Ablehnung der Botschaft, die 1888 zu uns kam. Beachte folgendes Zitat:

In seiner Gnade hat der Herr Seinem Volk eine sehr wertvolle Botschaft durch die Brüder [E.J.] Waggoner und [A.T.] Jones gesandt. Diese Botschaft sollte den Menschen den erhabenen Retter und das Opfer für die Schuld der ganzen Welt vor Augen führen. Sie zeigte die Rechtfertigung durch den Glauben an unseren Fürsprecher; sie lud die Menschen dazu ein, die Gerechtigkeit Christi zu erhalten, die sich auch im Beachten aller Gebote Gottes äußert. Viele hatten Jesus aus den Augen verloren. Es war notwendig, daß ihr Blick wieder auf seine göttliche Person, sein Wesen und seine unveränderliche Liebe gerichtet wurde. Alle Macht ist in seine Händen gegeben, so daß er die Menschen reich beschenken und den Hilflosen die unschätzbare Gabe seiner eigenen Gerechtigkeit verleihen kann. Dies ist die Botschaft, die auf Gottes Befehl der Welt gegeben werden soll. Es ist die dreifache Engelsbotschaft, die mit lauter Stimme verkündet und von der umfassenden Ausgießung des Heiligen Geistes begleitet werden soll. (Testimonies to Ministers and Gospel Workers 91.92, 1895) {CKB 143.2}

Die Botschaft von 1888 stellte uns Gerechtigkeit durch Glauben vor durch einen erhöhten Heiland, der uns ermöglicht, alle Gebote Gottes zu halten. Sie führte uns dahin, Christus zum Zentrum zu machen, nicht mehr uns selbst. Sie weist uns auf die Lebensquelle hin, aus der ein reicher Strom zu uns fließen und uns mit dem Geist Christi erfüllen kann. Zweifellos sind wir noch nicht zu diesem Punkt gelangt, denn sonst wäre Christus schon wiedergekommen. Wir haben unser leistungsorientiertes Denken noch nicht entdeckt in einer tiefgreifenden Selbstprüfung. Beachte Folgendes:

Kein Mensch kann wissen, was es bedeutet, für Gott geheiligt zu sein, wenn er nicht zuerst nach dem Reich Gottes und seiner Gerechtigkeit sucht. Er muss seine Seele vor Gott demütigen und bereit sein, lieber alles und jedes zu opfern als das Wohlgefallen Gottes. Kultiviere Liebe und Zuneigung zu religiöser Hingabe. Es ist bei weitem besser, die Erde statt den Himmel aufzugeben. Du musst jetzt gut auf deinen Wandel schauen, damit deine Füße nicht gleiten. Der Charakter jedes Wunsches und jeder Absicht ist, wie du weißt, so klar vor Gott bekannt wie die Sonne am Himmel. Mein lieber Bruder in Christus, du hast das geistliche Wachstum in der Gnade nicht kultiviert. Dein Ich muss sterben. Höre auf, dich selbst so wichtig zu nehmen. Selbstherrlichkeit muss in den Staub gelegt werden. (1888 Materials p. 1189)

Haben wir unseren Wandel als gut betrachtet? Ist das Ich gestorben? Sind wir schnell beleidigt? Sträuben wir uns bei Zurechtweisung? Vergleichen wir uns mit anderen? Trachten wir nach einer höheren Position in der Gemeinde? Sind wir stolz darauf, dass wir das Werk Gottes tun? Ist das Ich in den Staub gelegt worden? Wie sollen wir das machen?

Aber kein Mensch kann sich selbst des eigenen Ichs entleeren; er kann nur einwilligen, daß Christus das für ihn tut. Dann wird die Sprache der Seele sein: Herr nimm mein Herz, denn ich kann es nicht geben. Es ist dein Eigentum. Halte es rein, denn ich kann es nicht rein halten für dich. Rette mich trotz meines eigenen, schwachen, Christo so unähnlichen Ichs. Bilde mich, forme mich, erhebe mich in eine reine und heilige Atmosphäre, wo der volle Strom deiner Liebe durch meine Seele fließen kann. {CGl 157.2}
Je näher wir zu Jesu kommen und je klarer wir die Reinheit seines Charakters erkennen, desto klarer werden wir die außerordentliche Sündigkeit der Sünde begreifen und um so weniger werden wir geneigt sein, uns zu erheben. Die, welche der Himmel als heilig stempelt, sind die letzten, die mit ihrer eigenen Güte prahlen. Der Apostel Petrus war ein treuer Diener Christi, er wurde hoch geehrt durch die Mitteilung göttlichen Lichtes und göttlicher Kraft. Er nahm tätigen Anteil am Aufbau der Gemeinde Christi, aber er vergaß nie die furchtbare Erfahrung seiner Demütigung; seine Sünde war zwar vergeben, aber er wußte, daß nur durch die Gnade Christi jene Charakterschwäche, die seinen Fall verursacht hatte, geheilt werden konnte. In sich selbst fand er nichts, dessen er sich hätte rühmen können. {CGl 158.1}

Während wir die Notwendigkeit einer gewissenhaften Herzensprüfung erkennen mögen kann leistungsorientiertes Denken dieses Werk unerträglich machen. Es gibt nur einen Weg, ein solches Werk aufzunehmen, ohne daran zu verzweifeln, und zwar, das Werk als ein Sohn und nicht als ein Knecht anzugehen. Wenn wir unsere Kindschaft anerkennen, beginnt sich unser leistungsorientiertes Denken in ein beziehungsorientiertes Denken zu verändern. Dann, und nur dann, können wir dem schmerzhaften Werk der Selbstprüfung ins Auge sehen, um die unsichtbaren Schichten unseres leistungsorientierten Denkens vollständig zu entfernen, die Ungereimtheiten in unserem Verständnis des Gesetzes zu beseitigen und uns vor falschen Ansichten über die Rechtfertigung, die Heiligung, das Heiligtum und viele andere Lehren zu bewahren.

 

 

 

Lieber Vater im Himmel,

Vergib uns, dass unsere Herzen so langsam sind zu glauben, was durch die Propheten geschrieben wurde. Hilf uns, unser Denken des verlorenen Sohnes zu überwinden, das glaubt, Du würdest uns nur als Knechte zurücknehmen. Vergib uns, dass wir uns nur auf die Tatsache konzentrieren, dass wir nicht mehr würdig sind, Deine Söhne und Töchter zu sein. Mögen wir das vollkommene Vorrecht der Sohnschaft erfassen und den reichen Strom Deiner Gerechtigkeit annehmen, den Du durch den Geist Christi über uns ausgießen möchtest.

Wir danken dir, in Jesu Namen. Amen

Im nächsten Kapitel möchte ich noch mehr auf die entscheidende Notwendigkeit eingehen, einen Wandel im Denken zu vollziehen -- vom Denken eines Knechtes zu dem eines Sohnes. Das ermöglicht uns, die unsichtbaren Schichten des leistungsorientierten Denkens umzugestalten.

 

 

Fußnoten:

1 http://chinawestexchange.com/Chinese/Culture/customs.htm

2 “Lange hat sich Satan auf seine letzte Anstrengung, die Täuschung der Welt, vorbereitet. Die Grundlage zu seinem Werk wurde bereits durch die der Eva im Paradies gegebene Versicherung gelegt: „Ihr werdet mitnichten des Todes sterben.” (GK 563.1) “Satan fing seine Täuschung in Eden an. Er sagte zu Eva: „Ihr werdet mitnichten des Todes sterben.“ Dies war Satans erste Lektion über die Unsterblichkeit der Seele, und er hat diese Täuschung von jener Zeit an bis auf die heutige fortgesetzt und wird sie noch fortsetzen, bis die Gefangenschaft der Kinder Gottes gewendet werden wird.” (EG 208.1)