Das Spiegelprinzip - Kapitel 7-9

veröffentlicht Okt 13, 2023 von Adrian Ebens in Der Charakter Gottes

Kapitel 7 - Mit unverhülltem Gesicht

Wenn wir in das Gesicht Jesu schauen sehen wir ein vollkommenes Abbild oder eine Reflexion des Vaters. Paulus beschreibt das als Blick in einen Spiegel:

Wir alle sehen in Christus mit unverhülltem Gesicht die Herrlichkeit Gottes wie in einem Spiegel. Dabei werden wir selbst in das Spiegelbild verwandelt und bekommen mehr und mehr Anteil an der göttlichen Herrlichkeit. Das bewirkt der Herr durch Seinen Geist. (2.Korinther 3,18 GN)

Die Herrlichkeit, die wir im Angesicht des Herrn Jesus sehen, ist die Herrlichkeit des Vaters.

Die ganze Herrlichkeit Gottes leuchtet in Ihm (dem Sohn) auf; in Ihm hat Gott Sein innerstes Wesen (Charakter) sichtbar gemacht… (Hebräer 1,3 GN)

Das Ausmaß dieses Spiegels wird durch Christi Mission auf der Erde definiert.

Ich habe Deine Herrlichkeit auf der Erde sichtbar gemacht; denn Ich habe die Aufgabe erfüllt, die Du Mir übertragen hast. (Johannes 17,4 HFA)

Nichts kann dieser vollkommenen Offenbarung Gottes noch hinzugefügt werden. Die Bücher Matthäus und Johannes im Neuen Testament sind der Anfang und das Ende dieses Spiegels, während Markus und Lukas diese göttliche Offenbarung des Charakters des Vaters vervollständigen. Es ist das Licht, das die ganze übrige Bibel erleuchtet und damit die ganze Welt. Aber dieses Licht wird von den Menschen oft abgelehnt. Warum? Eine Geschichte aus dem Alten Testament hilft uns das zu verstehen.

Nachdem Mose 40 Tage lang auf dem Berg gewesen war, wurde er so sehr von Gottes Geist erfüllt, dass sein Gesicht leuchtete. Diese Herrlichkeit war für das Volk Israel zu hell, was die mangelnde Bereitschaft des Volkes symbolisiert, eine tiefere Offenbarung von Gottes Charakter anzunehmen. Anstatt ihre Wahrnehmung zu ändern, baten sie Mose, sein Gesicht zu verhüllen. Anstatt ihr Denken für Gottes wahre Sanftmut und Barmherzigkeit zu öffnen, verriegelten sie die Tür ihres Verstandes, um nicht den Kontrast zu sich selbst aufdecken zu müssen.

Und die Herrlichkeit des HERRN war vor den Augen der Kinder Israels wie ein verzehrendes Feuer … (2.Mose 24,17 Schlachter)

Mit dieser Decke über ihrem Gesicht erschien den Israeliten die Herrlichkeit Gottes wie ein verzehrendes Feuer. In ihrer Vorstellung war Gott ein Zerstörer. Das war eine wahnhafte Projektion von sich selbst auf die Gottheit, denn sie selbst waren die Zerstörer, die Gott ständig misstrauten und schließlich in der Wüste starben.

Paulus spricht davon, dass Christus ihm diese Decke weggenommen hat, im Gegensatz zu denjenigen, die das Alte Testament weiterhin mit einer Decke lesen - das heißt, sie lesen es nicht durch die Offenbarung des Lebens von Christus.

Aber ihre Gedanken wurden verstockt; denn bis zum heutigen Tag bleibt beim Lesen des Alten Testamentes diese Decke unaufgedeckt, die in Christus weggetan wird. (2.Korinther 3,14 Schlachter)

Gott hatte Mose ein besseres Bild von sich selbst offenbart, aber in das Gesicht von Mose zu schauen war nicht dasselbe wie in das Gesicht von Christus zu schauen.

Und wir brauchen auch nicht unser Gesicht mit einem Tuch (einer Decke) zu verhüllen, wie Mose es getan hat, damit die Israeliten nicht sahen, wie der Glanz Gottes auf seinem Gesicht wieder erlosch. (2.Korinther 3,13 HFA)

Das Bild Gottes auf dem Gesicht von Mose erlosch. Das war ein Symbol für die Weigerung Israels, das Licht in ihren verfinsterten Verstand eindringen zu lassen. Es war aber auch ein Symbol für das unvollkommene Abbild, das Mose vom Charakter Gottes vermittelte. Damit wollen wir Mose nicht verurteilen, denn er war der sanftmütigste Mensch, der bis zur Zeit Christi auf Erden lebte (4.Mose 12,3). Aber da kein Mensch Gott zu irgendeiner Zeit gesehen hat, noch Gott kannte wie Er wirklich war, konnte auch kein Mensch Gottes Charakter vollständig offenbaren. Nur der Sohn Gottes kannte den Vater, wie Er wirklich ist. Nicht einmal die Engel kannten die ganze Wahrheit über den Charakter Gottes, bis Jesus Ihn auf dieser Erde offenbarte.

…und durch Ihn alles mit sich selbst zu versöhnen, indem Er Frieden machte durch das Blut Seines Kreuzes — durch Ihn, sowohl was auf Erden als auch was im Himmel ist. (Kolosser 1,20 Schlachter)

Ein großer Teil der Engel folgte Satan in seiner Rebellion gegen Gott, weil sie davon überzeugt waren, dass Gott eigennützig und diktatorisch sei und Sein Herrschaftssystem unklug und ungerecht. War das die Wahrheit über Gottes Charakter und Sein Handeln? Es gab viele unbeantwortete Fragen, die für die im Himmel verbliebenen Engel nicht geklärt werden konnten, bis Christus auf diese Erde kam, den Charakter des Vaters offenbarte (der so ganz anders war als der der Menschen) und am Kreuz sterbend noch denen vergab, die Ihn töteten.

Mose brachte die Gebote Gottes vom Berg Sinai herab. Diese Gebote waren eine niedergeschriebene Beschreibung von Gottes Charakter. Die Herrlichkeit auf dem Gesicht des Mose zeigte, dass er das Geschriebene teilweise verstand. Aber im Gesicht Jesu war das Gesetz Seines Vaters voll und ganz zu erkennen, geschrieben nicht mit Feder oder Tinte, sondern in Seinem Herzen.

Der Psalmist prophezeite über Christus:

Ich will gerne Deinen Willen tun, mein Gott, Dein Gesetz ist mir ins Herz geschrieben. (Psalm 40,8 HFA)

Mose gab uns die schriftliche Beschreibung von Gottes Charakter im Gesetz, und Jesus offenbarte dieses Gesetz, das in Sein Herz geschrieben war. Christus lebte den Geist des Gesetzes und manifestierte den vollständigen Willen und Charakter Seines Vaters.

Denn das Gesetz wurde durch Mose gegeben; Gnade und Wahrheit wurden durch Jesus Christus verwirklicht. (Johannes 1,17 übersetzt gemäß der englischen NASB)

Denn das Gesetz wurde durch Mose gegeben; die Gnade und die Wahrheit ist durch Jesus Christus geworden. Niemand hat Gott je gesehen; der eingeborene Sohn, der im Schoß des Vaters ist, der hat Aufschluss [über Ihn] gegeben. (Johannes 1,17.18 Schlachter)

Es ist sehr wichtig zu erkennen, dass das Werk Jesu nicht im Gegensatz zu dem stand, was Mose durch das Gesetz gegeben hat, sondern vielmehr eine Erfüllung dieses Gesetzes in lebendigem Fleisch war.

Denkt nicht, Ich sei gekommen, um das Gesetz und die Weisungen der Propheten außer Kraft zu setzen. Ich bin nicht gekommen, um sie außer Kraft zu setzen, sondern um sie zu erfüllen und ihnen volle Geltung zu verschaffen. (Matthäus 5,17 GN)

Es besteht offensichtlich ein Unterschied zwischen dem einfachen Niederschreiben über den Charakter Gottes und dessen Widerspiegelung im eigenen Leben. Paulus greift dieses Prinzip auf, wenn er davon spricht, dass die Korinther ein lebendiger Brief sind, der das Wirken von Paulus an ihnen offenbart.

Fangen wir jetzt wieder an, mit unserer Arbeit anzugeben? Manche Leute müssen Empfehlungsschreiben mitbringen oder euch bitten, ihnen Empfehlungsbriefe zu schreiben. Der einzige Empfehlungsbrief, den wir brauchen, seid ihr selbst! Euer Leben ist wie ein Brief, der in unsere Herzen geschrieben wurde. Jeder kann ihn lesen und erkennen, was wir unter euch getan haben. Ihr seid ein Brief Christi, von uns geschrieben, aber nicht mit Tinte, sondern mit dem Geist des lebendigen Gottes: nicht auf Steintafeln, sondern in die Herzen der Menschen. (2.Korinther 3,1-3 NLB)

Das Gesetz, das Mose am Berg Sinai von Gott empfing, war nicht das Problem, sondern vielmehr die Art und Weise, wie das Gesetz ausgeübt und verstanden wurde. Obwohl das Gesetz, das Mose von Gott empfing, ein Gesetz des Lebens war, wurde es ohne eine vollkommene Kenntnis dieses Gesetzes im Herzen von Mose oder den anderen Führern oft als ein Gesetz des Todes ausgelegt und vom Volk immer als solches verstanden.

Wenn aber der Dienst des Todes durch in Stein gegrabene Buchstaben von solcher Herrlichkeit war, dass die Kinder Israels nicht in das Angesicht Moses schauen konnten wegen der Herrlichkeit seines Antlitzes, die doch vergänglich war, wie sollte dann nicht der Dienst des Geistes von weit größerer Herrlichkeit sein? (2.Korinther 3,7.8 Schlachter)

An dem, was auf den Steintafeln stand, war nichts auszusetzen. Es war ein vollkommenes Zeugnis von Gottes Charakter. Der Fehler lag in den Versprechungen des Volkes, das Geschriebene in ihrer eigenen unvollkommenen Weisheit befolgen zu wollen (Hebräer 8,6), und das hatte Auswirkungen darauf, wie das Gesetz gehandhabt wurde und wie man darauf reagierte. Doch Gott überraschte das nicht. Er benutzte das Gesetz, um den zerrütteten Zustand des Menschen zu offenbaren. Paulus sagt, dass dieses Werk (Dienst) dennoch herrlich war.

Denn wenn der Dienst der Verdammnis Herrlichkeit hatte, wie viel mehr wird der Dienst der Gerechtigkeit von Herrlichkeit überfließen! (2.Korinther 3,9 Schlachter)

Das Gesetz ist hereingekommen, um die Sünde des Volkes noch deutlicher werden zu lassen. Dann konnte Gott ihnen noch überfließendere Gnade anbieten. Das galt zur Zeit Moses genauso wie heute.

Worauf es uns hier ankommt ist, dass der Gegensatz, den Paulus zwischen den in Stein gegrabenen Buchstaben des Gesetzes und der Person Christi zieht, nicht bedeuten soll, dass das Gesetz schlecht und Christus gut ist, sondern dass Christus das Werk vollendet hat, das Mose mit der Gesetzgebung begonnen hatte. Der Apostel Johannes hat es so erklärt:

Ihr Lieben, was ich euch schreibe, ist kein neues Gebot, sondern das alte, das ihr von Anfang an kennt. Es ist die Botschaft, die ihr gehört habt. Und doch ist es ein stets neues Gebot – so wie Christus es verkündet und selbst erfüllt hat und wie Er es euch gegeben und euch zu seiner Erfüllung befähigt hat. Denn die Dunkelheit weicht zurück und das wahre Licht leuchtet schon. (1.Johannes 2,7.8 GN)

Die Herrlichkeit auf dem Gesicht von Mose war ein teilweises Verstehen des ihm gegebenen Zeugnisses. Die Herrlichkeit in dem Gesicht von Jesus ist das vollständige Bild davon, wenn die Herrlichkeit Gottes in das Herz des Menschen geschrieben ist.

Die Zusammenfassung unserer Gedanken hier ist, dass die Decke, die nicht nur die Herzen Israels, sondern die der ganzen Welt bedeckte, durch den Charakter, den Jesus auf Erden offenbarte, entfernt wurde. Durch Ihn wurde „die Decke weggenommen“.

Wenn wir die Geschichten des Alten Testaments lesen, wird die Decke erst dann gelüftet, wenn wir sie durch die Brille des Lebens Christi lesen. Die Herrlichkeit Gottes wird dann nicht mehr als ein verzehrendes Feuer wahrgenommen, sondern als ein liebevoller Vater. Wir erkennen in Jesu Leiden den Schmerz, den Gott empfindet, weil die Menschheit Ihn ständig ablehnt, während Er versucht sie zu erreichen und durch die Decke durchzudringen, insbesondere durch Sein geliebtes Israel - sowohl des damaligen als auch der heutigen christlichen Gemeinde.

Diese einfache Wahrheit verändert das Verständnis der Aussage Christi „Eli Eli lama sabachthani?“ (Matthäus 27,46). Wenn wir es ablehnen, dass die Offenbarung Jesu auf Erden eine vollständige Offenbarung von Gottes Charakter ist, dann sehen wir nur, dass Jesus fürchtet, Sein Vater würde Ihn wegen der Sünde verlassen. Wir können dann nicht den verzweifelten Schrei eines Vaterherzens zu den Führern Israels erkennen.

Aufbauend auf der Wahrheit, dass „wenn ihr Mich [Jesus] gesehen habt, habt ihr den Vater gesehen“, besteht unsere Aufgabe darin, die Wahrheit über den Charakter Gottes im Alten Testament nur dann zu verstehen, wenn sie im Einklang mit dem Charakter von Christus im Neuen Testament steht. Nur so kann die Decke beim Lesen des Alten Testaments weggezogen werden.

Als ich zum ersten Mal über dieses Prinzip nachdachte, war ich sofort beunruhigt angesichts der vielen offensichtlichen Aussagen über Gottes Handeln im Alten Testament, in denen Menschen gewaltsam getötet werden. Da jedoch nichts davon im Leben Jesu offenbart wird, stellte sich mir nun die Frage, wie ich das Alte Testament in konsistenter Weise lesen sollte, ohne irgendetwas davon zu verwerfen oder seine Bedeutung so zu verdrehen, dass sie einer imaginären Vorstellung entspricht.

Andererseits gab es einen ebenso beunruhigenden Gedanken in Bezug auf das Wirken Jesu als Botschafter Gottes. Wenn ich nicht aufzeigen könnte, dass Gott genauso ist wie Jesus im Neuen Testament, dann müssten wir zu dem Schluss kommen, dass Jesus nicht die Wahrheit sagte, als Er mit Philippus sprach. Wie konnte Er Philippus gegenüber behaupten: „Wenn du Mich gesehen hast, hast du den Vater gesehen“, wenn Philippus nie gesehen hat, dass Christus einen Menschen getötet hat? Wenn Gott jedoch tatsächlich Menschen getötet hat, dann ist die Behauptung von Christus eindeutig falsch.

Ein weiteres Problem, das es zu bedenken galt, war die Bedeutung der Worte Paulus' in 2.Korinther 3,18. Das, was wir im Spiegel des Angesichts Jesu erblicken, wird das sein, in was der Geist Gottes uns verwandelt.

Wir alle sehen in Christus mit unverhülltem Gesicht die Herrlichkeit Gottes wie in einem Spiegel. Dabei werden wir selbst in das Spiegelbild verwandelt und bekommen mehr und mehr Anteil an der göttlichen Herrlichkeit. Das bewirkt der Herr durch Seinen Geist. (2.Korinther 3,18 GN)

Wenn ich Gott anschaue als einen, der diejenigen gewaltsam umbringt, die Seine Gesetze übertreten, ist es dann möglich, dass ich in dasselbe Bild verwandelt werde? Wie wäre es mir dann möglich, die Gebote zu halten? Wenn die Gebote lehren, dass ich nicht töten soll, ich aber in Gedanken einen Gott anschaue, der tötet, wie kann ich dann vermeiden, das zu werden, was ich anschaue? Das wäre so, als würde ich versuchen abzunehmen, indem ich dreimal täglich nur Schokoladenkuchen esse!

Plötzlich schien der Weg vor mir extrem schmal. War das überhaupt möglich? Sofort ging ich im Gebet zu meinem Vater und bat Ihn, mir zu helfen. Ich wusste: Mit meinem jetzigen Verständnis schien die Aufgabe unmöglich. Ich fühlte mich ähnlich wie die Kinder Israel am Roten Meer. Hinter und neben mir stand der Gedanke an Gottes vernichtende Gerechtigkeit, die ertränkt, lebendig verbrennt, steinigt oder mit dem Schwert tötet. Und vor mir schien ein unüberwindbarer Ozean voller komplizierter Zusammenhänge zu liegen, wenn ich beweisen wollte, dass Jesus genau das meinte, was Er zu Philippus sagte.

Herr Jesus, wenn ich in Dein kostbares Angesicht schaue, kann ich dann sicher sein, dass ich in das Gesicht Deines Vaters schaue? Liegt eine Decke über meinem Geist, so wie beim alten Israel? Wenn ich mich in das Alte Testament hineinwage, scheint Dein Vater Millionen von Menschen in einem Augenblick mit der Flut hinwegzufegen. Ich erschaudere bei dem Gedanken an die vielen tausend Menschen, die in Sodom und Gomorra in einem Feuersturm verbrannt sind. Waren ihre Todesschreie das Resultat einer Feuersbrunst, die aus Deinem Inneren hervorbrach? Ist es auch nur im Entferntesten möglich, dass Du die gleichen Charakterzüge besitzt wie ein feuerspeiender Drache? Du bist doch sicher nicht so? Aber die Bibel sagt, dass Feuer vom Himmel herabkam „vom Herrn“! Aber Jesus hat so etwas auf der Erde nie getan! Herr, rette mich, sonst werde ich umkommen!

Ich wurde erinnert an die beiden Texte, die wir bereits erwähnt haben:

Wer meint, etwas ›erkannt‹ zu haben, hat noch lange nicht erkannt, worauf es bei der Erkenntnis ankommt. (1.Korinther 8,2 GN)

Er sagt: Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und Meine Wege sind nicht eure Wege. Denn wie der Himmel die Erde überragt, so sind auch Meine Wege viel höher als eure Wege und Meine Gedanken als eure Gedanken. (Jesaja 55,8 HFA)

Herr Jesus, bitte nimm meine Hand und führe mich. Ich bin wie ein kleines Kind, das versucht, die Wahrheit über Deinen Vater zu verstehen. In den vielen Jahren, in denen ich mit Dir gewandelt bin, habe ich gelernt, Dir zu vertrauen - ich weiß, dass Du mein Gebet erhören wirst. Bitte sage mir, wie Dein Vater wirklich ist. Er muss wie Du sein, denn Du bist Sein Sohn! Ich entscheide mich zu glauben, dass Du die vollständige Offenbarung Gottes bist und dass das, was Du auf der Erde offenbart hast, genau das ist, wie Dein Vater ist. Wer etwas anderes glaubt, lehnt Deine Worte ab, und die Bibel sagt, dass wir den Vater nur haben können, wenn wir den Sohn Gottes haben.

Von diesem Punkt an nehmen wir den Standpunkt ein, dass der göttliche Spiegel, der uns den Charakter Gottes zeigt, die Person Jesu Christi ist, wie sie auf Erden offenbart wurde. Wir werden dieses Licht von Christus benutzen, um zurück in das Alte Testament zu gehen und nach dem unverhüllten Angesicht des Charakters des Vaters zu suchen. Doch zunächst müssen wir einen anderen Spiegel untersuchen, den die Bibel erwähnt.

 

Kapitel 8 - Dein natürliches Gesicht betrachten

In den frühen 1990ern führten zwei italienische Wissenschaftler einige Experimente mit Affen durch, bei denen es darum ging, wie sie durch Beobachtung lernen. Daraus entwickelte sich ein völlig neuer Forschungszweig: die Spiegelneuronen. Bis zu 20 % der Neuronen im Gehirn agieren, indem sie das Verhalten der Menschen um sie herum kopieren bzw. spiegeln.

Ein Spiegelneuron ist eine Nervenzelle, die beim „Betrachten“ eines Vorgangs das gleiche Aktivitätsmuster zeigt wie bei dessen „eigener“ Ausführung. Das Neuron „spiegelt“ also das Verhalten des anderen so, als ob der Betrachter selbst handeln würde. Solche Nervenzellen wurden bei Menschen und Primaten sowie bei Vögeln direkt beobachtet.

Spiegelneuronen sind ein zentraler Bestandteil der menschlichen Zivilisation, denn durch sie ist der Mensch in der Lage, sich in andere hineinzufühlen und sich schnell in eine Gesellschaft zu integrieren. Wenn wir jemanden beobachten, der ein Trauma durchlebt, können wir deshalb oft nachempfinden, was er fühlt, weil unsere Spiegelneuronen uns das Gefühl geben, dass wir dieselbe Situation durchmachen.

Das wirft viele Fragen über die Auswirkungen von Filmen oder interaktiven Computerspielen auf. Durch die Spiegelneuronen haben wir das Gefühl, die gleichen Erfahrungen durchgemacht zu haben wie der Schauspieler, zu dem wir uns besonders hingezogen fühlen.

Wenn eine Person anfängt, die Handlungen einer anderen Person unbewusst zu spiegeln, kann dies ein Zeichen dafür sein, dass sie an dieser Person interessiert ist, oder dass sie ihr vertraut. Spiegelneuronen helfen uns auch dabei, eine Wahrnehmung für das Verhalten anderer Menschen zu entwickeln und ihr Verhalten zu interpretieren.

Ist es möglich, dass die Worte von Paulus über den Spiegel in 2. Korinther 3,18 eine viel größere Bedeutung haben, als wir bisher dachten? Die Tatsache, dass wir in das Bild Christi verwandelt werden, wenn wir Ihn mit Hilfe des Geistes anschauen, legt nahe, dass Spiegelneuronen aktiviert werden. Nur durch den Geist ist es uns möglich Christus anzuschauen, aber wenn wir das kontinuierlich tun, werden wir so verändert, dass wir Ihm gleich sind.

Vor dem Sündenfall spiegelte die menschliche Natur die Handlungen und das Verhalten Gottes, Seines Sohnes (2.Korinther 3,18), und auch das der treuen himmlischen Engel wider. Als Adam und Eva sündigten, übertrugen sie ihre Zugehörigkeit Satan und seinen Engeln. Ihre Spiegelneuronen begannen, die Eigenschaften Satans widerzuspiegeln, und sie fingen an, die Handlungen der himmlischen Wesen auf dieselbe Weise zu interpretieren wie Satan und seine Engel es taten (Johannes 8,44).

Wir kennen diesen Prozess von Personen, die sich einer Sekte anschließen. Die Person verändert ihre Persönlichkeit und beginnt, sich so zu kleiden, zu essen und zu leben wie die isolierte Gemeinschaft um sie herum und nicht mehr wie die allgemeine Gesellschaft.

Ein anderer Bereich, in dem Spiegelneuronen am Werk sind, ist der Gruppenzwang. Um akzeptiert zu werden, müssen neue Schüler Verhaltensweisen des „Stammes“ übernehmen, um aufgenommen und akzeptiert zu werden.

Mit diesen Gedanken im Hinterkopf können wir zu den Worten unseres Vaters im Himmel zurückkommen und ihre Bedeutung auf einer tieferen Ebene begreifen.

Er sagt: Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und Meine Wege sind nicht eure Wege. Denn wie der Himmel die Erde überragt, so sind auch Meine Wege viel höher als eure Wege und Meine Gedanken als eure Gedanken. (Jesaja 55,8 HFA)

Nach mehreren Generationen der Menschheitsgeschichte entfernten sich die Spiegelprinzipien, nach denen wir handelten, immer weiter von den Prinzipien des Himmels. Jede Generation baute auf der Verdorbenheit der vorangegangenen Generation auf und führte die menschliche Rasse immer tiefer in die Entwürdigung. Nachdem die Menschheit erst einmal auf diesen neuen verdorbenen Kurs geraten war, wurde es äußerst schwierig, sie wieder zu den himmlischen Prinzipien zurückzuführen - obwohl Gott es im Laufe der Geschichte immer wieder versucht hat: durch die Linie von Sem, durch Henoch, durch Propheten und durch Seine Gemeinde. Aber wegen der beständigen Weigerung, Gottes Wege statt den eigenen zu folgen, wurden die Herzen der Menschen im Laufe der Jahrhunderte verhärtet, und wir wurden Gefangene unserer eigenen Denkweise.

Aus diesem Grund wurden das Leben und die Lehren Jesu von Seinem Umfeld so sehr missverstanden und fehlinterpretiert. Lass mich das mit einer Geschichte aus der Bibel veranschaulichen:

Eine kanaanitische Frau, die dort wohnte, kam zu Ihm und rief: »Herr, du Sohn Davids, hab Erbarmen mit mir! Meine Tochter wird von einem bösen Geist sehr geplagt.« Aber Jesus gab ihr keine Antwort. Schließlich drängten Ihn die Jünger: »Sieh zu, dass Du sie loswirst; sie schreit ja hinter uns her!« (Matthäus 15,22.23 GN)

Die Jünger interpretierten das Verhalten Jesu gegenüber dieser Frau so, wie sie eine solche Person gewöhnlich behandelten. Jesu Schweigen aktivierte die Spiegelneuronen der Jünger und veranlasste sie, Seine Handlungen so zu interpretieren, als würde Er die Frau auf dieselbe Weise ablehnen wie sie es taten. Sie erwarteten Sein Verhalten entsprechend ihrem eigenen.

Sein Schweigen schuf die perfekte Atmosphäre, damit sich die rassistische Intoleranz der Jünger offenbaren konnte. Es wirkte wie ein Spiegel, in dem sie anfangen konnten, sich selbst in ihrem wahren Licht zu sehen.

Hätte Jesus die Jünger zu diesem Zeitpunkt zur Rede gestellt, wäre der Kontrast zwischen Seinem und ihrem Verhalten nicht so leicht zu erkennen gewesen. Ihre sündige Handlungsweise musste stärker zum Vorschein gebracht werden; darum wählte Jesus einen Weg, der den Jüngern die Gelegenheit gibt, ihre Vorurteile noch offener zu zeigen.

Er aber antwortete und sprach: Ich bin nur gesandt zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel. (Matthäus15,24 Schlachter)

Jesus kannte das Denken der Jünger und wusste, wie sie Seine Worte interpretieren würden, aber Er unternimmt an dieser Stelle nichts, um die Entfaltung ihrer natürlichen Charaktereigenschaften zu bremsen. Als Jesus „Israel“ sagte, verstanden Seine Jünger Ihn so, dass Er die beschnittenen Juden meinte. Die Frau, die um Hilfe bat, war keine Jüdin, und deshalb interpretierten sie Seine Worte so, als würde Er ihre Ansicht bestätigen, dass sie weggeschickt werden sollte, weil sie als „nutzlose Heidin“ ihrer Beachtung nicht würdig sei.

Allerdings hatten die Jünger zuvor miterlebt, wie Jesus mit den Samaritern umging, als Er der Frau am Brunnen begegnet war und sie noch andere Samariter mitbrachte, die Ihn hören wollten. Nachdem sie Ihm zugehört hatten, sagten die Samariter:

… »Jetzt glauben wir nicht länger wegen deiner Erzählung, sondern weil wir Ihn selbst gehört haben. Wir wissen jetzt, dass Er wirklich der Retter der Welt ist.« (Johannes 4,42 GN)

Nachdem die Samariter Jesus zugehört hatten kamen sie zu dem Schluss, dass Er der Retter der Welt war, nicht nur der Juden. Jesus sagte zu Nikodemus:

Denn Gott hat Seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, damit Er die Welt richte, sondern damit die Welt durch Ihn gerettet werde. (Johannes 3,17 Schlachter)

Die Jünger hätten an Jesu Umgang mit Ausländern erkennen können, welches weite Feld Er erreichen wollte. Doch als sie diese heidnische Frau sahen, die für ihre Tochter flehte, gewannen die in der Kindheit erlernten Einstellungen die Oberhand. Ihre Spiegelneuronen waren immer noch im Einklang mit Satans Haltung gegenüber anderen. Satan liebt es, sich für besser und privilegierter als andere zu halten; er schaut auf diejenigen herab, die er für unter seiner Würde hält.

Doch diese Frau gehörte zu Israel - zum geistlichen Israel. Paulus sagt in Römer 2,29, dass nicht der ein Jude ist, der es im Fleisch ist, sondern im Geist, und diese Frau reagierte auf den Geist Gottes. Im himmlischen Königreich bedeuteten die Worte Jesu etwas anderes als sie den Jüngern bedeuteten.

Um ihnen zu helfen musste Jesus zulassen, dass sie den großen Gegensatz zwischen Ihm und sich selbst erkennen, ohne sie forsch damit zu konfrontieren.

Die Frau aber kam noch näher, warf sich vor Ihm nieder und bettelte: »Herr, hilf mir!«

Jesus antwortete wieder: »Es ist nicht richtig, den Kindern das Brot wegzunehmen und es den Hunden hinzuwerfen.«

»Ja, Herr«, erwiderte die Frau, »und doch bekommen die Hunde die Krümel, die vom Tisch ihrer Herren herunterfallen.« (Matthäus 15,25-27 HFA)

Jesus wusste, dass die Jünger diese Frau als einen Hund ansahen. Diese Frau hielt sich ihrem Bekenntnis nach sogar selbst für einen Hund. Vielleicht war sie es gewohnt, von den Juden so behandelt zu werden und möglicherweise auch von ihrem eigenen Volk. Aber gibt es irgendeinen Menschen auf dieser Erde, den Gott eher als Tier denn als Mensch ansieht?

Jesus führt ihnen all ihr eigenes Denken vor Augen; Er hält ihnen einen Spiegel vor, in dem sie sich selbst sehen können. Ihre heimlichen Gedanken werden in Seinen Worten offenbart. Aber beachte genau, dass Er sie nicht als Hund bezeichnet hatte. Er sagt nur, dass es nicht richtig ist, das Brot der Kinder zu nehmen und es den Hunden zu geben. Die Frau hätte antworten können: „Ich bin dein Kind und bitte um Brot aus Deiner Hand”, und Jesus hätte ihr geholfen.

Obwohl die Frau glaubte, dass Jesus sie einen Hund nannte, blieb ihr Glaube an Ihn ungebrochen. Die Jünger waren sich nun sicher, dass Jesus sie gleich wegschicken und damit ihre Interpretation Seiner Worte erfüllen würde, nämlich dass sie es nicht wert sei, dass ihr geholfen werde. Doch dann waren sie schockiert, als Er genau das Gegenteil tat:

Da antwortete Jesus und sprach zu ihr: O Frau, dein Glaube ist groß; dir geschehe, wie du willst! Und ihre Tochter war geheilt von jener Stunde an. (Matthäus 15,28 Schlachter)

Diese Handlung konfrontiert den von den Jüngern vorgestellten Ausgang dieser Geschichte direkt, aber behutsam. Die Heilung dieses Mädchens zerbrach ihr Bild von Jesus. Dies ist der Ablauf, wie Christus die Menschen durch das Spiegelprinzip lehrt:

  1. Er spiegelt ihnen ihre eigenen Gedanken zurück.
  2. Gleichzeitig versucht Er, ihnen durch ihre vorgefassten fehlerhaften Meinungen etwas zu lehren.
  3. Wenn sie Seine wahre Botschaft nicht verstehen, dann offenbart sich ihr Charakter - durch dieses Missverstehen - noch deutlicher.
  4. Christus sagt oder tut etwas, das ihrer Weltanschauung widerspricht.
  5. Sie müssen eine Entscheidung treffen: Ein neues Verständnis annehmen oder in ihrer Sünde bleiben.
  6. Denen, die die Wahrheit annehmen, gibt Er Seinen Geist, der ihnen hilft, ihre Denkweise zu ändern.

Nun mussten die Jünger eine Entscheidung treffen. Entweder erkennen sie ihre rassistische Intoleranz an, oder sie beginnen daran zu zweifeln, dass Jesus der lang ersehnte Messias ist. Diese Geschichte verdeutlicht den Prozess, wie das Evangelium funktioniert.

Das Gesetz aber ist daneben hereingekommen, damit das Maß der Übertretung voll würde. Wo aber das Maß der Sünde voll geworden ist, da ist die Gnade überströmend geworden. (Römer 5,20 Schlachter)

Jesu Worte waren eine lebendige Darstellung von Gottes Gesetz. Doch die Spiegelneuronen der Jünger legten Seine Worte gemäß ihrem falschen Verständnis aus. Als Jesus die Tochter der Frau heilte, brachte Er ihre Sünde zum Vorschein, bzw. wurde „das Maß ihrer Sünde voll“. Sie wurden in ihrem Herzen überführt, und der Geist Gottes bot ihnen die Gnade, sich zu ändern. Die Bibel berichtet uns jedoch nicht, dass sie sich zu diesem Zeitpunkt veränderten. Es wurde zu einem Samen, der in ihnen wachsen und sich später manifestieren sollte. Wie das Buch Jakobus es ausdrückt, sahen sie sich selbst in diesem Spiegel, aber sie vergaßen sofort, was für ein Mensch sie waren, um sich den Auswirkungen dieser Erkenntnis zu entziehen.

Wenn wir diese Geschichte in der Bibel lesen, durchlaufen wir dieselbe Erfahrung aufgrund unserer Spiegelneuronen. Wir stellen uns selbst in der Geschichte vor und durchlaufen denselben Prozess. Wenn in unserem Herzen eine rassistische Intoleranz schlummert, werden wir Jesu Worte genauso verstehen wie die Jünger. Wenn wir zu der Stelle kommen, an der Jesus die Tochter der Frau heilt, werden auch wir an einen Punkt gebracht, an dem wir uns entscheiden müssen. Wir stehen vor denselben Optionen wie die Jünger. Entweder fühlen wir eine innere Überzeugung und bitten Gott, uns zu verändern, oder wir vergessen die Geschichte und verdrängen in einem Abwehrmechanismus unsere Charakterschwäche.

Denn wer nur Hörer des Wortes ist und nicht Täter, der gleicht einem Mann, der sein natürliches Angesicht im Spiegel anschaut; er betrachtet sich und läuft davon und hat bald vergessen, wie er gestaltet war. Wer aber hineinschaut in das vollkommene Gesetz der Freiheit und darin bleibt, dieser [Mensch], der kein vergesslicher Hörer, sondern ein wirklicher Täter ist, er wird glückselig sein in seinem Tun. (Jakobus 1,23-25 Schlachter)

Wenn wir die Geschichten des Alten Testaments lesen, interpretieren unsere Spiegelneuronen die Geschichten entsprechend der Kultur, in der wir aufgewachsen sind. Wenn wir vom Zorn Gottes lesen, interpretieren wir diese Worte meistens gemäß unserem eigenen Zorn. Wenn wir lesen, wie böse Menschen vernichtet werden, interpretieren wir diese Vernichtung als ein Strafgericht Gottes, so wie wir es in derselben Situation vollstrecken würden, entsprechend der Kultur und Geschichte, in der wir leben.

Gegen den Gütigen erzeigst Du Dich gütig, gegen den Rechtschaffenen rechtschaffen, gegen den Reinen erzeigst Du Dich rein, aber dem Hinterlistigen trittst Du entgegen! (engl.: „aber den Bösen zeigst Du Dich feindlich“) (Psalm 18,26.27 Schlachter)

Wie wir Gott sehen, hängt sehr stark von uns selbst ab. Ein gläubiger Mensch sieht Gottes Treue, ein reiner Mensch sieht Gottes Reinheit, aber ein böser Mensch sieht Gott als hart, gewalttätig und zerstörerisch an.

Ein anderer Grund, warum wir Gott so sehen, ist, dass wir nicht wahrhaben wollen, wie böse wir selbst sind im Gegensatz zu Seiner Heiligkeit. Wenn wir die Darstellung Gottes in der Bibel so verstehen, dass Er so ist wie wir, dann müssen wir uns nicht so sehr verändern und wir können uns einigermaßen zufrieden auf unserem Weg fühlen.

Aber wie die Jünger, die Jesus dabei beobachteten, wie Er die Bitte der ausländischen Frau erfüllte, werden uns beim Lesen der Bibel Momente gezeigt, in denen unser Vater uns sanft auffordert, einen anderen Weg als den uns bekannten einzuschlagen. Aber wenn du erst einmal anfängst, die Bibel auf diese Weise zu lesen, musst du viele Dinge aufgeben, an die du einmal geglaubt hast. Die meisten Christen werden das nicht tun, weil es zu demütigend ist, alles neu zu lernen, was man ihnen beigebracht hat.

Deshalb lesen so viele Menschen die Geschichten des Alten Testaments, um zu beweisen, dass Gott Sünder verurteilt und tötet. Das erlaubt ihnen, andere weiterhin zu verurteilen und deren Vernichtung zu wünschen. Wenn sie auf den Gedanken kämen, dass Gott nicht so ist, wäre das ein solcher Schock für sie und ein solcher Sinneswandel in ihrem Gottesverständnis, dass es wie ein Erdbeben wäre.

In welchen Spiegel wirst du also schauen, um den Charakter Gottes zu verstehen? Wirst du das Alte Testament direkt lesen, ohne das Leben Jesu als Vermittler und in das Spiegelbild deines eigenen Angesichtes blicken, wenn du über Gott liest? Wirst du dir weiterhin vorstellen, dass Er so ist wie du?

Du sitzt da und redest gegen deinen Bruder; den Sohn deiner Mutter verleumdest du. Das hast du getan, und Ich habe geschwiegen; da meintest du, Ich sei gleich wie du. Aber Ich will dich zurechtweisen und es dir vor Augen stellen! (Psalm 50,20-21 Schlachter)

Auch wenn wir Gott völlig missverstanden haben, wird Er uns glücklicherweise so zurechtweisen, wie Jesus es mit den Jüngern tat. Er hat sie nicht angeschrien, wie wir es tun würden. Er hat sie nicht bloßgestellt, wie wir es tun würden. Er zeigte es ihnen einfach ganz ruhig, indem Er der Frau sagte, dass Er ihre Tochter geheilt hatte. Das widerlegte ihre Gedanken vollständig. Er tat es ganz sanft. So handelt unser Erlöser:

Das Gesetz aber ist daneben hereingekommen, damit das Maß der Übertretung voll würde. Wo aber das Maß der Sünde voll geworden ist, da ist die Gnade überströmend geworden. (Römer 5,20 Schlachter)

Das griechische Wort für „hereinkommen“ in diesem Vers bedeutet „privat“ oder „heimlich“. Unser Erlöser versucht nicht, uns zu demütigen oder zu blamieren, sondern Er gibt uns Seinen Geist, um unser Gewissen zu überführen. Jede gewalttätige Geschichte in der Bibel gibt uns die Gelegenheit, von unserer eigenen gewalttätigen, bösen Natur überführt zu werden und auf Jesus als den einzigen Weg zum Vater zu schauen.

Wir werden nun damit anfangen, einige Geschichten aus dem Alten Testament im Licht des Evangeliumsspiegels anzuschauen. Wir werden erkennen, wie versucht wir sind, sie durch unser natürliches Spiegelneuronen-Verständnis zu betrachten, doch hoffentlich wirst du einen neuen und lebendigen Weg entdecken, das Angesicht unseres Vaters zu sehen.

Wenn du in diesem Prozess nicht sanft gedemütigt oder zurechtgewiesen werden möchtest, dann bist du vielleicht geneigt, hier aufzuhören. Ich bete, dass du es nicht tust. Ich bete, dass du an einem Punkt in deinem Leben angekommen bist, an dem du es leid bist, immer wieder in dieselben geheimen Sünden zu fallen, in dieselbe Frustration und den Ärger der Vergangenheit, und dass du dir endlich eine bessere Art zu leben wünschst. Wirst du dich uns anschließen?

 

Kapitel 9 - Die Flut

Der HERR sah, dass die Menschen voller Bosheit waren. Jede Stunde, jeden Tag ihres Lebens hatten sie nur eines im Sinn: Böses planen, Böses tun. Der HERR war tieftraurig darüber und wünschte, Er hätte die Menschen nie erschaffen.

»Ich werde die Menschen, die Ich gemacht habe, wieder vernichten!«, sagte Er. »Ja, nicht nur die Menschen – auch die Tiere auf der Erde, von den größten bis zu den kleinsten, und ebenso die Vögel am Himmel. Es wäre besser gewesen, Ich hätte sie erst gar nicht erschaffen.« (1.Mose 6,5-7 HFA)

Die Geschichte von Noah und der Sintflut ist eine der bekanntesten Geschichten in der Bibel. Sie beschreibt am deutlichsten, wie die Menschen Gott sehen und wahrnehmen, wie Er ist. Der amerikanische Komiker, Schriftsteller, Produzent, politische Kommentator, Schauspieler und Fernsehmoderator Bill Maher zum Beispiel kommentiert diese Geschichte so:

„Das wirklich Erschreckende an der Noahgeschichte ... ist, dass es unmoralisch ist. Es geht um einen geisteskranken Massenmörder, der damit davonkommt, und Sein Name ist Gott. Im ersten Buch Mose heißt es, dass Gott so zornig auf sich selbst war, weil Er es vermasselt hatte, als Er die Menschheit so mangelhaft schuf, dass Er die Flut schickte, um alle zu töten: Männer, Frauen, Kinder, Babys. Was für ein Tyrann bestraft alle, nur um sich an den paar zu rächen, auf die Er sauer ist? ... Hey Gott, du weißt, dass du so eine Art von … (Schimpfwort) bist, wenn du in einem Film mit Russell Crowe mitspielst und du derjenige bist, der ein Problem mit Zorn hat.

Wisst ihr, die Konservativen reden immer davon, dass die Amerikaner ihre Werte und ihre Moral verlieren ... Nun, vielleicht liegt es daran, dass ihr einen Typ anbetet, der Babies ertränkt! Und dann ist es Gottes genialer Plan, nachdem Er alle getötet hat, die Welt mit einer neuen Kultur derselben [Art von Menschen] zu bevölkern, die Ihn beim ersten Mal [verärgert] haben, mit vorhersehbaren Ergebnissen. Er tötet weitere Millionen.

Wenn wir ein Hund wären, der Gott gehört, würde die Polizei kommen und uns von dort wegholen. Warum beziehen wir unsere Moral aus diesem Buch? Warum befolgen die Menschen irgendetwas davon?

Offensichtlich ist Bill Mahers Abscheu vor der Moral in der Noah-Geschichte einer der Hauptgründe, warum er Gott und das Christentum ablehnt. Der Noah-Film von 2014, auf den sich Maher bezog, liefert einen Spiegel für einen breiten Bereich des menschlichen Denkens. Noah wird als düsterer, distanzierter Charakter dargestellt, der davon besessen ist, Gottes Willen zu erfüllen und die menschliche Rasse auszurotten. Noah ist so sehr davon überzeugt, dass Gott der Menschheit ein Ende machen will, dass er beinahe seine Enkeltöchter tötet, um das Überleben der menschlichen Rasse zu verhindern. Er weigert sich, irgendjemanden außer seiner eigenen Familie auf die Arche zu lassen. Seine Frau und seine Kinder sind abgestoßen von seiner starren, düsteren Besessenheit von Strafe und Gericht. Die beiden Hauptfiguren, Noah und Tubal-Kain, berichten beide zu verschiedenen Zeiten über das Schweigen Gottes und Seine offensichtliche Weigerung, mit ihnen zu sprechen.

Die TV-Miniserie „Die Arche Noah“ aus dem Jahr 1999 macht sich über Noah lustig und stellt ihn als völligen Narren dar. Noah ist besessen davon, seine Söhne und deren Frauen von sexuellen Beziehungen abzuhalten. Gott sagt Noah, Er sei sich nicht sicher, ob Er die menschliche Rasse vollständig ausrotten werde und schweigt dann für lange Zeit. Als Gott schließlich zu Noah zurückkehrt, teilt Er ihm mit, dass Er beschlossen hat, sie doch alle zu töten, woraufhin Noah einen lustigen Tanz aufführt, der Gott amüsiert und Ihn veranlasst, Seine Meinung zu ändern und die Menschen zu verschonen.

Beide Filme weichen stark von der biblischen Geschichte ab und fügen viele Elemente hinzu, die nur die menschliche Tendenz unterstreichen, das, was Gott sagt, so zu verdrehen, dass es Ihn verurteilt. Es offenbart die Realität, dass es niemanden gibt, der nach Gott fragt oder Ihn von Herzen begehrt.

Obwohl Bill Maher die Geschichte ebenfalls verdreht, wirft er dennoch einige sehr berechtigte Fragen auf. Wie kann man jemanden anbeten, der Babys ertränkt? Warum hören so viele Christen nicht den verständlichen Schrei der Menschen in dieser Frage nach den Babys? Die meisten Menschen sind der Meinung, dass die Strafe dem Verbrechen angemessen sein sollte. Ist das nicht unser Verständnis von Gerechtigkeit? Welches Verbrechen haben all diese Babys begangen, um zu Tode ertränkt zu werden? Ist das nicht eine legitime Frage?

Wie erklärt das Christentum der Welt diese Geschichte? Welche Samen hat es gesät, während es der Welt Gott darstellte? Hör zu, wie der Fürst der protestantischen Prediger, Spurgeon, über diese Geschichte spricht:

Wir sagen gemeinhin „Ausnahmen bestätigen die Regel“, und sicherlich hat die Regel, dass es keine Regel ohne Ausnahme gibt, eine Ausnahme in sich, denn bei Gottes Regeln gibt es keine Ausnahme. Die Regel, dass Gott die Gottlosen bestrafen wird, ist ohne Ausnahme; die Regel, dass alle, die nicht in Christus sind, verloren gehen werden, ist eine Regel ohne Ausnahme; und die Regel, dass alle, die in Christus sind, gerettet werden, ist ebenfalls ohne Ausnahme...

„Der ist ja so dumm wie der alte Noah!“ Derbe Späße waren alles, was Noah von ihnen zu hören bekam; sie verachteten, verspotteten und verhöhnten ihn aufs Äußerste, aber die Flut kam und raffte sie alle dahin, dann war Schluss mit ihren Späßen, ihrem Sarkasmus, ihrem Spott. Die Flut hat sie äußerst wirkungsvoll zum Schweigen gebracht. So wird es auch jedem von euch ergehen, der sich über das Evangelium Christi lustig gemacht hat. Ihr werdet am großen und schrecklichen Tag des Herrn feststellen, dass euer Gelächter keine Macht über den Tod haben und euch keinen Aufschub von den Qualen der Hölle verschaffen wird. An diesem schrecklichen Tag wird es keinen Platz für Untreue geben. Gott wird für euch nur allzu real sein, wenn Er euch in Stücke reißt und es niemanden gibt, der euch erlösen kann; und das Gericht wird nur allzu real sein, wenn die Donnerschläge die Toten aufwecken und die Bücher geöffnet und im Blitzlichtgewitter gelesen werden und das Urteil verkündet wird: „Geht hinweg, ihr Verfluchten! – (Noah’s Flood, Charles Spurgeon)

Für viele Christen bietet die Geschichte von Noah ein tröstliches „Ich hab's ja gesagt“ und „Du wirst schon sehen“ für all den Hohn und Spott, den sie wegen ihres Glaubens an Gott ertragen mussten. Ist es womöglich einfacher, „die Bösen“ an ihre Zukunft zu erinnern und daran, wie Gott sie „in Stücke reißen“ wird, als seinen Feinden wirklich zu vergeben?

Wenn es eine Geschichte in der Bibel gibt, die einen Vermittler braucht, dann ist es diese. Wenn unsere Gedanken nicht Gottes Gedanken sind und wir eine natürliche Feindschaft gegen Ihn hegen, sind wir dann sicher, wenn wir diese Geschichte ohne den Charakter Jesu als vermittelndes Werkzeug lesen? Die Art und Weise, wie wir diese Geschichte interpretieren, wird Einfluss darauf haben, wie wir die heutigen Naturkatastrophen um uns herum interpretieren, deshalb sollten wir äußerst vorsichtig sein.

Ich werde eine Flut über die Erde hereinbrechen lassen, in der alles Lebendige umkommen soll. Weder Mensch noch Tier wird mit dem Leben davonkommen. (1.Mose 6,17 GN)

Das Lesen dieses Bibelverses ohne den Schutz der Person Christi führt nur zu den vorhersehbaren Ergebnissen, die im Jakobusbrief zu lesen sind.

Denn wer [nur] Hörer des Wortes ist und nicht Täter, der gleicht einem Mann, der sein natürliches Angesicht im Spiegel anschaut; er betrachtet sich und läuft davon und hat bald vergessen, wie er gestaltet war. (Jakobus 1,23.24 Schlachter)

Wenn du diesen Bibelvers außerhalb des Charakters von Christus hörst, offenbart er dir das, was du über Gott denkst - du schaust in einen Spiegel. Sei es, dass du denkst, die Bösen hätten es verdient, oder Gott sei gemein, so etwas zu tun, oder die ganze Geschichte sei lächerlich... all das sind Variationen davon, wie wir denken.

Das erste Buch Mose ist Teil der von Mose verfassten Torah. Somit ist die Geschichte von der Sintflut ein Teil des Gesetzes. Das Gesetz außerhalb des Charakters von Christus zu lesen kann nur unser eigenes Denken offenbaren. Wie wir im vorigen Kapitel entdeckt haben, ist das genau das Werk, das das Gesetz zuerst mit uns beabsichtigt.

Das Gesetz aber ist daneben hereingekommen, damit das Maß der Übertretung voll würde. Wo aber das Maß der Sünde voll geworden ist, da ist die Gnade überströmend geworden, … (Römer 5,20 Schlachter)

Das Lesen der Sintflutgeschichte ist in der Tat ein Prozess, bei dem das Gesetz in unseren Verstand hereinkommt. Es lässt unsere Übertretungen voll werden oder offensichtlicher werden. Es entlarvt unsere Spiegelneuronen, die über viele Generationen unter Satans Leitung geführt und trainiert wurden. Es zeigt uns unsere Sündhaftigkeit dadurch, dass wir Gottes Charakter als einen Massenmörder wahrnehmen.

Im Fleisch, in unserem sündigen Denken, kann Gott nur wie wir sein, weil wir Gottes Gedanken nicht kennen. Wir können uns gar nicht vorstellen, dass Er anders ist als wir, nur dass Er mehr Macht besitzt.

Jesus Christus ist das Licht der Welt. Er ist das Licht Gottes. Nur in Ihm können wir anfangen, die Denkweise Gottes und damit Sein Wesen zu verstehen. Nur durch Christus können wir uns dem Gesetz nähern und ihm erlauben, das Werk zu tun, zu dem es vorgesehen war.

Lass uns in beide Spiegel nebeneinander schauen. Wir werden erst direkt auf das Gesetz ohne Christus schauen und dann auf Christus und Seine Darstellung des Vaters.

Unser natürliches Gesicht

Die Herrlichkeit des Herrn

Er sagte: »Ich will die Menschen wieder von der Erde ausrotten – und nicht nur die Menschen, sondern auch die Tiere auf der Erde, von den größten bis zu den kleinsten, und auch die Vögel in der Luft. Es wäre besser gewesen, wenn Ich sie gar nicht erst erschaffen hätte.« (1.Mose 6,7 GN)

Ich werde eine Flut über die Erde hereinbrechen lassen, in der alles Lebendige umkommen soll. Weder Mensch noch Tier wird mit dem Leben davonkommen. (1.Mose 6,17 GN)

Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde, segnet, die euch fluchen, tut wohl denen, die euch hassen, und bittet für die, welche euch beleidigen und verfolgen, damit ihr Söhne eures Vaters im Himmel seid. Denn Er lässt Seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt es regnen über Gerechte und Ungerechte. (Matthäus 5,44.45 Schlachter)

 

Wenn man den Ausdruck des Gesetzes direkt betrachtet, vernichtet Gott Seine Feinde. In Christus segnet Er sie. Im Gesetz, das nicht durch Christus vermittelt wird, beschützt Gott die Guten und vernichtet die Bösen gewaltsam. In Christus schenkt Gott Seine Gaben den Guten und den Bösen.

Wie lösen wir diesen scheinbaren Widerspruch auf? Liebt Gott Seine Feinde nun oder tötet Er sie? Ist Er wankelmütig und willkürlich und entscheidet sich manchmal dafür zu lieben und zu vergeben und ein anderes Mal dafür zu töten und zu vernichten? Ist Gott eine Zeit lang nett und entscheidet dann, dass Er die Nase voll hat und alle hinwegfegt? Oder ist Gott wie Jesus - immer?

Wenn wir das Wort Gottes nur hören und ihm nicht gehorchen, dann werden wir höchstwahrscheinlich bei den beiden Versen in der linken Spalte stehen bleiben und die Schlussfolgerung ziehen, dass Gott die Menschen gewaltsam vernichten wird, wenn Seine Geduld am Ende ist. Es ist nicht nötig, weiter zu forschen, weil das Licht des Charakters Christi nicht als Mittler dient, um diese Geschichte zu verstehen. Diejenigen aber, die glauben, dass Jesus die vollständige Offenbarung des Vaters ist, werden weiter suchen, um den Unterschied zwischen den beiden Bildern in Einklang zu bringen. Das ist der Unterschied zwischen dem bloßen Hören von Gottes Wort und dem Gehorsam ihm gegenüber.

Es kostet Mühe, es kostet Zeit. Nur wenn du den Vater mit ganzem Herzen suchst, wirst du Ihn finden. Wenn du vom Lesen einiger Texte in 1. Mose zu dem Ergebnis kommst, dass unser Schöpfer, der sich selbst als unser Vater bezeichnet und die menschliche Familie nach Seinem eigenen liebevollen Verhältnis zur Schöpfung geschaffen hat, Millionen von Menschen, darunter auch Babys, vernichtet hat, dann möchte ich dich darauf ansprechen, dass du nicht mit deinem ganzen Herzen suchst. Hören? Ja. Gehorsam? Nein.

Als ich Jesus als die vollständige Offenbarung des Charakters Gottes anerkannte, musste ich demütig auf die Knie gehen und Gott fragen, wie ich diese beiden Bilder, die ich vor mir sah, miteinander in Einklang bringen konnte. Ich konnte nicht erkennen, wie das möglich sein sollte. Das ist ein wichtiger Teil des Prozesses. Wenn du in deinem Bibelstudium zu selbstsicher bist, dann hat nicht der Geist Gottes die Kontrolle. Wenn du an einen Punkt kommst, an dem du dich festgefahren hast und nicht mehr weiterkommst, auf die Knie fällst und flehst: „Vater, bitte zeige mir die Wahrheit“, dann übergibst du dich in Gottes Hände und lässt dich von Ihm lehren. Das habe ich schon oft getan. Ich gehe zu Ihm und bitte im Glauben, dass mein Vater mir offenbaren wird, dass Er wirklich in jeder Hinsicht wie Jesus ist.

Mir kam der Gedanke in den Sinn, wie die Erde verflucht wurde, als Adam sündigte (1.Mose 3,17-19). Ich stellte mir die Frage: Warum brachte die Erde Dornen und Disteln hervor? War es Gott, der die Dornen schuf, oder verursachte Adams Sünde, dass sie wuchsen? Dies wurde eine zentrale Frage bei meiner Suche, wie sich die Geschichte der Sintflut mit der Offenbarung Jesu über den Vater vereinbaren lässt. Schauen wir uns die wörtliche hebräische Fassung dessen an, was Gott zu Adam sagte.

Und zu Adam sprach Er: Weil du der Stimme deiner Frau gehorcht und von dem Baum gegessen hast, von dem Ich dir gebot und sprach: »Du sollst nicht davon essen!«, so sei der Erdboden verflucht um deinetwillen! Mit Mühe sollst du dich davon nähren dein Leben lang. (1.Mose 3,17 Schlachter)

Gott sagte Adam, dass der Erdboden wegen seiner Sünde verflucht sei. Es ist die Sünde, die die Dornen und Disteln hervorgebracht hat, nicht Gott. Dieser Fluch wurde durch den Mord an Abel durch Kain noch verstärkt.

Und nun sollst du verflucht sein von dem Erdboden hinweg, der seinen Mund aufgetan hat, um das Blut deines Bruders von deiner Hand zu empfangen! Wenn du den Erdboden bebaust, soll er dir künftig seinen Ertrag nicht mehr geben; ruhelos und flüchtig sollst du sein auf der Erde! (1.Mose 4,11.12 Schlachter)

Beachte genau, wie Kain die Worte Gottes versteht.

Und Kain sprach zum HERRN: Meine Strafe ist zu groß, als dass ich sie tragen könnte! Siehe, Du vertreibst mich heute vom Erdboden, und ich muss mich vor Deinem Angesicht verbergen und ruhelos und flüchtig sein auf der Erde. Und es wird geschehen, dass mich totschlägt, wer mich findet! (1.Mose 4,13.14 Schlachter)

Kain meint, dass Gott ihn willkürlich bestraft hat, indem Er ihn vom Erdboden vertrieben hat. Ist es das, was Gott gesagt hat? Wenn wir 1.Mose 4,11 lesen, können wir erkennen, dass Gott zu Kain sagt, dass seine Taten den Erdboden beschädigt haben? Das Blut Abels, das in die Erde floss, schädigte tatsächlich die Fruchtbarkeit des Bodens. Als der Erdboden seinen Mund aufgetan hat und mit Abels Blut getränkt wurde, hat sich der Mord auf die Erde selbst übertragen.

Sollten wir die Worte Gottes durch die Brille von Kain oder durch die Brille von Christus interpretieren? Sagte Gott Kain, was Er ihm willkürlich antun würde, oder erklärte Er ihm einfach die natürlichen Folgen seines Handelns?

Liefert uns die Bibel weitere Beweise dafür, dass die Sündhaftigkeit des Menschen die Natur aus dem Gleichgewicht bringt und Unheil anrichtet? Wenn wir diesem Gedankengang folgen, werden wir feststellen, wie unterschiedlich die einzelnen Bibelübersetzer die Texte der Heiligen Schrift verstanden haben. Kannst du den Unterschied in diesen beiden Übersetzungen erkennen?

Macht euch nicht unrein, indem ihr gegen diese Gebote verstoßt! Denn so haben sich die Völker Kanaans verunreinigt. Darum werde Ich sie vertreiben und euch das Land geben. Sie haben ihr Land unrein gemacht; doch Ich lasse sie nicht ungestraft davonkommen, sondern sorge dafür, dass das Land seine Bewohner geradezu ausspuckt. (3.Mose 18,24.25 HFA)

»Verunreinigt euch nicht durch etwas Derartiges! Denn durch alles dieses haben sich die Völkerschaften verunreinigt, die Ich vor euch vertreiben werde. Da das Land dadurch verunreinigt wurde, habe Ich seine Verschuldung an ihm heimgesucht, so daß das Land seine Bewohner ausgespien hat. (3.Mose 18,24.25 Menge)

Bestraft Gott die Menschen, indem Er dafür sorgt, dass das Land die Menschen ausspeit? Oder lässt Gott zu, dass sich die Auswirkungen ihrer kontinuierlichen Beschädigung der Erde zeigen und das Land mit Naturkatastrophen fehlreagiert? Ich würde sagen, das erste Verständnis entspricht dem Lesen des Textes außerhalb des Charakters von Christus. Er spiegelt wider, was wir natürlicherweise von Gott denken, aber die Menge-Übersetzung bietet eine andere Sichtweise, die uns erkennen lässt, dass Gott einfach erlaubt, dass die Sünden der Menschen, die die Erde schädigen, in ihrem Zerstörungswerk auf sie zurückkehren. Er hält die Folgen ihres Handelns nicht länger zurück.

Betrachten wir eine weitere Bibelstelle, die die Beziehung zwischen den Sünden der Menschen und ihren Auswirkungen auf die Erde anspricht. Auch hier wollen wir wieder zwei Übersetzungen vergleichen und sehen, wie unterschiedlich sie formuliert sind.

Die Menschen haben die Erde entweiht, denn sie haben Gottes Gebote und Ordnungen missachtet und so den Bund gebrochen, den Er damals für alle Zeiten mit ihnen geschlossen hat. Darum trifft Sein Fluch die Erde und zehrt sie aus. Die Menschen müssen ihre gerechte Strafe tragen. Sie schwinden dahin, nur ein kleiner Rest wird überleben. (Jesaja 24,5.6 HFA)

Denn das Land liegt entweiht unter ihren Bewohnern; denn sie haben die Gesetze übertreten, die Satzungen abgeändert, den ewigen Bund gebrochen! Darum hat der Fluch das Land verzehrt, und die darin wohnen, müssen es büßen; darum sind die Bewohner des Landes von der Glut verzehrt, und nur wenige Menschen sind übrig geblieben. (Jesaja 24,5.6 Schlachter)

Lässt Gott die Menschen den Preis für ihre Sünde zahlen, indem Er sie mit Feuer vernichtet? Oder bricht die Erde, die durch die Sünde der Menschen verflucht ist, schließlich zusammen und kollabiert unter der Menschheit? Werden die Menschen von der Erde verflucht oder werden sie von Gott durch die Erde verflucht? Wenn wir in das Angesicht Jesu schauen, ist die Antwort einfach: Wie Gott schon zu Kain sagte, kommt der Fluch von der Erde - wegen seiner Taten. Seine eigenen Handlungen haben ihn verflucht.

Beachte folgende Texte, um dem Gedanken mehr Gewicht zu verleihen, dass es natürliche Konsequenzen sind, die dem Menschen infolge seiner Sündhaftigkeit zustoßen.

Der HERR hat sich zu erkennen gegeben, hat Gericht gehalten; der Gottlose ist verstrickt in dem Werk seiner Hände! (Saitenspiel — Sela.) (Psalm 9,17 Schlachter)

Irrt euch nicht: Gott lässt sich nicht spotten! (engl: Gottes Gerechtigkeit lässt sich nicht spotten) Denn was der Mensch sät, das wird er auch ernten. (Galater 6,7 Schlachter)

Was ist Gottes Gerechtigkeit? Sie besteht immer darin, uns zu erlauben, die Früchte dessen zu ernten, was wir gesät haben. Wenn wir die Wahrheit dieses Gedankens in unser Herz lassen, werden sich viele Geschichten in der Bibel für uns verändern. Ein neues Bild wird zum Vorschein kommen.

Kommen wir nun zurück auf die Geschichte der Sintflut. Wir wollen wieder zwei Übersetzungen betrachten, die uns zwei unterschiedliche Bilder zeichnen.

Aber die Erde war verderbt vor Gott, und die Erde war erfüllt mit Frevel. Und Gott sah die Erde an, und siehe, sie war verderbt; denn alles Fleisch hatte seinen Weg verderbt auf der Erde. Da sprach Gott zu Noah: Das Ende alles Fleisches ist bei Mir beschlossen; denn die Erde ist durch sie mit Frevel erfüllt, und siehe, Ich will sie samt der Erde vertilgen! (1.Mose 6,11-13 Schlachter)

Die Erde aber war verdorben vor Gott, und die Erde war erfüllt mit Gewalttat. Und Gott sah die Erde, und siehe, sie war verdorben; denn alles Fleisch hatte seinen Weg verdorben auf Erden. Da sprach Gott zu Noah: Das Ende alles Fleisches ist vor Mich gekommen; denn die Erde ist durch sie erfüllt von Gewalttat; und siehe, Ich will sie verderben mit der Erde. (1.Mose 6,11-13 Elberfelder)

Die erste Version erweckt den Eindruck, dass Gott beschlossen hat, die Menschen samt der Erde auszulöschen, weil sie so verdorben waren.

Die zweite Version erklärt, dass die Erde selbst mit Gewalt erfüllt war, weil die Menschen der Erde Gewalt angetan hatten. Die Erde ist wie eine Batterie, die die Energie der menschlichen Taten absorbiert. Wenn die Menschen die Erde mit negativer Energie füllen, explodiert die Batterie schließlich, weil ihre Kapazität überschritten ist. Gott sagt, dass Er die Menschen mit der Erde verderben wird; oder anders ausgedrückt: Er wird zulassen, dass die Erde sie vernichtet. Er vertilgt sie nicht samt der Erde, sondern lässt vielmehr die Früchte ihrer Handlungen auf der Erde sie vernichten.

Die zweite Version entspricht dem Charakter von Jesus. In diesem Zusammenhang fügen die folgenden Verse der Geschichte weitere wichtige Details hinzu.

Willst du den Weg der Vorzeit befolgen, den Pfad, auf dem die Frevler einhergingen, die vor ihrer Zeit weggerafft wurden, deren Fundament der Strom wegriss, die zu Gott sprachen: »Weiche von uns!«, und: »Was kann der Allmächtige einem schon tun?« Und Er hatte doch ihre Häuser mit Gütern gefüllt! — Doch der Rat der Gottlosen sei fern von mir! (Hiob 22,15-18 Schlachter)

Hier sehen wir, dass die Menschen der vorsintflutlichen Welt zu Gott sagten, Er solle von ihnen weichen. Sie wollten Ihn nicht, obwohl Er ihre Häuser mit Gütern gefüllt hat.

Wenn wir das Puzzle zusammenfügen, wird klar, dass der Säuglingsmord bei der Flut durch die Sünden der Menschen verursacht wurde, die die Erde beschädigten, und zwar durch dieselben Menschen, die Gott aus ihrem Leben vertrieben und somit ihre Kinder schutzlos ließen. Der einzige Mensch, der auf Gott hörte, war Noah. Noah „fand Gnade in den Augen des Herrn”, das heißt, er glaubte Gott und daran, dass Er die Menschheit retten wollte.

Durch Noah versuchte Gott die Menschen zu warnen, dass ihnen eine Katastrophe bevorstand. Gott war nicht der Urheber dieser Katastrophe, aber Er wusste, wie viel Böses Sein System verkraften konnte, bevor es sich übergab: 120 Jahre. Gott hat diese unschuldigen Kinder nicht vernichtet, aber die rebellische Saat, die der Mensch in die Erde gepflanzt hatte, brachte die vorhersehbare bittere Ernte ein.

Diese Darstellung der Sintflut entlastet Gott von dem Vorwurf, unschuldige Babys getötet zu haben. Sie befreit Ihn auch von dem Vorwurf, alle Tiere, die von der Sintflut erfasst wurden, getötet zu haben. Doch dann kommt die Erwiderung: „Du willst ja nur, dass Gott in Bezug auf die Sünde nachgiebig zu sein scheint, darum erfindest du solche Sachen, um zu vermeiden, dass Gott dich verurteilt.“ Meine Antwort darauf lautet: „In Wirklichkeit versuche ich, die Worte und das Leben Jesu in Einklang zu bringen, denn wenn wir Ihn gesehen haben, haben wir den Vater gesehen.“ Wenn Gott Säuglinge ertränkt hat, dann ist Jesus ein Lügner und eindeutig nicht die Offenbarung von Gottes Charakter. Wenn wir die Worte Jesu jedoch ernst nehmen, müssen wir mit diesen alttestamentlichen Geschichten ringen, damit wir die gesamte Heilige Schrift in der Frage nach Gottes Charakter in Einklang bringen können.

Außerdem sehen wir, dass Gott in Bezug auf die Sünde nicht nachgiebig ist, stattdessen sehen wir die verheerende Macht der Sünde und die Auswirkungen, wenn wir Gott und Seine Wege aus unserem Leben vertreiben. Die Tragweite dessen ist beunruhigend. Könnten die Sünden der Menschen so dramatische Auswirkungen auf die Erde haben, dass sie eine weltweite Flut auslösen? Hat Gott dem Menschen eine so gewaltige Herrschaft über die Erde gegeben? Kann die Erde geistlichen Samen genauso manifestieren wie reale Samen, die von den Menschen gepflanzt werden?

Ein Punkt, den ich für mich selbst noch beantworten musste, war: Warum eine Flut? Warum nicht mehrere Katastrophen, wie Erdbeben, Hurrikans, Feuer und eine Flut? Um das zu beantworten, wurde ich zu diesem Vers geführt:

Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet! Denn mit demselben Gericht, mit dem ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden; und mit demselben Maß, mit dem ihr [anderen] zumesst, wird auch euch zugemessen werden. (Matthäus 7,1.2 Schlachter)

Der Maßstab, nach dem wir alle urteilen, ist der Maßstab des Gottes, dem wir dienen. Wir beurteilen andere so wie wir denken, dass Gott sie beurteilt, oder wir versuchen zumindest, dem zu folgen, was Gott unserem Verständnis nach tut. Unsere Spiegelneuronen sorgen dafür, dass wir den Gott, an den wir glauben, nachahmen. Selbst wenn wir nicht an Gottes Existenz glauben, urteilen wir danach, wie wir glauben, dass eine höhere Macht urteilen würde, unabhängig davon, ob sie existiert oder nicht (Gott stellt unser höchstes Ideal dar, wie Macht ausgeübt werden sollte). Wie haben nun die Menschen zur Zeit Noahs ihre Götter wahrgenommen?

Die Sumerer glaubten, dass das Universum durch eine Reihe von kosmischen Geburten entstand. Zunächst gebar Nammu, das Urwasser, Ki (die Erde) und An (den Himmel), die sich miteinander paarten und einen Sohn namens Enlil zeugten. Enlil trennte den Himmel von der Erde und beanspruchte die Erde als sein Herrschaftsgebiet. Man glaubte, dass der Mensch von Enki, dem Sohn von Nammu und An, erschaffen wurde.

Der Glaube der vorsintflutlichen Menschen war, dass die erste Göttin Nammu, das Urwasser, war. Man glaubte, dass die Menschen von ihr und An (dem Himmel) abstammten. Wenn die Göttin des Wassers der erste Gott war, dann folgt daraus, dass das Wasser die höchste Form des Unheils, des Missfallens und des Gerichts für die Menschen darstellte. Die Menschen wussten, dass ihre Taten böse waren. Wie der Apostel Paulus schrieb:

Und gleichwie sie Gott nicht der Anerkennung würdigten, hat Gott auch sie dahingegeben in unwürdige Gesinnung, zu verüben, was sich nicht geziemt, als solche, die voll sind von aller Ungerechtigkeit, Unzucht, Schlechtigkeit, Habsucht, Bosheit; voll Neid, Mordlust, Streit, Betrug und Tücke, solche, die Gerüchte verbreiten,Verleumder, Gottesverächter, Freche, Übermütige, Prahler, erfinderisch im Bösen, den Eltern ungehorsam; unverständig, treulos, lieblos, unversöhnlich, unbarmherzig. Obwohl sie das gerechte Urteil Gottes erkennen, dass die des Todes würdig sind, welche so etwas verüben, tun sie diese Dinge nicht nur selbst, sondern haben auch Gefallen an denen, die sie verüben. (Römer 1,28-32 Schlachter)

Der Grund, warum die Erde durch Wasser zerstört wurde, ist, dass die meisten dieser Menschen eine Göttin des Wassers anbeteten. Ist es möglich, dass die kollektiven Gedanken der Menschen die Welt um sie herum so sehr beeinflussten, dass die Zerstörung von derjenigen auszugehen schien, die sie selbst verehrten?

Zusammengefasst habe ich dir hier eine alternative Sichtweise dargelegt, wie die Sintflut zu verstehen ist. Die Motivation dazu kommt von der Betrachtung dieser Geschichte durch den Charakter Jesu, der Seine Feinde liebte und ihnen Gutes tat – immer.

Ohne den Charakter Jesu nehmen wir Gottes Worte in dieser Geschichte nur als unsere eigenen Gedanken wahr und nicht als die Gottes; wir können nur das offenbaren, was wir von Gott denken und somit, was wir sind. Wenn wir aber in das Gesicht Jesu schauen, beginnt das Wort Gottes uns zu verändern, Leben hervorzubringen und das auszurichten, wozu es gesandt war.

Denn Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht Meine Wege, spricht der HERR; sondern so hoch der Himmel über der Erde ist, so viel höher sind Meine Wege als eure Wege und Meine Gedanken als eure Gedanken. Denn gleichwie der Regen und der Schnee vom Himmel fällt und nicht wieder dahin zurückkehrt, bis er die Erde getränkt und befruchtet und zum Grünen gebracht hat und dem Sämann Samen gegeben hat und Brot dem, der isst — genau so soll auch Mein Wort sein, das aus Meinem Mund hervorgeht: Es wird nicht leer zu Mir zurückkehren, sondern es wird ausrichten, was mir gefällt, und durchführen, wozu Ich es gesandt habe! (Jesaja 55,8-11 Schlachter)

Wenn wir das Leben Jesu als den Charakter Gottes anerkennen, fangen wir an, das Wort nicht mehr nur zu hören, sondern ihm zu gehorchen. Die Bibel wird zu einem neuen Buch. Wir beginnen von ganzem Herzen nach Gott zu suchen, und der Same des Wortes geht in uns auf und richtet aus, was Gott beabsichtigt hat.

Die Frage bleibt jedoch: Warum sagt die Bibel in 1.Mose 6, dass Gott die Welt vernichten und auslöschen wird? Warum heißt es nicht, dass die Welt sich selbst vernichtet? An dieser Stelle ist das Spiegelprinzip wichtig. Das Gesetz drückt für uns unsere eigenen Gedanken aus, wenn wir es direkt lesen, ohne die Vermittlung durch das Leben Jesu. Wie Kain vergessen wir, dass Gott uns gesagt hat, der Fluch würde von der Erde kommen. Die wahre Offenbarung des Charakters Gottes in dieser Geschichte erfordert ein tieferes, folgsames Studium, um die Teile in Einklang zu bringen, und dabei zeigt sie uns die tiefere Realität der menschlichen Bosheit darin, wie wir Gott wahrnehmen.

Es offenbart, dass wir Ihn als jemanden ansehen, der bereit ist, alles Lebendige zu vernichten, einschließlich unschuldiger Kinder. Indem man bekennt, dies zu glauben, kann man unbewusst die Realität der eigenen Verderbtheit verbergen und sie auf Gott projizieren. Indem wir Gott auf unser Niveau herabziehen, fühlen wir uns selbst besser.

Andere wollen dies in der Bibel lesen, um Ihn als Massenmörder zu verurteilen und zu verdammen. Es passt ihnen, Gott so zu sehen, damit sie Ihn von ihrem Herzensthron verbannen können.

Ein weiterer Grund, warum die Bibel Gott scheinbar so darstellt, als würde Er alles vernichten, ist, dass die menschliche Natur automatisch Gott für alles Unglück, das in unserem Leben geschieht, verantwortlich macht. Wenn etwas falsch läuft, ist es einfacher zu fragen, warum Gott mich bestraft als zu fragen, was ich getan habe, um diese Konsequenzen auf mich zu ziehen. Genau das tat Kain, als Gott ihm die natürlichen Folgen seines Handelns offenbarte. Er deutete Gottes Wort als eine willkürliche Strafe Gottes um.

Der wichtigste Grund, warum ich glaube, dass die Bibel es so darstellt, als ob Gott die Verantwortung  für die Vernichtung der Menschheit beansprucht, ist der natürliche menschliche Selbstverteidigungsmechanismus, der die Schuld auf jeden anderen außer sich selbst schiebt. In der Psychologie nennt man das „Projektion“. Dieses grundlegende menschliche Prinzip muss die Bibel, wenn sie wirklich in der Lage ist, den Zustand des Menschen zu diagnostizieren, wahrnehmen können.

Das Wort Gottes ist lebendig, es ist eine wirkende Macht. Es ist schärfer als das schärfste beidseitig geschliffene Schwert. So wie ein Schwert tief einschneidet, die Gelenke durchtrennt und das Mark der Knochen freilegt, so dringt das Wort Gottes ins Innerste von Seele und Geist. Es deckt die geheimen Wünsche und Gedanken des Menschenherzens auf... (Hebräer 4,12 GN)

 

 

Wir werden die weiteren Kapitel dieses Buches nach und nach veröffentlichen, sobald sie fertig übersetzt sind.

Das englische Original: Mirror Principle

Anmerkung: 

Der Autor Adrian Ebens hat in seinem neuen Buch „Das Spiegelprinzip“ (Mirror Principle) vorwiegend die englische Bibelübersetzung:  „New Living Translation“  benutzt. Um dem in unserer deutschen Übersetzung zu entsprechen, haben wir vorwiegend aus den deutschen Bibelübersetzungen „Hoffnung für Alle“ und aus der „Gute Nachricht Bibel 2018“ zitiert, und auch einige andere Bibelübersetzungen benutzt. Die jeweils benutzte Version ist immer hinter der Bibelvers-Angabe angeführt.

Abkürzungen:

HFA – Hoffnung für Alle

GN – Gute Nachricht Bibel 2018)

Schlachter – Schlachter 2000

Luther – Luther 1912