Unser Umgang mit anderen
Dieses Kapitel "Im Umgang mit anderen" entstammt dem Buch "In den Fußspuren des großen Arztes" und ist sehr wertvoll und wichtig für jeden von uns.
„Einer trage des andern Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.“
Jede Verbindung des Lebens erfordert die Übung von Selbstbeherrschung, Nachsicht und Teilnahme. Wir sind so sehr verschieden in Veranlagung, Gewohnheiten, Erziehung, dass auch die Art und Weise, wie wir eine Sache ansehen, verschieden ist. Wir urteilen verschieden. Unser Verständnis der Wahrheit, unsere Begriffe in Bezug auf Lebensführung sind nicht in allen Punkten dieselben. Es gibt nicht zwei Menschen, deren Erfahrung in jeder Einzelheit gleich ist. Die Prüfungen des einen sind nicht diejenigen des anderen. Die Pflichten, welche einer leicht findet, sind für einen anderen sehr schwer und verwirrend.
Die menschliche Natur ist so schwach, so unwissend, so dem Irrtum unterworfen, dass jedermann vorsichtig sein sollte in der Achtung, die er anderen entgegenbringt. Wir wissen wenig davon, wie unsere Handlungen auf die Erfahrungen anderer wirken. Es mag für uns geringfügig erscheinen, was wir tun oder sagen; könnten aber unsere Augen geöffnet werden, so würden wir sehen, dass die wichtigsten Erfolge zum Guten oder Bösen davon abhängig waren.
Rücksicht für Lastträger
Viele haben so wenig Lasten getragen, ihre Herzen haben so wenig wirkliche Angst erfahren, sie haben um anderer willen so wenig Verlegenheit und Beschwerden gefühlt, dass sie die Arbeit des wahren Lastträgers nicht verstehen können. Sie sind nicht imstande, seine Lasten mehr zu würdigen als das Kind imstande ist, die Arbeit und Sorge des belasteten Vaters zu verstehen. Das Kind mag sich über die Befürchtungen und Verlegenheiten des Vaters wundern; sie erscheinen ihm unnötig. Aber wenn mit den Jahren die Erfahrung des Lebens dazukommt, wenn es selbst Lasten tragen muss, so wird es auf das Leben seines Vaters zurückblicken und das verstehen, was einst so unfasslich war. Die bittere Erfahrung hat ihm Erkenntnis gebracht.
Das Werk gar manchen Lastträgers wird nicht verstanden; seine Arbeiten werden nicht geschätzt, bis der Tod ihn übereilt. Wenn andere dann die Last aufnehmen, die er niedergelegt hat und den Schwierigkeiten begegnen, die ihm entgegentraten, so können sie begreifen, wie sein Glaube und Mut geprüft wurden. Dann werden oft die Fehler, über die sie so schnell zu urteilen bereit waren, nicht mehr beachtet. Die Erfahrung lehrt sie Mitgefühl. Gott lässt es zu, dass Menschen verantwortliche Stellungen einnehmen. Wenn sie irren, so hat er Macht, es zu verbessern oder sie zu entfernen. Wir sollten vorsichtig sein, nicht das Werk des Richtens, welches Gott zukommt, in unsere Hände zu nehmen.
Das Verhalten Davids gegen Saul enthält eine Lehre. Saul war auf Gottes Befehl hin zum König von Israel gesalbt worden. Dann hatte der Herr erklärt, dass infolge seines Ungehorsams das Königreich von ihm genommen werden sollte; und doch, wie zartfühlend, wie höflich, wie langmütig war das Benehmen Davids gegen ihn! Indem er nach dem Leben Davids trachtete, kam Saul in die Wüste und trat unbemerkt in dieselbe Höhle, wo David mit seinen Kriegsmännern verborgen lag. „Da sprachen die Männer Davids zu ihm: Siehe, das ist der Tag, davon der Herr dir gesagt hat: Siehe, ich will deinen Feind in deine Hände geben, dass du mit ihm tust, was dir gefällt ... und er sprach zu seinen Männern: Das lasse der Herr ferne von mir sein, dass ich das tun sollte, und meine Hand legen an meinen Herrn, den Gesalbten des Herrn; denn er ist der Gesalbte des Herrn.“ 1.Samuel 24,5-7. Der Heiland gebietet uns: „Richtet nicht, auf dass ihr nicht gerichtet werdet. Denn mit welcherlei Gericht ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden; und mit welcherlei Maß ihr messet, wird euch gemessen werden.“ Matthäus 7,1.2. Gedenkt daran, dass euer Lebensbericht bald vor die Augen Gottes kommen wird. Gedenkt auch daran, dass er gesagt hat: „Darum, o Mensch, kannst du dich nicht entschuldigen, wer du auch bist, der da richtet! ... sintemal du eben dasselbige tust, das du richtest.“ Römer 2,1
Nachsicht bei Unrecht
Wir dürfen nicht zulassen, dass unser Geist sich über wirkliches oder vermeintliches Unrecht aufrege, welches uns zugefügt wurde. Das eigene Ich ist der Feind, den wir am meisten fürchten müssen. Keine Art von Laster hat schrecklichere Folgen auf den Charakter als menschliche Leidenschaft, die nicht unter der Herrschaft des heiligen Geistes steht. Kein anderer Sieg, den wir erlangen wird so köstlich sein, wie der über das eigene Ich gewonnene.
Wir sollten nicht zulassen, dass unsere Gefühle so leicht verletzt sind. Wir leben, um Seelen zu retten und nicht, um unsere Gefühle oder unser Ansehen zu hüten. Wenn wir ein Interesse für die Rettung von Seelen gewinnen, werden wir aufhören, die kleinen Missverständnisse zu beachten, die sich so oft in unserer Verbindung untereinander erheben. Was auch andere von uns denken oder uns antun mögen, es braucht nicht unser Einssein mit Christo, die Gemeinschaft des Geistes zu stören. „Denn was ist das für ein Ruhm, so ihr um Missetat willen Streiche leidet? Aber wenn ihr um Wohltat willen leidet und erduldet, das ist Gnade bei Gott.“ 1.Petrus 2,20.
Strebt nicht nach Vergeltung. Entfernt, so weit es euch möglich ist, alle Ursache zu Missverständnissen. Meidet allen bösen Schein. Tut alles, was in eurer Macht liegt, andere zu versöhnen ohne Grundsätzen untreu zu werden. „Wenn du deine Gabe auf dem Altar opferst, und wirst allda eingedenk, dass dein Bruder etwas wider dich habe, so lass allda vor dem Altar deine Gabe, und gehe zuvor hin, und versöhne dich mit deinem Bruder, und alsdann komm, und opfere deine Gabe.“ Matthäus 5,23.24
Wenn ungeduldige Worte zu dir geredet werden, so antworte niemals in demselben Geist. Gedenket daran, dass „eine linde Antwort stillt den Zorn.“ Sprüche 15,1. Im Schweigen liegt eine wunderbare Macht. Worte, die man einem Zornigen zur Antwort gibt, dienen oft nur dazu, es noch schlimmer zu machen. Tritt man aber dem Zorn mit Stillschweigen entgegen, in einer sanften, rücksichtsvollen Weise, so verschwindet er bald.
Unter einem Sturm kränkender, tadelnder Worte haltet den Geist auf das Wort Gottes gerichtet. Lasst Geist und Herz mit den Verheißungen Gottes erfüllt sein. Wenn ihr schlecht behandelt oder unrecht beschuldigt werdet so wiederholt für euch die köstlichen Verheißungen, anstatt auch eine zornige Antwort zu geben.
„Lass dich nicht das Böse überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.“ Römer 12,21
„Befiehl dem Herrn deine Wege und hoffe auf ihn; er wird’s wohl machen, und wird deine Gerechtigkeit hervorbringen wie das Licht, und dein Recht wie den Mittag.“ Psalm 37,5
„Es ist aber nichts verborgen, das nicht offenbar werde, noch heimlich, das man nicht wissen werde.“ Lukas 12,2 „Du hast Menschen lassen über unser Haupt fahren, wir sind in Feuer und Wasser kommen; aber du hast uns ausgeführt und erquickt.“ Psalm 66,12
Wir sind so leicht geneigt, Teilnahme und Aufrichtung bei unseren Mitmenschen zu suchen statt bei Jesu. Gott lässt in seiner Gnade und Treue oft zu, dass wir von denen, in die wir Vertrauen setzten, getäuscht werden, damit wir einsehen, welche Torheit es ist, auf Menschen zu trauen und Fleisch zu unserem Arm zu machen. Lasst uns vollkommen, demütig und uneigennützig in Gott vertrauen. Er kennt die Kümmernisse, die wir bis ins tiefste Innere fühlen, welche wir aber nicht aussprechen können. Wenn alles dunkel und unerklärlich scheint, so gedenkt an die Worte Christi: „Was ich tue, das weißt du jetzt nicht; du wirst’s aber hernach erfahren.“ Johannes 13,7
Betrachtet die Geschichte Josephs und Daniels. Der Herr verhinderte nicht die Anschläge der Menschen, die ihnen Schaden zuzufügen trachteten; aber er führte es so, dass alle diese listigen Anschläge zum Guten für seine Knechte dienen mussten, welche mitten unter Prüfungen und Kämpfen ihren Glauben und ihre Treue bewahrten.
So lange wir in der Welt leben, werden wir widrigen Einflüssen begegnen. Es werden Herausforderungen kommen, um den Charakter zu prüfen; und wenn man diesen mit dem rechten Geist entgegentritt, so werden die christlichen Tugenden entwickelt. Wenn Christus in uns wohnt, so werden wir geduldig, freundlich und nachsichtig sein, fröhlich unter Ärger und Reizung. Wir werden Tag für Tag und Jahr für Jahr uns selbst besiegen und in ein edles Heldentum hineinwachsen. Dies ist die uns bestimmte Aufgabe; aber sie kann ohne die Hilfe Jesu, ohne entschlossene Entscheidung unerschütterliche Absicht, fortgesetzte Wachsamkeit und unaufhörliches Gebet nicht ausgeführt werden. Jeder hat einen persönlichen Kampf zu kämpfen. Selbst Gott kann unseren Charakter nicht edel oder unser Leben nützlich machen, wenn wir nicht seine Mitarbeiter werden. Solche, die dem Kampf ausweichen, verlieren die Kraft und Freude des Sieges.
Wir haben nicht nötig, selbst einen Bericht unserer Prüfungen, Schwierigkeiten, Kümmernisse und Sorgen zu führen. Alle diese Dinge stehen in den Büchern geschrieben und der Himmel wird darauf achthaben. Während wir die unangenehmen Dinge aufzählen, werden viele Dinge, bei denen wir gerne verweilen sollten, unserem Gedächtnis entschwinden, wie z.B. die gnädige Freundlichkeit Gottes, die uns jeden Augenblick umgibt, die Liebe, über welche die Engel sich wundern, dass Gott seinen Sohn dahingegeben hat, um für uns zu sterben. Wenn ihr als Arbeiter Christi fühlt, dass ihr größere Prüfungen und Sorgen habt, als anderen zuteil geworden sind, so gedenkt daran, dass eurer ein Friede harrt, den solche nicht kennen, die diese Lasten scheuen. In dem Dienst Christi ist Trost und Freude. Lasst die Welt sehen, dass das Leben mit ihm kein Fehlschlag ist.
Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum besten dienen
Wenn ihr nicht fröhlich und leichten Herzens fühlt, so sprecht nicht von euren Gefühlen. Werft keinen Schatten auf das Leben anderer. Eine kalte sonnenlose Religion zieht niemals Seelen zu Christo. Sie treibt dieselben vielmehr von ihm weg in die Netze, welche Satan für die Füße der Irrenden gelegt hat. Anstatt an eure Entmutigungen zu denken, denkt an die Macht, die ihr im Namen Christi beanspruchen könnt. Erfasst in eurem Geiste die unsichtbaren Dinge. Lasst eure Gedanken auf die Beweise der großen Liebe Gottes für euch gerichtet sein. Der Glaube kann Prüfungen erdulden, Versuchungen widerstehen und unter Entmutigung ausharren. Jesus lebt als unser Fürsprecher; alles ist unser, was seine Vermittlung uns sichert. Glaubt ihr nicht, dass Christus diejenigen schätzt, die gänzlich für ihn leben? Glaubt ihr nicht, dass er diejenigen besucht, die gleich dem Lieblingsjünger Johannes in der Verbannung, sich um seinetwillen an schwierigen Orten und in großer Prüfung befinden? Gott wird nicht zulassen, dass einer seiner treuen Arbeiter allein gelassen wird, um gegen große Übermacht zu kämpfen und überwunden zu werden. Er bewahrt als einen köstlichen Edelstein einen jeden, dessen Leben mit Christo in ihm verborgen ist. Von einer jeden solchen Seele sagt er: „Ich will dich machen gleich einem Siegelring, denn dich habe ich auserwählt.“ Haggai 2,23
Dann redet von den Verheißungen; sprecht von der Bereitwilligkeit Jesu, zu segnen. Er vergisst uns nicht für einen kurzen Augenblick. Wenn wir trotz unangenehmer Umstände in seiner Liebe ruhen und uns mit ihm absondern, wird das Gefühl seiner Gegenwart eine tiefe ruhige Freude verleihen. Christus sagt von sich selbst, dass er nichts von sich „selber tue, sondern wie mich mein Vater gelehret hat, so rede ich. Und der mich gesandt hat, ist mit mir. Der Vater lässet mich nicht allein; denn ich tue allezeit, was ihm gefällt.“ Johannes 8,28.29
Die Gegenwart des Vaters umgab Christum und nichts konnte ihm begegnen, als was die unendliche Liebe zum Segen der Welt zuließ. Hier war seine Quelle des Trostes und sie ist es auch für uns. Wer mit dem Geiste Christi erfüllt ist, bleibt in Christo. Was auch über ihn kommt, kommt von dem Heiland, der ihn mit seiner Gegenwart umgibt. Ohne des Herrn Willen kann nichts ihn berühren. Alle unsere Leiden und Kümmernisse, all unsere Versuchungen und Prüfungen, all unsere Traurigkeit und Trübsale, all unsere Verfolgungen und Entbehrungen, kurz, alle Dinge dienen zu unserem Besten. Alle Erfahrungen und Umstände sind Gottes Arbeitsleute, durch welche uns Gutes gebracht wird.
Redet nicht Böses
Wenn wir einen Begriff von der Langmut Gottes gegen uns haben, werden wir nicht erfunden werden, dass wir andere richten oder beschuldigen. Wie erstaunt würden die Gefährten Jesu während seines Erdenlebens gewesen sein, wenn sie, nachdem sie mit ihm bekannt geworden waren, vernommen hätten, dass er ein Wort der Anschuldigung, des Fehlerfindens oder Ungeduld geredet hätte. Lasst uns niemals vergessen, dass diejenigen, die ihn lieben, ihn in ihrem Charakter darstellen sollen. „Die brüderliche Liebe untereinander sei herzlich. Einer komme dem anderen mit Ehrerbietung zuvor.“ Römer 12,10. „Vergeltet nicht Böses mit Bösem, oder Scheltwort mit Scheltwort, sondern dagegen segnet, und wisset, dass ihr dazu berufen seid, dass ihr den Segen ererbet.“ 1.Petrus 3,9
Höflichkeit
Der Herr Jesus fordert, dass wir die Rechte aller Menschen anerkennen sollen. Die sozialen Rechte des Menschen und ihre Rechte als Christen sollen in Betracht gezogen werden. Alle sollen mit Rücksicht und Zartgefühl behandelt werden, als Söhne und Töchter Gottes. Das Christentum wird den Menschen zu einem wahren Edelmann machen. Christus war höflich, selbst gegen seine Verfolger; und seine wahren Nachfolger werden denselben Geist offenbaren. Blickt auf Paulus, als er vor die Herrscher gebracht wurde. Seine Rede vor Agrippa ist ein Beispiel wahrer Höflichkeit, sowie überzeugender Beredsamkeit. Das Evangelium ermutigt nicht die formelle Höflichkeit, die in der Welt geläufig ist, sondern die Höflichkeit, welche einer wirklichen Freundlichkeit des Herzens entspringt. Die sorgfältige Pflege des äußeren Anstandes und der Schicklichkeit im Leben genügt nicht, ein mürrisches Wesen, hartes Urteil und unpassende Rede auszuschließen. Solange das eigene Ich noch als der wichtigste Gegenstand betrachtet wird, wird kein wahrer Edelsinn offenbart werden. Die Liebe muss in dem Herzen wohnen. Die Beweggründe eines wahren gründlichen Christen entspringen seiner tiefen herzlichen Liebe für seinen Meister. Aus den Wurzeln seiner innigen Liebe zu Christo erwächst ein selbstloses Interesse für seine Brüder. Die Liebe teilt ihrem Besitzer Anmut, Schicklichkeit und anständiges Betragen mit. Sie erleuchtet das Angesicht und mildert die Stimme; sie veredelt und erhebt das ganze Wesen.
Wichtigkeit kleiner Dinge
Das Leben besteht meistens nicht aus großen Opfern und wunderbaren Taten, sondern aus kleinen Dingen. Meist werden durch kleine Dinge, die kaum der Beachtung wert erscheinen, Gutes oder Böses in unser Leben gebracht. Dadurch, dass wir die Prüfungen, die in kleinen Dingen an uns herantreten, nicht bestehen, werden die Gewohnheiten gebildet und der Charakter verdorben, und wenn dann größere Prüfungen kommen, finden sie uns unvorbereitet. Nur, wenn wir in den täglichen Prüfungen nach Grundsätzen handeln, können wir Kraft erlangen, in den gefährlichsten und schwierigsten Stellungen fest und treu zu stehen.
Selbstzucht
Wir sind niemals allein. Wir haben einen Gefährten, ob wir ihn erwählen oder nicht. Gedenkt daran, dass wo ihr auch seid und was ihr auch tut, Gott gegenwärtig ist. Nichts, was gesagt, getan oder gedacht wird, kann seiner Beachtung entgehen. Von jedem eurer Worte und jeder Tat habt ihr einen Zeugen — den heiligen, sündenhassenden Gott. Denkt stets daran, ehe ihr sprecht oder handelt. Als Christ seid ihr ein Glied der königlichen Familie, ein Kind des himmlischen Königs. Sprecht kein Wort und tut nichts, was Unehre auf den „guten Namen, davon ihr genannt seid“ (Jakobus 2,7) bringen würde.
Betrachtet sorgfältig den göttlich menschlichen Charakter und fragt stets: „Was würde Jesus tun, wenn er an meiner Stelle wäre?“ Dies sollte der Maßstab unserer Pflicht sein. Begebt euch nicht ohne triftigen Grund in die Gesellschaft solcher, die durch ihre Künste eure Absicht, das Rechte zu tun, schwächen oder euer Gewissen beflecken. Tut nichts unter Fremden, sei es auf der Straße, in der Bahn, zu Hause, was auch nur den leisesten bösen Schein hat. Tut aber jeden Tag etwas, um das Leben, welches Christus mit seinem Blut erworben hat, zu verbessern, zu veredeln und zu verschönen.
Handelt stets nach Grundsätzen, niemals nach augenblicklicher Eingebung. Mäßigt die natürliche Heftigkeit eurer Natur mit Sanftmut und Freundlichkeit. Frönt keiner Leichtfertigkeit oder Nichtigkeit. Lasst euren Lippen keinen gemeinen Witz entschlüpfen. Man sollte selbst das Umherschweifen der Gedanken nicht erlauben. Sie müssen eingedämmt und unter den Gehorsam Christi gefangen genommen werden. Lasst sie auf heilige Dinge gerichtet sein. Dann werden sie durch die Gnade Christi rein und wahrhaftig sein.
Wir müssen uns stets der veredelnden Macht reiner Gedanken bewusst sein. Die einzige Sicherheit für jede Seele ist richtiges Denken. Wie ein Mensch in seinem Herzen denkt, so ist er.
Was würde Jesus tun?
Die Macht der Selbstbeherrschung wird durch Übung gestärkt. Was zuerst schwer erscheint, wird durch beständige Wiederholung leicht, und richtige Gedanken und Handlungen werden zur Gewohnheit. Wenn wir wollen, können wir uns von allem abwenden, was niedrig und untergeordnet ist und uns zu einem höheren Standpunkt erheben; wir können von Menschen geachtet und von Gott geliebt sein.
Lob; Ermutigung
Pflegt die Gewohnheit, Gutes von anderen zu sprechen. Verweilt bei den guten Eigenschaften derer, mit denen ihr Umgang pflegt, und seht so wenig als möglich von ihren Fehlern und Mängeln. Wenn ihr versucht werdet, darüber zu klagen, was jemand gesagt oder getan hat, so lobt irgend etwas in dem Leben oder Charakter dieser Person. Pflegt die Dankbarkeit. Dankt Gott für seine wunderbare Liebe, dass er Christum gab, um für uns zu sterben. Es lohnt sich niemals, über unsere Kümmernisse nachzudenken. Gott fordert uns auf, an seine Barmherzigkeit und unermessliche Liebe zu denken, damit wir mit Dank erfüllt werden.
Ernste Arbeiter haben keine Zeit, bei den Fehlern anderer zu verweilen. Wir können nicht von den Schalen der Fehler oder Mängel anderer leben. Verleumdung ist ein zweifacher Fluch, der schwerer auf den Sprecher als auf den Hörer fällt. Wer den Samen der Uneinigkeit und des Streites aussät, erntet in seiner eigenen Seele die tödliche Frucht. Das Ausschauen nach dem Bösen in anderen entwickelt gerade das Böse in dem, der danach ausschaut. Wenn wir bei den Fehlern anderer verweilen, werden wir in dasselbe Bild verwandelt werden. Wenn wir aber auf Jesum schauen, von seiner Liebe und Vollkommenheit des Charakters reden, so werden wir in sein Bild verwandelt. Durch Betrachtung des erhabenen Ideals, welches er uns vorgesetzt hat, werden wir in eine reine und heilige Atmosphäre erhoben, in die Gegenwart Gottes selbst. Wenn wir dort verbleiben, so geht ein Licht von uns aus, welches alle erleuchtet, die mit uns verbunden sind.
Anstatt andere zu kritisieren und zu verurteilen, sprecht: „Ich muss meine eigene Seligkeit schaffen. Wenn ich mit ihm zusammenwirke, der meine Seele zu retten wünscht, so muss ich selbst sorgfältig auf mich achthaben. Ich muss alles Böse aus meinem Leben entfernen. Ich muss jeden Fehler überwinden. Ich muss in Christo eine neue Kreatur werden. Dann kann ich durch ermunternde Worte andere, die gegen das Böse ankämpfen, stärken, statt sie zu schwächen.“ Wir sind zu gleichgültig in Bezug aufeinander. Zu oft vergessen wir, dass unsere Mitarbeiter der Kraft und Aufmunterung bedürfen. Achtet darauf, dass ihr sie eurer Teilnahme und eures Interesses versichert. Helft ihnen durch eure Gebete und lasst sie wissen, dass ihr dies tut
Geduld mit den Irrenden
Nicht alle, welche vorgeben, Christi Arbeiter zu sein, sind wahre Jünger. Unter denen, die seinen Namen tragen und selbst unter denen, die zu seinen Arbeitern gezählt werden, sind solche, die ihn nicht im Charakter darstellen. Sie werden nicht von seinen Grundsätzen geleitet. Diese Leute sind oft eine Ursache des Kummers und der Entmutigung für ihre Mitarbeiter, die jung in christlicher Erfahrung sind; aber keiner braucht dadurch irregeleitet zu werden. Christus hat uns ein vollkommenes Beispiel gegeben. Er fordert uns auf, ihm zu folgen.
Bis zum Ende der Zeit wird es Unkraut unter dem Weizen geben. Als die Knechte des Herrn in ihrem Eifer für seine Ehre ihn um die Erlaubnis baten, das Unkraut auszurotten, sagte der Meister: „Nein! auf dass ihr nicht zugleich den Weizen mit ausraufet, so ihr das Unkraut ausjätet. Lasset beides miteinander wachsen bis zur Ernte.“ Matthäus 13,29.30
Gott trägt in seiner Gnade und Langmut Geduld mit den Verstockten und Untreuen. Unter den erwählten Aposteln des Herrn befand sich Judas, der Verräter. Sollten wir uns deshalb wundern oder entmutigt sein, dass es Treulose unter seinen Arbeitern heutigen Tages gibt? Wenn er, der die Herzen kannte, einen tragen konnte, von dem er wusste, dass er ihn verraten würde, mit welcher Geduld sollten wir dann solche tragen, die Fehler haben?
Doch nicht alle, selbst unter denen, die am fehlerhaftesten scheinen, sind wie Judas. Petrus, feurig, rasch und selbstvertrauend, erschien öfter in einem viel nachteiligeren Lichte als Judas. Er wurde öfter von dem Heiland getadelt. Aber wie reich war sein Leben an Dienst und Opfer! Welch ein Zeugnis legt es von der Macht der Gnade Gottes ab! Wir sollen, so weit wir dazu imstande sind, für andere das sein, was Christus für seine Jünger war, als er hier auf Erden wandelte und mit ihnen redete.
Betrachtet euch als Missionare, vor allem unter euren Mitarbeitern. Oft erfordert es viel Zeit und Arbeit, eine Seele für Christum zu gewinnen. Wenn sie sich aber dann von der Sünde zur Gerechtigkeit wendet, so herrscht Freude bei den Engeln. Glaubt ihr, dass es den dienstbaren Geistern, die über jene Seelen wachen, gefallen kann, wenn sie sehen, wie gleichgültig diese von manchen behandelt werden, die vorgeben, Christen zu sein? Würde Jesus mit uns handeln, wie wir es oft miteinander tun, wer von uns könnte gerettet werden?
Gedenkt daran, dass ihr nicht in den Herzen lesen könnt. Ihr kennt nicht die Beweggründe, welche zu den Handlungen antrieben, die euch verkehrt erscheinen. Es gibt viele, die keine richtige Erziehung erhalten haben; ihr Charakter ist verkümmert, sie sind hart und rauh und scheinen auf jede Weise verkehrt zu sein. Aber die Gnade Christi kann sie umbilden. Stoßt sie niemals zur Seite, treibt sie niemals in Entmutigung oder Verzweiflung, indem ihr sagt: „Du hast mich enttäuscht und ich werde nicht mehr versuchen, dir zu helfen.“ Einige schnell gesprochene Worte — zu denen sie uns vielleicht herausgefordert haben — die sie unserer Meinung nach verdient haben, können die Seile des Einflusses zerschneiden, welche ihre Herzen mit dem unsern hätten verbinden sollen.
Das beständige Leben, die geduldige Nachsicht, der auch unter Reizung ruhige Geist sind stets die entscheidenden Beweismittel und die feierlichsten Bitten. Wenn du Gelegenheiten und Vorteile hattest, die einem anderen nicht zu teil geworden sind, so beachte dies wohl und sei stets ein weiser, sorgfältiger und freundlicher Lehrer.
Wenn ihr einen klaren deutlichen Eindruck des Siegels auf Wachs haben wollt, so schlagt ihr nicht in schneller heftiger Weise das Siegel auf; ihr drückt es vielmehr vorsichtig auf das weiche Wachs und presst es ruhig und gleichförmig darauf, bis es in der Form erhärtet. Geht auf gleiche Weise mit Menschenseelen um. Die Beständigkeit christlichen Einflusses ist das Geheimnis seiner Macht und dies hängt von der Standhaftigkeit eurer Offenbarung des Charakters Christi ab. Helft den Irrenden, indem ihr Ihnen von euren Erfahrungen erzählt. Zeigt ihnen, wie die Geduld, Freundlichkeit und Hilfe eurer Mitarbeiter euch Mut und Hoffnung gaben, wenn ihr ernste Fehler machtet.
Bis zum Gericht werdet ihr niemals den Einfluss eines freundlichen, rücksichtsvollen Verfahrens gegen die Unverträglichen, die Unvernünftigen und die Unwürdigen erkennen. Wenn wir Undankbarkeit und Verrat an heiligen Wahrheiten begegnen, so werden wir erregt, unsere Verachtung oder unseren Unwillen zu zeigen. Dies erwarten die Schuldigen, sie sind darauf vorbereitet. Aber freundliche Nachsicht überrascht sie und erweckt oft ihre besseren Gefühle und erregt das Verlangen nach einem edleren Leben.
„Liebe Brüder, so ein Mensch etwa von einem Fehl übereilt würde, so helft ihm wieder zurecht mit sanftmütigem Geist, ihr die ihr geistlich seid; und siehe auf dich selbst, dass du nicht auch versucht werdest. Einer trage des anderen Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.“ Galater 6,1.2
Alle, die vorgeben, Kinder Gottes zu sein, sollten daran gedenken, dass sie als Missionare in Berührung mit allen Klassen von Menschen gebracht werden. Da sind die Feinen und die Groben, die Demütigen und die Stolzen, die Religiösen und die Zweifler, die Gebildeten und die Unwissenden, die Reichen und die Armen. Diese verschiedenen Geister können nicht auf gleiche Weise behandelt werden; doch alle bedürfen Liebe und Teilnahme. Unsere Gedanken sollten durch die gegenseitige Berührung veredelt und verfeinert werden. Wir sind voneinander abhängig und durch das Band der menschlichen Brüderschaft eng miteinander verbunden.
Abhängig sollt der Mensch vom Menschen sein,
Der Meister und der Knecht, sowie der Freund
Nach andrer Beistand müssen suchen sie,
Bis eines Schwäche aller Kraft wird sein.
Der Mensch soll reichen hilfreich seine Hand;
Denn dadurch wird geknüpft der Liebe Band.
Durch den täglichen Umgang kommt das Christentum in Berührung mit der Welt. Jeder Mann und jede Frau, die göttliche Erleuchtung empfangen haben, sollen Licht auf den dunkeln Weg derer strahlen, die mit dem besseren Weg unbekannt sind. Die Kraft, welche durch unseren Umgang auf andere ausgeübt wird, muss durch den Geist Christi geheiligt, angewendet werden, um Seelen zu Christo zu ziehen. Christus soll nicht in dem Herzen als ein begehrenswerter Schatz verborgen werden, heilig und geliebt, dessen sich nur der Besitzer erfreut. Christus soll in uns sein wie ein Wasserbrunnen, der in das ewige Leben quillt und alle erquickt, die mit uns Umgang pflegen.