Das Spiegelprinzip - Kapitel 34 - Feuer im Lager!
Übersetzt von Franziska Bunkus, editiert von Jutta Deichsel
Kapitel 34 - Feuer im Lager!
Lasst uns unseren Blick abwenden von den abstrakten Dingen des Himmels und malen wir uns einen Vater aus, der das Gejammer seiner Kinder anhört. Wir sehen, wie er so zornig wird, dass er ein Feuer entzündet und seine jammernden Kinder in Flammen aufgehen lässt. Wagen wir es, unseren Blick darauf zu richten und in die Gesichter der Kinder zu schauen? Erkennen wir das Dämmern in ihren Gesichtern, wenn ihnen klar wird, dass sie ihrem Vater so wenig wert waren, dass er nicht nur daran dachte, sie zu verbrennen, sondern es tatsächlich tut? Halten wir uns die Ohren zu, wenn sie in Todesangst schreien und ihre Körper in der sengenden Hitze der Flammen dahinschmelzen?
Im menschlichen Bereich schrecken wir sicherlich vor einem solch entsetzlichen Gedanken zurück. Aber wie kommt es, dass der menschliche Verstand diesen Horror ausblendet, wenn er in den himmlischen Bereich blickt? Irgendwie wischt die Auffassung von der göttlichen Gerechtigkeit den Horror weg, bringt die fragenden Blicke zum Schweigen, und scheint viele in dem Glauben zu bestärken, dass Gott in Seinem Streben nach Gerechtigkeit Seine bösen Kinder bei lebendigem Leib verbrennt.
Betrachten wir den nackten Text der Heiligen Schrift außerhalb des Angesichtes von Christus und denken über seine Bedeutung nach:
Und es geschah, dass das Volk sich sehr beklagte, und das war böse in den Ohren des HERRN; und als der HERR es hörte, da entbrannte Sein Zorn, und das Feuer des HERRN brannte unter ihnen und fraß am Ende des Lagers. (4.Mose 11,1 Schlachter)
Reiben wir uns die Augen und lesen den Text ein zweites Mal, um sicherzugehen, dass wir ihn richtig lesen? Stimmt es, dass Gott sich bei einer Stimmungsschwankung in eine feuerspeiende Maschine verwandeln kann, die alle vernichtet, die Ihm missfallen? Warum scheint es so zu sein? Haben die Werkzeuge, die wir zusammengetragen haben, schon einen Platz in unserem Bewusstsein gefunden? Können wir in diesem Text ein Spiegelbild unseres eigenen Angesichts erkennen? Sehen wir die Bilder der Männer und Frauen, die im finsteren Mittelalter an Pfähle gebunden und im Namen der Religion lebendig verbrannt wurden?
Wir erinnern uns daran, dass wir, um sicher zu sein, ob Gott in einer bestimmten Weise handelt, in das Antlitz Jesu in den Evangelien schauen müssen, um zu sehen, ob Er etwas Derartiges getan hat. Es gibt keinerlei Hinweise auf eine solche Handlung. Daher können wir sicher sein, dass wir hier in den Spiegel der menschlichen Verderbtheit schauen. Die Heilige Schrift fängt das Spiegelbild des menschlichen Angesichts perfekt ein, welches imstande ist, so verärgert zu werden, dass es diejenigen vernichtet, die ihm missfallen.
Machen wir uns nun daran, die Decke vor unseren Augen zu entfernen und in das Antlitz des Sohnes Gottes zu schauen, um diese Geschichte in Einklang mit der Offenbarung Jesu Christi zu bringen.
Und das Volk ist böse, wie die, die aus Gewohnheit vor den Ohren Jehovas seufzen, und Jehova hört es, und Sein Zorn entbrennt, und das Feuer Jehovas brennt unter ihnen und verzehrt am äußersten Ende des Lagers. (4.Mose 11,1 engl. NLT)
Wenn wir den wörtlichen hebräischen Text lesen, fällt uns als Erstes auf, dass das Volk durch sein Klagen etwas Böses tat. Es handelt sich nicht um ein einfaches Jammern; es ist etwas Böses, was sie tun.
Inzwischen sollten wir den Begriff Gottes Zorn so verstehen, dass Er Sein Angesicht vor Kummer verbirgt, um diejenigen, die rebellieren, ernten zu lassen, was sie gesät haben. Eine Sache, die wir bisher nicht betrachtet haben, ist das Wort für Gottes Zorn.
H639 Aph Von H599; [Anaph: schwer atmen] richtigerweise die Nase oder das Nasenloch; folglich das Gesicht, und gelegentlich eine Person; auch (schnelles Atmen in Leidenschaft) ire: - Zorn (-ig), + vor, Antlitz, Gesicht, + Duldsamkeit, Stirn, + [langes-] Leiden, Nase, Nasenloch, Schnauze, X würdig, Grimm.
Das hebräische Wort bedeutet schnelles Atmen durch die Nase. Das kann sowohl durch Zorn, als auch durch Leid und Kummer ausgelöst sein. Mit dem Wissen, dass Seine Kinder unweigerlich Leid erfahren werden, weil sie Seine Bitten, sich von der Sünde abzuwenden, ignorieren, erkennen wir ein Bild von Gott, der vor Kummer weint. Das ist das Bild, das wir von Jesus sehen, als Er in Matthäus 23 zu den jüdischen Führern redete; Seine Augen sind mit Tränen gefüllt, als Er brennende Worte an sie richtet. Er möchte nicht, dass sie in ihren Sünden sterben; Er will sie retten, darum scheint Er zornig zu sein. Genau dasselbe passiert auch in der Geschichte aus 4.Mose 11. Allein der Ausdruck „Sein Zorn entbrannte“ stellt eine direkte Verbindung zu unserer Definition von Gottes Zorn her.
So wird zu jener Zeit Mein Zorn über es entbrennen, und Ich werde es verlassen und Mein Angesicht vor ihm verbergen, dass sie verzehrt werden; und viele Übel und Drangsale werden es treffen, und es wird an jenem Tag sagen: »Haben mich nicht alle diese Übel getroffen, weil mein Gott nicht in meiner Mitte ist?« (5.Mose 31,17 Schlachter)
Wie wir bereits festgestellt haben, gehören Gottes Zorn und die Schutzmauer der Engel zusammen. Wenn Gott Sein Angesicht verbirgt, bedeutet das, dass die Engel, die die Menschen beschützen, sich langsam zurückziehen.
… da Er ihr Vieh schlug mit Hagel und ihre Herden mit Wetterstrahlen; da Er böse Engel unter sie sandte [losließ] in Seinem grimmigen Zorn und ließ sie toben und wüten und Leid tun; ... (Psalm 78,49 Luther 1912)
Wenn Gott Sein Angesicht verbirgt, werden Satan und seine Engel losgelassen, um ihr Werk der Zerstörung zu vollbringen. Das hebräische Wort für senden kann auch mit loslassen übersetzt werden. Der Leser entscheidet über die Bedeutung. Gott wirkt nicht mit bösen Engeln zusammen; sie arbeiten nicht für Gott. Gute Engel lieben es zu retten, aber böse Engel lieben es zu zerstören - so ermutigen sie Menschen dazu, das Gesetz zu brechen, damit sie dann das Recht einfordern können, uns Schmerzen zuzufügen.
Wenn Satan die Möglichkeit bekommt, direkter auf die Menschen einzuwirken, kann er ihren Geist so sehr mit Gewalt und Bosheit aufstacheln, dass die Erde anfängt, sie auszuspeien.
Denn das Land liegt entweiht unter ihren Bewohnern; denn sie haben die Gesetze übertreten, die Satzungen abgeändert, den ewigen Bund gebrochen! Darum hat der Fluch das Land verzehrt, und die darin wohnen, müssen es büßen; darum sind die Bewohner des Landes von der Glut verzehrt, und nur wenige Menschen sind übrig geblieben. (Jesaja 24,5.6 Schlachter)
Wie wir schon bei den Plagen in Ägypten gesehen haben, zieht sich Gott nur schrittweise zurück. Er verlässt die Menschen nicht sofort, es sei denn, sie sind in absoluter Rebellion. Er möchte, dass die Menschen sich ihrer Situation bewusst werden und zieht sich nach und nach zurück. Je mehr Gott sich zurückzieht, desto mehr kann Satan die Menschen zur Rebellion verführen, was wiederum die Erde stärker beeinflussen kann.
Mit Hilfe unserer Werkzeuge des Evangeliumscharakters, der zwei Spiegel, des Schutzes der Engel und des Erdenfluchs fängt diese Geschichte an, einen Sinn zu ergeben. Wenn wir noch einmal in das Leben Christi schauen, entdecken wir einen weiteren wichtigen Hinweis darauf, warum es nicht Gott persönlich war, der das Feuer über das Volk schickte.
Es geschah aber, als sich die Tage Seiner Wiederaufnahme in den Himmel erfüllten und Er Sein Angesicht entschlossen nach Jerusalem richtete, um dorthin zu reisen, da sandte Er Boten vor sich her. Diese kamen auf ihrer Reise in ein Samariterdorf und wollten Ihm die Herberge bereiten. Aber man nahm Ihn nicht auf, weil Jerusalem Sein Reiseziel war.
Als aber Seine Jünger Jakobus und Johannes das sahen, sagten sie: Herr, willst du, dass wir sprechen, dass Feuer vom Himmel herabfallen und sie verzehren soll, wie es auch Elia getan hat?
Er aber wandte sich um und ermahnte sie ernstlich und sprach: Wisst ihr nicht, welches Geistes Kinder ihr seid? Denn der Sohn des Menschen ist nicht gekommen, um die Seelen der Menschen zu verderben, sondern zu erretten! Und sie zogen in ein anderes Dorf. (Lukas 9,51-56 Schlachter)
Jesus rügte die Jünger für ihre Einstellung gegenüber den Samaritern. Er sagte nicht: „Jetzt ist nicht der passende Zeitpunkt dafür“; Er sagte: „Das ist nicht Mein Geist“. Wenn wir uns das griechische Wort Geist genauer anschauen, sehen wir Folgendes:
G4151 pneuma. Von G4154; ein Luftstrom, d.h. Atem(stoß) oder eine Brise; sinngemäß oder bildlich ein Geist, d.h. (menschlich) die vernunftbegabte Seele, (damit verbunden) der Lebensgrundsatz, die geistige Einstellung usw., oder (übermenschlich) ein Engel, Dämon oder (göttlicher) Gott, der Geist Christi, der Heilige Geist: - Seele, Leben, Geist (-ig), Gemüt. Vergleiche G5590.
Jesus sagt den Jüngern, dass es nicht Sein Lebensgrundsatz ist, Menschen lebendig zu verbrennen; es ist nicht Seine geistige Einstellung, diejenigen zu verzehren, die Ihn respektlos behandeln. Die Tragweite dieser Aussage Jesu ist so gewaltig, dass es uns nicht wundert, dass viele Bibelübersetzungen sie nicht enthalten. Aber ich glaube, dass es ein wichtiger Beweis dafür ist, wie Gottes Charakter wirklich ist.
Jesu absolute Weigerung, die Samariter mit Feuer zu vernichten, mit der Begründung, das es Seinem Geist widerspräche, ist das entscheidende Puzzleteil, um zu zeigen, dass Gott die Israeliten am Rande des Lagers nicht verbrannt hat. Wenn Jesus die Offenbarung des Vaters ist, wie Er es von sich beansprucht hat, dann sind solche Vorstellungen unmöglich.
Wir erinnern uns aus Kapitel 27, dass die Dunkelheit, die Blitze und das Feuer am Berg Sinai vielmehr die Gedanken der Menschen widerspiegeln als die von Gott. Dieses Prinzip zeigt sich auch in dieser Geschichte.
Und die Herrlichkeit des HERRN war vor den Augen der Kinder Israels wie ein verzehrendes Feuer oben auf dem Gipfel des Berges. (2.Mose 24,17 Schlachter)
Die Kinder Israel stellten sich Gott als ein verzehrendes Feuer vor, und als Gott Sein Angesicht verbarg, ließen die Elemente mit Hilfe von Satans Einfluss Feuer in das Lager eindringen und vernichteten das Volk. So wie diese Menschen Gott richteten, so wurden sie von den Elementen nach ihren eigenen Gedanken gerichtet. Die Menschen, die es sahen, konnten sich nichts anderes vorstellen, als dass Gott diese Menschen getötet hat; die menschliche Natur macht letztendlich Gott oder ihre höchste Wahrnehmung des Göttlichen für Unheil verantwortlich.
Wie wunderbar ist das Wort Gottes als Richter der Gedanken und Gesinnungen des Herzens! Diese Texte der Heiligen Schrift offenbaren den Prozess, wie Menschen Katastrophen und Unheil auf Gott projizieren und Ihn zum Aggressor machen. Gott ist gezwungen, das Urteil zu akzeptieren, weil die Menschen die Heilige Schrift nicht durch die Offenbarung Seines Sohnes lesen. Ich bete, dass die Grundsätze, die wir hier teilen, die Geschichten des Alten Testaments verständlicher machen. Ich bete, dass du die überfließende Freude in deinem Herzen spürst, die uns überkommt, wenn wir erkennen, dass unser Vater nie jemanden verletzt.
Wir werden die weiteren Kapitel dieses Buches nach und nach veröffentlichen, sobald sie fertig übersetzt sind. Alle Kapitel findest du hier.
Das englische Original: Mirror Principle
Anmerkung:
Der Autor Adrian Ebens hat in seinem neuen Buch „Das Spiegelprinzip“ (Mirror Principle) vorwiegend die englische Bibelübersetzung „New Living Translation“ benutzt. Um dem in unserer deutschen Übersetzung zu entsprechen, haben wir vorwiegend aus den deutschen Bibelübersetzungen „Hoffnung für Alle“ und aus der „Gute Nachricht Bibel 2018“ zitiert, und auch einige andere Bibelübersetzungen benutzt. Die jeweils benutzte Version ist immer hinter der Bibelvers-Angabe angeführt.
Abkürzungen:
HFA – Hoffnung für Alle
GN – Gute Nachricht Bibel 2018
Schlachter – Schlachter 2000