Aus "Warum musste Jesus sterben"
Halte einen Moment inne und denke darüber nach, was Versöhnung bedeutet. Die Existenz von Feindschaft ist die einzige Notwendigkeit für Versöhnung. Wo es keine Feindschaft gibt, gibt es auch keine Notwendigkeit zur Versöhnung. Der Mensch ist von Natur aus von Gott entfremdet; er ist ein Rebell, voller Feindschaft. Deshalb muss der Mensch versöhnt werden - seine Feindschaft muss weggenommen werden. Aber Gott hat keine Feindschaft in Seinem Wesen. "Gott ist Liebe." Folglich gibt es für Ihn keine Notwendigkeit, versöhnt zu werden; es gibt keine Möglichkeit einer solchen Sache, denn es braucht keine Versöhnung geben, wo es keine Feindschaft gegeben hat.
Und weiter: "Denn so [sehr] hat Gott die Welt geliebt, dass Er Seinen eingeborenen Sohn gab, damit jeder, der an Ihn glaubt, nicht verlorengeht, sondern ewiges Leben hat.." Johannes 3,16. Diejenigen, die behaupten, der Tod Christi habe Gott mit den Menschen versöhnt, haben diesen gesegneten Text wohl vergessen. So etwas würde den Vater und den Sohn voneinander trennen und den ersteren zum Feind und den letzteren zum Freund des Menschen machen. Aber Gottes Herz war so übervoll von Liebe zu den gefallenen Menschen, dass Er "Seinen eigenen Sohn nicht verschonte, sondern Ihn für uns alle dahingab", und dabei gab Er sich selbst hin, denn "Gott war in Christus und versöhnte die Welt mit sich selbst." Der Apostel Paulus spricht von "der Gemeinde Gottes, die Er durch Sein eigenes Blut erworben hat!". Apostelgeschichte 20,28. Damit ist der Gedanke, dass Gott den Menschen gegenüber feindlich gesinnt war und versöhnt werden musste, endgültig ausgeräumt. Der Tod Christi war der Ausdruck der wunderbaren Liebe Gottes zu den Sündern.
Überlege weiter, was Versöhnung bedeutet. Sie bedeutet eine Veränderung auf Seiten des Versöhnten. Wenn jemand in seinem Herzen Feindschaft gegen einen anderen hegt, muss eine radikale Veränderung in ihm stattfinden, bevor er versöhnt ist. Das ist beim Menschen der Fall. "Darum: Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Schöpfung; das Alte ist vergangen; siehe, es ist alles neu geworden! Das alles aber [kommt] von Gott, der uns mit sich selbst versöhnt hat durch Jesus Christus und uns den Dienst der Versöhnung gegeben hat;" 2. Korinther 5,17.18. Aber von der Notwendigkeit zu sprechen, dass Gott mit den Menschen versöhnt werden muss, bedeutet nicht nur zu sagen, dass Er Feindschaft in Seinem Herzen hegte, sondern auch zu sagen, dass Gott teilweise im Unrecht war und dass eine Veränderung sowohl in Ihm als auch im Menschen stattfinden musste. Wenn es nicht die Unschuld der Unwissenheit wäre, in der die Menschen davon reden würden, dass Gott mit den Menschen versöhnt wurde, wäre das Gotteslästerung. Das ist eine der "großen Dinge und Lästerungen", die das Papsttum gegen Gott ausgesprochen hat. Wir sollten das nicht nachahmen.
(E. J. Waggoner, The Present Truth, September 21, 1893)