Maranatha Media: German

Das Spiegelprinzip - Kapitel 46 - Die Abschlachtung der Midianiter

veröffentlicht Feb 15, 2024 von Adrian Ebens in Der Charakter Gottes
Übersetzt von Franziska Bunkus, editiert von Jutta Deichsel
512 Treffer

Kapitel 46 - Die Abschlachtung der Midianiter

Wir haben uns angeschaut, wie in einer der schönsten Aussagen der Bibel eine unbewusste Feindschaft enthalten ist.

Und nun vergib ihnen doch ihre Sünde; wenn aber nicht, so tilge mich aus Deinem Buch, das Du geschrieben hast! (2.Mose 32,32 Schlachter)

Am Berg Sinai ringt Mose gedanklich zwischen den Grenzen der göttlichen Vergebung und dem Gerechtigkeitssystem, das alle Menschen verstehen: den Tod als Strafe für Übertretungen. Als junger Mann bewies Mose seine Überzeugung, dass der Schuldige mit dem Tod bestraft werden muss.

Es geschah aber zu der Zeit, als Mose erwachsen geworden war, da ging er hinaus zu seinen Brüdern und sah ihre Lasten; und er sah, dass ein Ägypter einen Hebräer schlug, einen seiner Brüder. Da schaute er sich nach allen Seiten um, und als er sah, dass kein Mensch anwesend war, erschlug er den Ägypter und verscharrte ihn im Sand. (2.Mose 2,11.12 Schlachter)

Vierzig Jahre in der Wüste, wo er Schafe hütete, milderten diese Vergeltungsgefühle in Mose. Aber ohne die vollständige Offenbarung des Charakters Gottes, wie er in Christus offenbart wurde, war es äußerst schwierig, diese falsche Vorstellung vollständig loszuwerden.

Da Gott weiß, wie schwer es ist, solch tief verwurzelte Irrtümer im Menschen zu beseitigen und Er ihm kein anderes Verständnis aufzwingen will, lehrt Er den Menschen dort, wo er steht, und zeichnet die Einzelheiten Seiner Bemühungen, ihn zu erreichen, auf, damit der Mensch eines Tages in der Zukunft die Teile zusammensetzen und zu einem genaueren Verständnis von Gottes Charakter und Seiner Gerechtigkeit kommen kann. Das ist alles, was Gott tun kann und was Er seit 6000 Jahren tut: Er geht mit den Menschen durch ihr verfinstertes Verständnis, während sie die bitteren Früchte ihrer Entscheidungen schmecken, und spricht dabei sanft durch Seinen Geist zu ihnen von einem besseren Weg.

Aber Mose war ein sehr sanftmütiger Mann, sanftmütiger als alle Menschen auf Erden. (4.Mose 12,3 Schlachter)

Mose war der geduldigste und fürsorglichste Mensch auf der Welt zu dieser Zeit und es gab nur wenige nach ihm, die dieses Maß an Sanftmut besaßen. Doch der verborgene Verrat aus Adams Zeiten war immer noch in seinem Charakter verborgen. Unser himmlischer Vater wollte Mose von dieser unerkannten Feindschaft befreien.

Die einzige Möglichkeit, dies zu tun, bestand darin, den natürlichen Neigungen von Mose in einer schwierigen Situation zu erlauben, überfließend zu werden. Dadurch könnte Gottes Gnade noch viel überfließender werden. In dem Moment, als Mose im Zorn über die Undankbarkeit des Volkes zweimal gegen den Felsen schlug, kam die verborgene Feindschaft in ihm zum Vorschein. Das Schlagen des Felsens war ein Symbol für das Schlagen von Christus. Bevor Mose auf den Berg Nebo stieg und sterben würde, offenbarte Gott ihm die Tiefe seiner Feindseligkeit in einem solchen Ausmaß, dass deutlich sichtbar wurde, dass Mose dieselbe Natur besaß wie der Pharao, der ihn als Säugling töten wollte.

Im letzten Kapitel haben wir gelesen, wie die Schuldigen in Israel getötet wurden, weil sie Götzendienst und sexuelle Unmoral im Lager zugelassen haben. Nun war es an der Zeit, dass die schuldigen Völker Moab und Midian ernteten, was sie gesät hatten. Gott sagt zu Mose:

Nimm für die Kinder Israels Rache an den Midianitern; danach sollst du zu deinem Volk versammelt werden! (4.Mose 31,2 Schlachter)

Es ist seine letzte Aufgabe, bevor er stirbt: Rache an den Midianitern zu üben. Aber wessen Rache wurde hier befriedigt? Schauen wir uns zwei andere Übersetzungen an:

Übe die Rache der Söhne Israels an den Midianitern - danach wirst du zu deinem Volk versammelt. (4.Mose 31,2 engl. YLT)

Lasst [die Söhne Israels sich mit Strafe rächen] an den Midianitern; und zuletzt wirst du deinem Volk hinzugefügt. (4.Mose 31,2 engl. Apostolic Polyglot)

Was verstanden Mose und die Israeliten unter Rache?

Da redete Mose zu dem Volk und sprach: Rüstet unter euch Männer zu einem Kriegszug, und zwar gegen Midian, dass sie die Rache des HERRN an den Midianitern vollstrecken! (4.Mose 31,3 Schlachter)

Rache bedeutete für Mose, diejenigen zu töten und zu vernichten, die Unrecht getan hatten. Mose bezeichnete hier die menschliche Rache als Gottes Rache. Dies ist eine Projektion der Charaktereigenschaften Israels, einschließlich Moses, auf Gott. Bileams listiger Verrat im Bund mit den Midianitern entfachte Moses Zorn und führte dazu, dass das Maß seiner Ungerechtigkeit voll wurde (Römer 5,20).

Gott sprach zu Mose von der Rache der Söhne Israels. Mose sprach von der Rache Jehovas. Mose fordert die Israeliten auf, sich für den Krieg zu rüsten. Gott erwähnte das Wort Kriegszug oder sich rüsten jedoch gar nicht. Wie rächt sich Gott an Seinen Feinden?

Rächt euch nicht selbst, Geliebte, sondern gebt Raum dem Zorn Gottes; denn es steht geschrieben: »Mein ist die Rache; Ich will vergelten, spricht der Herr«. »Wenn nun dein Feind Hunger hat, so gib ihm zu essen; wenn er Durst hat, dann gib ihm zu trinken! Wenn du das tust, wirst du feurige Kohlen auf sein Haupt sammeln.« (Römer 12,19.20 Schlachter)

Gottes Rache speist Seine Feinde und gibt ihnen zu trinken. Wenn dir dein Feind Gutes tut, quält das dein Gewissen (vorausgesetzt, es gibt noch ein Gewissen), und verursacht großes Unbehagen in deiner Seele. So macht Gott Seine Feinde (zu denen alle Menschen in ihrem natürlichen Zustand gehören) zu Seinen Freunden: Seine Güte uns gegenüber leitet uns zur Umkehr und Versöhnung. (Römer 2,4).

Wie behandelte Elisa seine Feinde?

Als der König von Israel seine Feinde sah, fragte er Elisa: »Mein Vater, was rätst du mir? Soll ich sie alle umbringen lassen? Soll ich sie erschlagen?« »Nein, das sollst du nicht!«, entgegnete der Prophet. »Du würdest doch nicht einmal Soldaten erschlagen, die du im Kampf gefangen genommen hast! Gib ihnen zu essen und zu trinken, und dann lass sie zurück zu ihrem Herrn ziehen.«

Da ließ der König den Syrern ein herrliches Festmahl auftischen. Nachdem sie gegessen und getrunken hatten, durften sie in ihr Land zurückkehren. Von da an unternahmen die syrischen Truppen keine Raubzüge mehr auf israelitisches Gebiet. (2.Könige 6,21-23 HFA)

Warum kamen die syrischen Räuberbanden nicht mehr in das Land Israel? Wegen der feurigen Kohlen auf ihren Häuptern. Diese Soldaten dachten, sie müssten sterben. Dass sie stattdessen mit einem großen Festmahl beschenkt wurden, ging ihnen zu Herzen und sie schämten sich dafür, dass sie die Israeliten töten wollten, deshalb griffen sie Israel nicht mehr an.

Aber wie wir schon sagten, war es nicht Gottes Rache, die vollstreckt wurde, sondern die Rache Israels. Indem er sagte, es sei Gottes Rache, schlug Mose den Felsen, ein Symbol für Christus, erneut. Es war eine Manifestation der verborgenen Feindschaft, die ihren Ursprung im Herzen Adams hat.

Der sanftmütigste Mensch auf Erden offenbart plötzlich die verborgene Feindschaft in ihm, indem er die Midianiter abschlachten will. Hätte Gott nicht die Worte gesprochen, die Er sprach, wäre diese verborgene Feindschaft wohl nicht zum Vorschein gekommen.

Es ist das Missverstehen dessen, was Gott meint, das dazu führt, dass Gott in Dunkelheit gehüllt wird. Anders ausgedrückt: Es ist die Projektion der Gedanken des Menschen auf die Worte Gottes, die Gott in Finsternis gekleidet erscheinen lässt. Es gibt keine Finsternis in Gott, aber weil die Menschen, die Gott repräsentieren, Seinen Charakter missverstehen, ist Gott von Finsternis umgeben. Die Finsternis ist der von Seinen Nachfolgern falsch dargestellte Gott.

Es ist lebenswichtig, dass die Tiefe der Feindschaft in Mose offenbart wird, bevor er stirbt. Gott tut das nicht, um Mose zu verurteilen, sondern damit Mose überfließende Gnade empfangen kann. Gott verurteilt nie; Er überführt nur, um die Feindschaft zu heilen und eine tiefere Versöhnung zu ermöglichen. Es ist der Mensch, der in seinem falschen Verständnis dieses Werk der Überführung als Verurteilung empfindet und so in Schuld und Angst zugrunde geht.

Israel zog in den Krieg gegen Midian mit dem Gedanken, dass sie Gottes Krieg führen und Seine Rache üben. Die Midianiter wurden dezimiert. Israel sorgte dafür, dass auch Bileam, der falsche Prophet, vernichtet wurde. Aber als sie zurückkehrten, reagierte Mose sehr zornig.

Und Mose wurde zornig über die Befehlshaber des Heeres, die Obersten über Tausend und die Obersten über Hundert, die vom Feldzug kamen. Und Mose sprach zu ihnen: Habt ihr alle Frauen am Leben gelassen? Siehe, sie haben ja in der Sache des Peor durch den Rat Bileams die Kinder Israels vom HERRN abgewandt, sodass der Gemeinde des HERRN die Plage widerfuhr! So tötet nun alles, was männlich ist unter den Kindern, und tötet alle Frauen, die einen Mann im Beischlaf erkannt haben; … (4.Mose 31,14-17 Schlachter)

Hat Gott zu Mose irgendetwas davon gesagt, kleine Jungs zu töten? Auf welche Weise verführten die kleinen midianitischen Jungen Israel und wie verursachten sie die Plage? Alle Frauen, die jemals mit einem Mann geschlafen hatten, wurden getötet. Aber die Mädchen, die nicht mit einem Mann geschlafen hatten, wurden am Leben gelassen, um darauf vorbereitet zu werden, mit den israelitischen Männern zu schlafen und ihre Sklavinnen zu werden.

Es ist nicht schwer, die menschliche Logik zu verstehen, warum die Frauen getötet wurden, aber im Lichte des Charakters Jesu, der der Frau, die beim Ehebruch ertappt wurde, vergab, wird uns allen bewusst, wo unser Herz in dieser Frage steht.

Moses Leben wurde verschont, als der ägyptische Pharao befahl, alle kleinen israelitischen Jungen zu töten und die Mädchen zu verschonen.

Den israelitischen Hebammen Schifra und Pua befahl der ägyptische König: »Wenn ihr von den hebräischen Frauen zur Geburt gerufen werdet und seht, dass ein Junge zur Welt kommt, dann tötet ihn sofort! Ist es ein Mädchen, könnt ihr es am Leben lassen!« Aber aus Ehrfurcht vor Gott hielten sich die Hebammen nicht an den königlichen Befehl, sondern ließen die Jungen am Leben. (2.Mose 1,15-17 HFA)

Interessant ist auch, dass Mose auf seiner Flucht aus Ägypten im Land Midian Zuflucht fand.

Und es kam vor den Pharao, und der trachtete danach, Mose umzubringen. Aber Mose floh vor dem Pharao und hielt sich im Land Midian auf. Und er setzte sich an einen Brunnen. (2.Mose 2,15 Schlachter)

Mose heiratete die Tochter von Jethro, dem Priester von Midian (2.Mose 2,16-21). All diese Dinge sollten uns erschaudern lassen. Mose war der sanftmütigste Mann, der je gelebt hat. Doch als die entscheidende Prüfung kam, zeigte sich, dass Mose die gleichen Eigenschaften hatte wie der Pharao, der die israelitischen Babys töten ließ.

Wenn du wirklich wissen willst, was tief in deiner Seele verborgen ist, dann schau in das Gesicht von Mose und du siehst dich selbst. Denn alles, was zuvor geschrieben worden ist, wurde zu unserer Belehrung geschrieben (Römer 15,4). Es gibt nichts Gutes im Menschen; es gibt keinen, der nach Gott sucht (Römer 3,11.12). Wie Jesus uns sagte, ist niemand gut als Gott allein.

In der Ermordung der Könige Midians und ihrer Männer sehen wir die Opferung der Schuldigen. Auch in den Frauen, die die israelitischen Männer verführten, erkennen wir die Opferung der Schuldigen. Im Tod der Frauen, die Israel nicht verführt hatten, und der kleinen Knaben sehen wir das Opfer der Unschuldigen - und damit ist die Versöhnung der stellvertretenden Bestrafung vollendet. All das ist ein Widerhall der Anklage im Garten: „Das Weib, das Du (der Sohn) mir gegeben hast ...“ Das schuldige Weib und der unschuldige Sohn werden zum Tode verurteilt, damit die Versöhnung für Adam komplett ist.

Der Rest des Kapitels handelt von der Kriegsbeute, wie sie aufgeteilt wurde und was davon Gott geweiht wurde. Dann lesen wir etwas außerordentlich Wichtiges zum Thema Versöhnung:

Darum bringen wir dem HERRN eine Opfergabe, was jeder gefunden hat von goldenem Geschmeide, Fußketten, Armbänder, Fingerringe, Ohrringe und Spangen, um für unsere Seelen Sühnung zu tun vor dem HERRN! (4.Mose 31,50 Schlachter)

Indem sie die Midianiter töteten, die Kriegsbeute mitnahmen und Gott ein Opfer darbrachten, erwirkten die Israeliten Sühnung (Versöhnung) für ihre Seelen. Aber wie kann ein Mensch für seine Seele Versöhnung erwirken, wenn da niemand gerecht ist, auch nicht einer? Wie Gott sagte, war es Israels Rache, die befriedigt werden sollte, also war auch die Versöhnung für sie selbst.

Für einen kurzen Moment erscheint Mose wie Pharao, mit demselben Samen der Feindschaft, getrieben von dem Wunsch, sein Volk zu erhalten. Der entscheidende Punkt, an den wir uns erinnern müssen, ist, dass Gott niemanden für sein Versagen verurteilt, sondern uns nur die Wahrheit unseres eigenen Wesens zeigt, damit Er uns Gnade und geistliche Heilung schenken kann, wenn wir diese Wahrheit anerkennen.

Viele reagieren entsetzt auf die Vorstellung, dass Mose falsch gehandelt hat. Das zeugt davon, dass sie versuchen, die verborgene Feindschaft in ihren Herzen zu rechtfertigen. Jesus ordnete nie an, jemanden zu töten; das gehört nicht zu Seinem Charakter. Christus ertrug das Kreuz im Tod all dieser Midianiter, damit der Prozess des Evangeliums in Mose vollendet werden konnte.

Lasst uns das recht verstehen: Die Midianiter ernteten die natürlichen Konsequenzen ihrer Entscheidungen. Sie wollten Israel vernichten, darum ließ Gott zu, dass die Sünden der Väter an den Kindern heimgesucht wurden. Gott hat die Auswirkungen nicht verhindert, aber das Abschlachten der Midianiter repräsentiert nicht den Charakter Gottes.

Ich bete dafür, dass, wenn wir all diese Geschichten mit neuen Augen lesen, das Spiegelprinzip eine viel größere Bedeutung erlangt. Wenn wir in der Heiligen Schrift von Sühne (Versöhnung) lesen, ist das ein Spiegelbild der menschlichen Sühne. Gottes Gedanken sind nicht unsere Gedanken, aber Er begegnet uns dort, wo wir sind. Ich bete, dass die ganze Verderbtheit der menschlichen Natur offenbart und in den Staub geworfen wird, damit wir uns alle an Christus als unsere einzige Hoffnung auf Errettung klammern. Es gibt keinen, der gut ist, nein, nicht einen. Deshalb wurde uns diese Geschichte gegeben:

Alle diese Dinge aber, die jenen widerfuhren, sind Vorbilder, und sie wurden zur Warnung für uns aufgeschrieben, auf die das Ende der Weltzeiten gekommen ist. (1.Korinther 10,11 Schlachter)

Wir sind alle aus demselben Holz geschnitzt wie Mose und Pharao. Wir haben das Potenzial, genau das zu tun, was sie taten, selbst wenn wir der sanftmütigste Mensch auf Erden sind.

 

 

Wir werden die weiteren Kapitel dieses Buches nach und nach veröffentlichen, sobald sie fertig übersetzt sind. Alle Kapitel findest du hier.

Das englische Original: Mirror Principle

Anmerkung: 

Der Autor Adrian Ebens hat in seinem neuen Buch „Das Spiegelprinzip“ (Mirror Principle) vorwiegend die englische Bibelübersetzung „New Living Translation“ benutzt. Um dem in unserer deutschen Übersetzung zu entsprechen, haben wir vorwiegend aus den deutschen Bibelübersetzungen „Hoffnung für Alle“ und aus der „Gute Nachricht Bibel 2018“ zitiert, und auch einige andere Bibelübersetzungen benutzt. Die jeweils benutzte Version ist immer hinter der Bibelvers-Angabe angeführt.

Abkürzungen:

HFA – Hoffnung für Alle

GN – Gute Nachricht Bibel 2018

Schlachter – Schlachter 2000