Maranatha Media: German

Das Geheimnis der drei Gebete Christi in Gethsemane während Seines letzten Passahs

veröffentlicht Mai 12, 2022 von Danutasn Brown in Das ewige Evangelium
Übersetzt von Susanna Kronke, Jutta Deichsel
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Unglaublich viele Dinge geschahen am Passahfest und am ersten Tag der Ungesäuerten Brote, als Jesus umgebracht wurde. Das Lamm wurde am Donnerstag, dem Passahfest, um 15 Uhr geschlachtet. Dann, nach Sonnenuntergang am Donnerstag, dem ersten Tag der ungesäuerten Brote, ging Jesus, nachdem Er gegessen und ein letztes Mal gelehrt hatte, in den Garten Gethsemane, um zu Seinem Vater zu beten. Er nahm nur Petrus, Jakobus und Johannes mit sich - die engsten Seiner Jünger. Sie waren die drei Menschen auf der ganzen Welt, die Jesus am besten kannten; sie waren Seine besten Freunde.

Das Leiden Christi begann, als Er den Garten betrat.

Da sprach Er zu ihnen [Petrus, Jakobus und Johannes]: „Meine Seele ist tief betrübt bis zum Tod. Bleibt hier und wacht mit Mir!“ (Matthäus 26,38)

Wir wissen, dass Er wenig später dem hemmungslosen Hass der Menschen ausgeliefert wird, als Er sich verhaften lässt und sagt: „… aber dies ist eure Stunde und die Macht der Finsternis.“ (Lk 22,53). Aber kurz davor betet Er zu Seinem Vater, „... dass dieser Kelch an mir vorübergehe“. War es möglich, dass es nicht nötig war, Ihn der Macht der Finsternis zu überlassen? War es Gott, der Jesus dazu zwang, das Leiden am Kreuz durchzumachen, weil Jesus in Seinem Gebet zu Gott sagt: „Nicht mein Wille, sondern Dein Wille geschehe“?

Schauen wir uns zunächst an, was Jesus konkret betet:

„Vater, wenn Du diesen Kelch von Mir nehmen willst – doch nicht Mein, sondern Dein Wille geschehe!“ Da erschien Ihm ein Engel vom Himmel und stärkte Ihn. Und Er war in ringendem Kampf und betete inbrünstiger; Sein Schweiß wurde aber wie Blutstropfen, die auf die Erde fielen. (Lukas 22,42-44)

Was ist dieser Kelch, den Er trinken musste?

In der Offenbarung wird gesagt, dass der Menschheit der Kelch des Zorns Gottes gegeben wird:

1. Wer das Malzeichen des Tieres annimmt: „… so wird auch er von dem Glutwein Gottes trinken, der unvermischt eingeschenkt ist in dem Kelch Seines Zornes, und er wird mit Feuer und Schwefel gepeinigt werden vor den heiligen Engeln und vor dem Lamm.“ (Offenbarung 14,10)

2. ... und Babylon, der Großen, wurde vor Gott gedacht, damit Er ihr den Becher des Glutweines Seines Zornes gebe. (Offenbarung 16,19)

Dies ist ein direkter Verweis auf bekannte Passagen von Jesaja und Jeremia und war eine Redewendung, die von den Völkern jener Zeit verwendet wurde. Beachte:

Erwache! Erwache! Stehe auf, Jerusalem, die du von der Hand des Herrn den Becher Seines Zorns getrunken hast, die du den Taumelkelch getrunken und ausgeschlürft hast! (Jesaja 51,17)

Und über das Gericht, das durch Nebukadnezar, den König von Babylon, über alle Nationen kam, einschließlich Israel, sagt Gott Folgendes:

Denn auch sie werden in die Knechtschaft großer Völker und mächtiger Könige geraten, und Ich will ihnen entsprechend ihren Taten und entsprechend den Werken ihrer Hände vergelten. Denn so sprach der Herr, der Gott Israels, zu mir: Nimm diesen Kelch voll Zornwein aus Meiner Hand und gib ihn allen Völkern zu trinken, zu denen Ich dich sende, damit sie trinken und taumeln und sich wie toll gebärden vor dem Schwert, das Ich unter sie sende! (Jeremia 25,14-16)

Wir sehen hier, dass Gott ihnen „entsprechend ihrer Taten vergilt.“ Zuvor hatte Gott die Winde des Unfriedens zurückgehalten und diese Völker zur Umkehr aufgerufen, aber schließlich lässt Er sie aufgrund der Härte ihres Herzens ernten, was sie gesät haben (Gal 6,7) - Er gibt ihnen den Becher des Zorns, den Becher, den sie gewählt haben, und lässt das Schwert des Menschen wüten, nämlich Nebukadnezar, den König von Babylon. Gott sagte Nebukadnezar nicht, was er tun sollte, aber Er verstand das Verlangen der menschlichen Natur nach Macht und Krieg, und dass Nebukadnezar all diese Nationen zerstören würde.

Etwas Ähnliches geschieht in der Botschaft der drei Engel in Offenbarung 14. Babylon „tränkt (zuerst) alle Völker mit dem Glutwein ihrer Unzucht“, und sie werden zornig. Gleichzeitig wird der Welt die letzte Botschaft von Gottes Liebe gegeben, und alle Menschen müssen sich entscheiden, ob sie Gott oder das Tier anbeten wollen. Dies ist vergleichbar mit der Entscheidung, vor der die damaligen Israeliten standen - Jesus oder den Kaiser. Und was haben sie gesagt?

... Und er [Pontius Pilatus] sprach zu den Juden: Seht, das ist euer König! Sie aber schrien: Fort, fort mit Ihm! Kreuzige Ihn! Pilatus spricht zu ihnen: Euren König soll ich kreuzigen? Die obersten Priester antworteten: Wir haben keinen König als nur den Kaiser! Da übergab er ihnen [Jesus], damit Er gekreuzigt werde. Sie nahmen aber Jesus und führten Ihn weg. (Johannes 19,14-16)

Sie wählten den Kaiser und besiegelten damit ihr Schicksal. Jesus hatte über Jerusalem geweint bei Seinem triumphalen Einzug am 10. Tag des ersten Monats, dem Tag, an dem das Lamm ins Haus gebracht werden sollte bis zum Passah, das am 14. stattfand (2.Mo 12,3). Wir erkennen also, dass Jesus wusste, dass Jerusalem dem Untergang geweiht war. Worum betete Er dann in jener Nacht in Gethsemane?

Das Geheimnis der drei Gebete in Gethsemane

Während Seines ganzen Erdenlebens war Er im Licht der Gegenwart Gottes gewandelt … Jetzt aber schien Er von dem bewahrenden Licht der Gegenwart Gottes ausgeschlossen zu sein; Er wurde nun zu den Übeltätern gerechnet. Er mußte die Schuld der gefallenen Menschheit tragen; auf Ihn, der von keiner Sünde wußte, mußte alle unsere Missetat gelegt werden. So schrecklich erschien Ihm die Sünde, so groß war die Last der Schuld, die Er zu tragen hatte, daß Er befürchtete, auf ewig von der Liebe des Vaters ausgeschlossen zu werden. Als Er empfand, wie furchtbar der Zorn Gottes wegen der Übertretung Seiner Gebote ist, rief Er aus: „Meine Seele ist betrübt bis an den Tod.” (LJ 682.2)

Er betet, dass Er nicht von der Gegenwart Gottes ausgeschlossen werden muss, wie es der Übertreter fühlen wird. Aber was müsste geschehen, damit Er das nicht durchmachen muss? Wenn Gott derjenige ist, der es verlangt, dann scheint es sinnlos zu beten, weil Gottes Wille schon seit langem feststeht. (Außerdem, wenn Gott es ist, der es verlangt, hätte Jesus dann nicht schon viel früher in der Menschheitsgeschichte geboren werden können?)

Wir müssen annehmen, dass das Datum, an dem Jesus als Mensch geboren wurde, gewählt wurde, weil es das beste Datum FÜR UNS war. Es war der Zeitpunkt, an dem wir am empfänglichsten für Ihn sein würden und Seine Lehre für die Menschheit am wertvollsten sein würde. Die Lektionen von 1.500 Jahren Geschichte wären gelernt worden, einschließlich des ersten Falls von Jerusalem, und so würden die Menschen bereit sein, auf das zu hören, was Jesus sagte. Aber ist das wirklich geschehen?

Nein. Sogar in der letzten Nacht vor Jesu Gerichtsverhandlung streiten sich die Jünger darüber, wer der Größte sein wird. Sie weigern sich zu akzeptieren, dass Jesus bald sterben wird. Sie erwarten immer noch, dass sie als Fürsten über ein zeitliches Reich eingesetzt werden, das Rom besiegen wird. Hätten sie es besser verstanden, hätte Jesus dann allein durch die Kelter gehen müssen? Könnte es sein, dass Jesus dafür gebetet hat, dass Ihn jemand versteht, dass jemand an Seiner Seite bleibt, dass ein Mensch sich im Glauben mit Ihm vereint und Jesus so Seine Verbindung mit Seinem Vater aufrechterhalten kann?

Schauen wir uns an, was Jesus tatsächlich gebetet hat. Bei Matthäus und Lukas sagt Er:

Mein Vater! Ist es möglich, so gehe dieser Kelch an Mir vorüber; doch nicht wie Ich will, sondern wie Du willst! (Matthäus 26,39)

Aber bei Markus steht es etwas anders. Jesus betet:

Abba, Vater! Alles ist Dir möglich; nimm diesen Kelch von Mir! Doch nicht, was Ich will, sondern was Du willst! (Markus 14,36)

„Alles ist Dir möglich.“ Auch wenn es scheint, dass niemand verstanden hat, weiß Ich, dass es möglich ist, dass Du sie noch erreichen kannst. Bitte versuche es noch ein letztes Mal. Und auf wen würde Jesus Seine Hoffnung auf Mitgefühl und Barmherzigkeit setzen? Wäre es nicht bei den drei Jüngern, die Ihm am nächsten standen und Ihn leiden sahen?

Als sie den Garten erreichten, bemerkten die Jünger die Veränderung, die mit ihrem Herrn vor sich gegangen war; sie hatten Ihn noch nie so über alle Maßen traurig und still gesehen. Je weiter Er ging, desto tiefer wurde diese ungewöhnliche Betrübnis; dennoch wagten sie nicht, Ihn nach der Ursache Seines Kummers zu fragen. Seine Gestalt schwankte, als würde Er jeden Augenblick fallen. Nachdem sie den Garten betreten hatten, schauten die Jünger besorgt nach dem Platz, an den sich Jesus gewöhnlich zurückzog, und wünschten, daß ihr Meister dort ruhen möge. Jeder Schritt, den Er nun vorwärts ging, wurde zur Anstrengung. Er stöhnte vernehmlich, als stünde Er unter einer schrecklichen Belastung. Zweimal mußten Ihn Seine Gefährten stützen, sonst wäre Er gefallen. (LJ 682.3)

Warum haben sie es nicht gewagt, Ihn nach der Ursache Seines Kummers zu fragen? Könnte es sein, dass sie tief in ihrem Inneren eine ungeheiligte Sehnsucht hegten, und die Antwort zu kennen würde bedeuten, dass diese Blase ihrer weltlicher Hoffnung zerplatzt? Oder hatten sie Angst, dass Jesus, wenn sie fragten, sie bitten würde, auch etwas davon zu tragen? Oder glaubten sie tatsächlich teilweise, dass Gott zornig auf Seinen Sohn war, und diesen Gedanken wollten sie nicht weiterverfolgen? Oder dass dies von Gott verlangt wurde, weil sie selbst eine Sünde begangen hatten?

Am Eingang des Gartens ließ Jesus alle Jünger bis auf drei zurück und forderte sie auf, für sich und für Ihn zu beten. Mit Petrus, Jakobus und Johannes ging Er in die Abgeschiedenheit des Gartens. Diese drei Jünger waren die engsten Gefährten Christi. Sie hatten Seine Herrlichkeit auf dem Berg der Verklärung gesehen; sie hatten gesehen, wie Mose und Elia mit Ihm sprachen; sie hatten die Stimme vom Himmel gehört; jetzt, in Seinem großen Kampf, wünschte Christus ihre Anwesenheit in Seiner Nähe. Oft hatten sie die Nacht mit Ihm in dieser Zuflucht verbracht. Bei diesen Gelegenheiten schliefen sie nach einer Zeit des Wachens und Betens ungestört in einiger Entfernung von ihrem Meister, bis Er sie am Morgen weckte, um von neuem an die Arbeit zu gehen. Jetzt aber wollte Er, dass sie die Nacht mit Ihm im Gebet verbrachten. Doch Er konnte es nicht ertragen, dass auch sie Zeuge der Qualen wurden, die Er erleiden musste.

„… Bleibet hier …”, sagte Er ihnen, „… und wachet mit Mir!” Matthäus 26,38.

Er ging einige Schritte abseits, gerade so weit, daß sie Ihn noch sehen und hören konnten, und fiel auf die Erde nieder. Die Sünde trennte Ihn von Seinem Vater, das fühlte Er. Der Abgrund war so breit, so dunkel und so tief, daß Sein Geist davor zurückschauderte. Er durfte Seine göttliche Macht nicht benutzen, um diesem Kampf zu entrinnen. Als Mensch mußte Er die Folgen der Sünde der Menschheit erleiden, als Mensch mußte Er den Zorn Gottes über die Übertretungen ertragen.

Die Stellung Jesu war jetzt eine andere als je zuvor. Sein Leiden läßt sich am besten mit den Worten des Propheten Sacharja ausdrücken: „Schwert, mach dich auf über Meinen Hirten, über den Mann, der Mir der nächste ist! spricht der Herr Zebaoth.” Sacharja 13,7. Als Vertreter und Bürge der sündigen Menschen litt Christus unter der göttlichen Gerechtigkeit, deren ganzen Umfang Er nun erkannte. Bisher war Er ein Fürsprecher für andere gewesen, jetzt sehnte Er sich danach, selbst einen Fürsprecher zu haben. (LJ 683.3-4)

Er wollte, dass Seine engsten Jünger, denen Er Seine Mission erklärt hatte, für Ihn beteten, Fürsprache für Ihn einlegten. Der Mensch war in einem falschen Rechtssystem gefangen, dass „jede Sünde bestraft werden muss“ (LJ 763.1), und nun würde Jesus das Lösegeld zahlen, um den Menschen zu befreien. Aber wenn die Menschen doch nur erkennen könnten, wie gut ihr Vater im Himmel ist! Nachdem sie 3 ½ Jahre mit Gottes Sohn verbracht und den liebevollen Agape-Charakter ihres Vaters in Ihm manifestiert gesehen haben, würden sie doch sicher erkennen, dass ihr Rechtssystem verdreht und pervertiert war? Würden Petrus, Jakobus und Johannes im Leiden Jesu die Wahrheit über ihre eigene Schwäche und Sündhaftigkeit, ihren eigenen Mangel an Glauben erkennen, dass das, was Jesus durchmachte, auf ihre eigene vorsätzliche Entschlossenheit zurückzuführen war, Ihn misszuverstehen? Würden sie die Tiefe ihrer Sünde erkennen und wahre Reue zeigen, indem sie das Leiden Jesu als von ihnen verursacht erkannten?

Der Geisteszustand der Jünger

Aber was wissen wir über die Jünger? Sie glaubten immer noch nicht, dass Gott den Nichtjuden Vergebung bringen würde. Sie erkannten immer noch nicht den menschlichen Hass gegenüber Gott, der sich darin offenbarte, dass die Menschen Jesus ablehnten. Sie verstanden immer noch nicht ihre eigene verdammende Natur und ihre Unfähigkeit, das Gesetz aus sich selbst zu erfüllen. Sie verließen sich immer noch auf sich selbst und vergaßen die Lektionen, die sie in der Nacht des letzten Abendmahls gelernt hatten:

  1. Die Fußwaschung - „Wenn nun ich, euer Herr und Meister, euch die Füße gewaschen habe, so sollt auch ihr einander die Füße waschen.“
  2. Wir sehen immer noch, wie sie absichtlich dem Wort Jesu widersprechen und meinen, sie wüssten mehr als Er. „Simon Petrus sagte zu Ihm: 'Herr, wohin gehst Du?' Jesus antwortete ihm: 'Wohin Ich gehe, dahin kannst du Mir jetzt nicht folgen; du sollst Mir aber hernach folgen.' Petrus sagte zu Ihm: 'Herr, warum kann ich Dir jetzt nicht folgen? Ich will mein Leben um Deinetwillen hingeben.' Jesus antwortete ihm: 'Willst du dein Leben um Meinetwillen hingeben? Wahrlich, wahrlich, Ich sage dir: Der Hahn wird nicht krähen, bis du Mich dreimal verleugnet hast.'
  3. Wir sehen Thomas, der sagt: „Wir wissen nicht, wohin Du gehst“, obwohl Jesus ihnen bereits gesagt hatte, dass Er sterben und wieder auferstehen würde. Und wir sehen Philippus, der darum bittet, den Vater zu sehen, und es würde ihm genügen; ohne zu wissen, dass Jesus ihnen die ganze Zeit den Vater gezeigt hatte. Solche Fragen kurz vor Jesu Tod hätten Ihn leicht deprimieren können, und wir können uns vorstellen, wie wir im Spiegel diese Worte Jesu mit Verzweiflung aussprechen (obwohl wir wissen, dass Er sie mit zärtlichem Mitgefühl und Mitleid sagte): „… So lange Zeit bin Ich bei euch, und du hast Mich noch nicht erkannt, Philippus? Wer Mich gesehen hat, der hat den Vater gesehen. Wie kannst du da sagen: Zeige uns den Vater? Glaubst du nicht, daß Ich im Vater bin und der Vater in Mir ist? Die Worte, die Ich zu euch rede, rede Ich nicht aus Mir selbst; und der Vater, der in Mir wohnt, der tut die Werke. Glaubt Mir, daß Ich im Vater bin und der Vater in Mir ist; wenn nicht, so glaubt Mir doch um der Werke willen!“ (Johannes 14,9-11)
  4. Und selbst nach all der Ermutigung, die Er ihnen gegeben hat, und der Verheißung, im Haus Seines Vaters wohnen zu dürfen, führt ihr Kummer über den Verlust weltlicher Hoffnungen dazu, dass sie das Geistliche nicht erkennen können. Jesus weist sie darauf hin: „Nun aber gehe Ich hin zu Dem, der Mich gesandt hat, und niemand unter euch fragt Mich: Wohin gehst Du?, sondern weil Ich euch dies gesagt habe, ist euer Herz voll Traurigkeit.“ (Johannes 16,5.6)

Jesus gerät in Gethsemane in schwere Versuchung

Was war durch dieses Opfer zu gewinnen? Wie hoffnungslos erschienen die Schuld und die Undankbarkeit der Menschen! In härtesten Zügen schilderte Satan dem Herrn die Lage: Alle jene, die für sich in Anspruch nehmen, ihre Mitmenschen in zeitlichen und geistlichen Dingen zu überragen, haben Dich verworfen. Sie suchen Dich zu vernichten, Dich, der Du der Grund, der Mittelpunkt und das Siegel aller Weissagungen bist, die ihnen als einem auserwählten Volk offenbart wurden. Einer Deiner eigenen Jünger, der Deinen Unterweisungen gelauscht hat, der einer der ersten Deiner Mitarbeiter gewesen ist, wird Dich verraten; einer Deiner eifrigsten Nachfolger wird Dich verleugnen, ja, alle werden Dich verlassen! Christi ganzes Sein wehrte sich bei diesen Gedanken. Daß jene, die Er retten wollte und die Er so sehr liebte, sich an Satans Plänen beteiligten, schnitt Ihm ins Herz. Der Widerstreit war schrecklich. Sein Maß war die Schuld Seines Volkes, Seiner Ankläger und Seines Verräters; die Schuld einer in Gottlosigkeit darniederliegenden Welt. Die Sünden der Menschen lasteten schwer auf Ihm, und das Bewußtsein des Zornes Gottes überwältigte Ihn. (LJ 684.2-3)

Alle würden Jesus verlassen und sich in unterschiedlichem Ausmaß „an Satans Plänen beteiligen“. Die Tatsache, dass die Jünger die Mission Christi immer noch nicht verstanden, zeigte, dass selbst sie durch die falschen Vorstellungen, die Satan in das jüdische Volk und die menschliche Rasse eingebracht hatte, verwirrt waren. Beachtet auch, dass der Schmerz, den Jesus empfand, im Verhältnis zur Schuld Seines Volkes stand, und daher hätten die Reue und das Verständnis des Menschen - eine Verringerung seiner Schuld - tatsächlich Jesu Leiden verringert, denn das war „sein Maß“.

Seht Ihn über den Preis nachsinnen, der für die menschliche Seele bezahlt werden muß! In Seiner Angst krallt Er sich fest in die kalte Erde, als ob Er verhindern wolle, Seinem Vater noch ferner zu rücken. Der frostige Tau der Nacht legt sich auf Seine hingestreckte Gestalt, aber Er merkt es nicht. Seinen bleichen Lippen entringt sich der qualvolle Schrei: „Mein Vater, ist’s möglich, so gehe dieser Kelch an Mir vorüber.” Und Er fügt hinzu: „Doch nicht wie Ich will, sondern wie Du willst!” Matthäus 26,39. (LJ 685.1)

Das menschliche Herz sehnt sich im Schmerz nach Anteilnahme; auch Christus war in Seinem Innersten von dieser Sehnsucht erfüllt. In äußerster seelischer Not kam Er zu Seinen Jüngern mit dem brennenden Verlangen, bei ihnen, die Er so oft gesegnet und getröstet sowie in Kummer und Verzweiflung behütet hatte, einige Worte des Trostes zu finden. Er, der für sie stets Worte des Mitgefühls gehabt hatte, litt jetzt selbst übermenschliche Schmerzen und sehnte sich danach, zu wissen, daß sie für sich und für Ihn beteten. Wie dunkel erschien die Boshaftigkeit der Sünde! Ungeheuer groß war die Versuchung, dem Menschengeschlecht selbst die Folgen der eigenen Schuld aufzubürden, während Er unschuldig vor Gott stünde. Wenn Er nur wüßte, daß Seine Jünger das erkannten und begriffen; es würde Ihn mit neuer Kraft erfüllen. (LJ 685.2)

„Seht Ihn (Jesus) über den Preis nachsinnen, der für die menschliche Seele bezahlt werden muß.“ Sicherlich, Vater, können sie es verstehen, ohne dass Ich die Strafe für die Sünde bezahlen muss! Ist das wirklich der einzige Weg? Wird es überhaupt funktionieren? Satan versucht Ihn auch damit, dass es nicht gelingen wird; es wird lediglich dazu führen, dass Jesus auf ewig umkommt, zusammen mit der Menschheit.

Satan sagte dem Herrn, daß Er als Bürge für die sündige Welt ewig von Gott getrennt wäre; Er würde dann zu Satans Reich gehören und niemals mehr mit Gott verbunden sein. (LJ 684.1)

Jesus betet darum, dass Seine Worte in die Herzen der Menschen dringen und das Gefängnis der von Satan gefälschten Gerechtigkeit aufbrechen, in dem Er sich befindet, und dass sie glauben, dass Gott wirklich ein Vater ist, der sie liebt. Jesus hatte sie gelehrt zu beten und Gott als ihren Vater anzurufen, und Er hatte sie direkt vor Seinem großen Gebet in Johannes 17 an die Güte Gottes erinnert. War diese schreckliche Erfahrung, die Er durchmachen musste, wirklich der einzige Weg für den Menschen, zur Umkehr zu kommen? Petrus, Jakobus, Johannes, seht ihr nicht, dass Gott das nicht verlangt, dass ihr es seid, die diese falschen Vorstellungen von unserem himmlischen Vater glauben? Ist eine solche Erkenntnis nicht in diesem Hinweis Jesu angedeutet, dass sie bald ein besseres Verständnis haben werden?

An jenem Tag werdet ihr in Meinem Namen bitten, und Ich sage euch nicht, daß Ich den Vater für euch bitten will; denn Er selbst, der Vater, hat euch lieb, weil ihr Mich liebt und glaubt, daß Ich von Gott ausgegangen bin. (Johannes 16,26.27)

Nachdem Jesus gebetet hat, wohin geht Er, um zu sehen, ob Gott es erhört hat und sagt, dass Er den Kelch nicht zu trinken braucht? Er geht zu Seinen Jüngern, um zu sehen, ob das Gebet durch den Geist Gottes eine Wirkung auf sie hatte. Aber obwohl der Geist Gottes bereit war, an ihren Herzen zu wirken, war ihr Fleisch schwach (Mt 26,41).

Nachdem Er sich unter quälender Mühe erhoben hatte, wankte Er zu dem Platz, an dem Er Seine Getreuen zurückgelassen hatte; aber Er „fand sie schlafend”. Matthäus 26,40. Wenn Er sie betend gefunden hätte, wie würde es Ihm geholfen haben! Wenn sie bei Gott Zuflucht gesucht hätten; damit die teuflischen Mächte sie nicht überwältigen könnten, dann wäre Er durch ihren standhaften Glauben getröstet worden. Sie hatten aber Seine mehrmalige Aufforderung: „Wachet und betet!” (Matthäus 26,41) schlecht beherzigt. Zuerst waren sie sehr beunruhigt gewesen, ihren Meister, der sonst so ruhig und würdevoll auftrat, mit einem Schmerz ringen zu sehen, der alle Fassungskraft überstieg. Sie hatten gebetet, als sie die laute Qual des Leidenden hörten, und sie wollten keineswegs ihren Herrn im Stich lassen. Doch sie schienen wie gelähmt von einer Erstarrung, die sie hätten abschütteln können, wenn sie beständig im Gebet mit Gott verbunden gewesen wären. So aber erkannten sie nicht die Notwendigkeit des Wachens und Betens, um der Versuchung widerstehen zu können. (LJ 685.3)

Kurz bevor Jesus Seine Schritte nach dem Garten lenkte, hatte Er Seinen Jüngern noch gesagt: „Ihr werdet alle an Mir Ärgernis nehmen.” Markus 14,27. Die Jünger aber hatten Ihm mit starken Worten versichert, daß sie mit Ihm ins Gefängnis und in den Tod gehen wollten. Und der bedauernswerte, selbstbewußte Petrus hatte hinzugefügt: „Und wenn sie alle an Dir Ärgernis nähmen, so doch ich nicht.” Markus 14,29. Die Jünger aber bauten auf sich selbst, sie blickten nicht auf den mächtigen Helfer, wie der Herr es ihnen geraten hatte; deshalb fand der Heiland sie schlafend, als Er ihrer Anteilnahme und ihrer Gebete am meisten bedurfte. Selbst Petrus schlief. (LJ 686.1)

Und Johannes, der liebevolle Jünger, der an Jesu Brust gelehnt hatte, schlief ebenfalls. Gewiß, die Liebe zu seinem Meister hätte ihn wachhalten sollen, seine aufrichtigen Gebete hätten sich in der Stunde der äußersten Qual mit den Gebeten seines geliebten Heilandes vereinigen sollen. Der Erlöser hatte in langen, einsamen Nächten für Seine Jünger gebetet, daß ihr Glaube nicht aufhören möge… (LJ 686.2)

Das zeigt uns, dass Menschen die Fähigkeit haben zu bestimmen, wie sehr Jesus leidet. Die Möglichkeit, dass der Kelch von Jesus genommen wird, lag nicht bei Gott, sondern bei uns Menschen. Wenn Jesus unsere Sünde auf sich genommen hat und alles von Gott vorherbestimmt war, warum hätte es dann geholfen, wenn Petrus für Ihn gebetet hätte? Es wäre nur ein leerer Trost gewesen.

Außerdem lernen wir, wie wichtig es ist, für den Glauben anderer Menschen zu beten. Wir neigen oft dazu, für die Gesundheit anderer Menschen zu beten, für ihre Probleme, ihren Charakter - aber wie oft beten wir für ihren Glauben? Jesus hatte natürlich für die Jünger gebetet, dass sie verstehen, dass sie miteinander zurechtkommen, dass sie demütig sind, dass sie Mut haben; aber wir sehen, was am wichtigsten ist: der Glaube. Der Glaube ist die Quelle all dieser anderen Dinge. Mit dem Glauben werden sie die Bibel studieren und verstehen, sie werden mutig sein, sie werden sich nicht selbst verherrlichen, sie werden nicht über Hindernisse stolpern und sie werden Gott um die Liebe und Weisheit bitten, die sie brauchen. Der Glaube ist die Verbindung zum Geist Gottes, der alle guten Gaben Gottes bringt.

Aufs neue wurde der Heiland von übermenschlicher Angst ergriffen. Fast ohnmächtig vor Schwäche und völlig erschöpft, taumelte Er an Seinen Platz zurück. Seine Qual wurde noch größer als vorher, und in der Todesangst Seiner Seele wurde „Sein Schweiß wie Blutstropfen, die fielen auf die Erde”. Lukas 22,44. Die Zypressen und Palmen waren stille Zeugen Seines Ringens; von ihren blätterreichen Zweigen fielen schwere Tautropfen auf Seine Gestalt, als ob die Natur über ihren Schöpfer weinte, der mit den Mächten der Finsternis einen einsamen Kampf ausfocht. (LJ 687.1)

...Aber jetzt war die Stunde der Macht der Finsternis über Ihn hereingebrochen. Seine Stimme klang wie der Hauch der Abendlüfte, sie hörte sich nicht an wie Triumphgesang, sondern war voller Angst und Sorge, als sie an die Ohren der schlaftrunkenen Jünger drang: „Mein Vater, ist’s nicht möglich, daß dieser Kelch an Mir vorübergehe, Ich trinke ihn denn, so geschehe Dein Wille!” Matthäus 26,42. (LJ 687.2)

Der erste Gedanke der Jünger war, zu Ihm zu gehen; aber der Herr hatte ihnen ja geboten, an ihrem Platz zu bleiben, zu wachen und zu beten. Als der Heiland erneut zu ihnen kam, fand Er sie „abermals schlafend”. Wieder hatte Er sich nach ihrer Gesellschaft gesehnt, nach einigen Worten von ihnen, die Ihm hätten Erleichterung bringen und den Bann der Finsternis brechen können, die Ihn fast überwältigte. Aber ihre Augen waren „voll Schlafs, und sie wußten nicht, was sie Ihm antworten sollten.” Markus 14,40. Seine Gegenwart machte sie wach; sie schauten Sein vom blutigen Schweiß entstelltes Angesicht, und sie fürchteten sich. Sie konnten Seine Seelenangst nicht verstehen, dazu war „Seine Gestalt häßlicher ... als die anderer Leute und Sein Aussehen als das der Menschenkinder”. Jesaja 52,14. (LJ 687.3)

Hätte ein Wort Seiner Jünger den Bann der „Finsternis, die Ihn fast überwältigte“, gebrochen? Der Mensch hat eine so erstaunliche Fähigkeit, dem Sohn Gottes zu helfen! Es ist erstaunlich, wenn man an die Macht denkt, die Gott dem Menschen gegeben hat, um Ihm bei seinem Werk zu helfen! Aber was Jesus wollte waren keine Taten - „der erste Gedanke der Jünger war, zu Ihm zu gehen“ - was Jesus wollte war das Gebet, der Glaube, dass ihr Vater auch sie erhören würde, so wie Er Jesus erhörte. Aber sie glaubten immer noch nicht daran, sondern schliefen stattdessen. Haben sie sich überhaupt um ihre Rolle im Dienst Christi gekümmert oder sie verstanden?

Die Schwachheit Seiner Jünger erweckte Jesu Mitgefühl. Er fürchtete, daß sie die Prüfung, die durch den Verrat an Ihm und durch Seinen Tod über sie kommen würde, nicht bestehen könnten. Er tadelte sie nicht, sondern bat: „Wachet und betet, daß ihr nicht in Versuchung fallet!” Sogar in Seiner großen Todesnot suchte Er ihre Schwachheit zu entschuldigen. (LJ 686.3)

 

Der heftige Konflikt dieses letzten Gebets

Als Er sah, dass kein Mensch da war, um Ihn zu trösten, wurde Jesus versucht zu denken: Wollen diese Menschen überhaupt gerettet werden? Sie scheinen sich willentlich zu weigern, auf Mich zu hören; sollten sie nicht ernten, was sie gesät haben? Sollte Ich sie nicht einfach ihrer Entscheidung überlassen, anstatt alles auf Mich zu nehmen, wenn Ich nicht einmal erkennen kann, dass Ich diese Prüfung überstehe, geschweige denn einer von ihnen! Werden sie das nicht einfach missverstehen, so wie sie alles andere, was Ich im Laufe ihrer Geschichte getan habe, missverstanden haben? Das ist die Versuchung bei diesem dritten Gebet:

Wiederum wandte sich Jesus ab und ging an Seinen Zufluchtsort zurück; von den Schrecken einer großen Finsternis überwältigt, fiel Er zu Boden. Die menschliche Natur Jesu zitterte in dieser entscheidungsschweren Stunde; Er betete jetzt nicht für Seine Jünger, daß ihr Glaube nicht wankend werden möge, sondern für Seine eigene geprüfte und gemarterte Seele. Der schreckliche Augenblick war gekommen, jene Stunde, die das Schicksal der Welt entscheiden sollte. Das Geschick der Menschenkinder war noch in der Schwebe. Noch konnte sich Christus weigern, den für die sündige Menschheit bestimmten Kelch zu trinken; noch war es nicht zu spät. Jesus konnte sich immer noch den blutigen Schweiß von Seiner Stirn wischen und den Menschen in seiner Gottlosigkeit verderben lassen. Er konnte sagen: Laß den Übertreter die Strafe seiner Schuld empfangen; Ich will zurückgehen zu Meinem Vater im Himmel. Will der Sohn Gottes den bitteren Kelch der Erniedrigung und des Leidens bis zur Neige leeren? Will Er, der unschuldig war, die Folgen des Fluches der Sünde erleiden, um die Schuldigen zu retten? Von den bleichen Lippen Jesu fielen — stammelnd — die Worte: „Mein Vater, ist’s nicht möglich, daß dieser Kelch an Mir vorübergehe, Ich trinke ihn denn, so geschehe Dein Wille!” Matthäus 26,42 (LJ 688.1)

Dreimal hatte Jesus so gebetet; dreimal war das Menschliche in Ihm vor dem letzten, krönenden Opfer zurückgeschreckt. Nun zieht im Geiste noch einmal die ganze Geschichte des Menschengeschlechtes an dem Welterlöser vorüber. Er sieht den Gesetzesbrecher untergehen, wenn dieser sich auf sich selbst verläßt; Er sieht die Hilflosigkeit der Menschen und die Macht der Sünde. Das Elend und die Klagen einer verurteilten Welt steigen vor Ihm auf, Er erkennt deren drohendes Geschick, und — Sein Entschluß ist gefaßt. Er will die Menschen retten, koste es, was es wolle. Er nimmt die Bluttaufe an, damit Millionen Verdammter das ewige Leben gewinnen können. Er hatte die himmlischen Höfe, wo Reinheit, Freude und Herrlichkeit herrschten, verlassen, um das eine verlorene Schaf — die durch Übertretung gefallene Welt — zu retten. Er will sich Seiner Aufgabe nicht entziehen. Er wird dem der Sünde verfallenen Geschlecht die Versöhnung ermöglichen. Sein Gebet nun ist Ergebung in Sein Schicksal: „Mein Vater, wenn dieser Kelch nicht an Mir vorübergehen kann, ohne daß Ich ihn trinke, so geschehe Dein Wille! (LJ 688.2)

Nach dieser Entscheidung fiel Er wie tot zu Boden, von dem Er sich halb aufgerichtet hatte. Wo waren jetzt Seine Jünger, um liebevoll ihre Hände unter das Haupt des ohnmächtigen Erlösers zu legen, um jene Stirn zu netzen, die stärker zerfurcht war als bei den Menschen sonst? Der Heiland trat die Kelter allein, und niemand unter den Völkern war bei Ihm. Jesaja 63,3 (LJ 689.1)

Dreimal war das Menschliche in Ihm vor dem letzten, krönenden Opfer zurückgeschreckt. Das zeigt, dass die Gebete darauf abzielten, dass der Vater versuchen sollte, die Menschheit auf eine andere Weise zu erreichen, damit Er (Jesus) nicht als ein Übertreter von Gott getrennt werden müsste. Gott war bereit, dem Menschen zu vergeben, wenn dieser die Tiefe seiner Sündhaftigkeit verstehen würde. Aber das, was nicht als Sünde anerkannt wird, kann nicht geheilt werden - es muss zuerst offenbart und wahrgenommen werden, und dann kommt die Reue.

Diese drei Gebete bewiesen dem Universum, dass es keinen anderen Weg gab. Die Vorstellung, dass der Mensch den Tod für die Sünde verdient hat und daher ein Tod notwendig war, damit uns vergeben werden kann, war in unserer gefallenen DNA verankert und Jesus musste den Preis dafür zahlen. Es zeigt auch, dass wir anderen ihr Unrecht, das sie uns angetan haben, nicht vergeben werden, wenn es nicht irgendeine Form von Blut gibt, um uns zu besänftigen. Jesus erfüllte also beide Bedingungen.

Im Nachhinein ist es für uns verlockend zu denken, dass das Opfer Christi nicht notwendig war, weil wir die Güte Gottes erkannt haben. Wir denken vielleicht: „Ich brauchte das Blut des Sohnes Gottes nicht zu sehen, um anderen zu vergeben, und ich habe nie gedacht, dass Gottes Zorn besänftigt werden muss! Ich habe Ihn immer als liebevoll angesehen!“ Diese Versuchung kam auch zu Jesus - das sollten die Menschenkinder verstehen können!

Nun zieht im Geiste noch einmal die ganze Geschichte des Menschengeschlechtes an dem Welterlöser vorüber. Er sieht den Gesetzesbrecher untergehen, wenn dieser sich auf sich selbst verläßt; Er sieht die Hilflosigkeit der Menschen und die Macht der Sünde. (LJ 688.2)

Das müssen auch wir sehen und erkennen, dass wir dringend einen Erlöser brauchen.

Wir sollten uns nicht täuschen lassen, weil wir im Verständnis unserer Vorväter gewachsen sind. Alles, was wir von ihnen gelernt haben - die Übel des Krieges, die Liebe zu denen, die anders sind als wir, Gott unseren Vater zu nennen - haben wir im Nachhinein durch das Opfer Christi und die Geburt Seiner Gemeinde übernommen. All das kommt zu uns aufgrund der Reue des Petrus und seiner Fähigkeit, dem Volk Israel diese Reue zu verkünden - das ist die Geburtsstunde der Gemeinde:

Ihr Männer von Israel, hört diese Worte: Jesus, der Nazarener, einen Mann, der von Gott euch gegenüber beglaubigt wurde durch Kräfte und Wunder und Zeichen, die Gott durch Ihn in eurer Mitte wirkte, wie ihr auch selbst wißt, diesen, der nach Gottes festgesetztem Ratschluß und Vorsehung dahingegeben worden war, habt ihr genommen und durch die Hände der Gesetzlosen ans Kreuz geschlagen und getötet. Ihn hat Gott auferweckt, indem Er die Wehen des Todes auflöste, weil es ja unmöglich war, daß Er von ihm festgehalten würde.... Diesen Jesus hat Gott auferweckt; dafür sind wir alle Zeugen.... So soll nun das ganze Haus Israel mit Gewißheit erkennen, daß Gott Ihn sowohl zum Herrn als auch zum Christus gemacht hat, eben diesen Jesus, den ihr gekreuzigt habt!

 Als sie aber das hörten, drang es ihnen durchs Herz, und sie sprachen zu Petrus und den übrigen Aposteln: Was sollen wir tun, ihr Männer und Brüder?

Da sprach Petrus zu ihnen: Tut Buße, und jeder von euch lasse sich taufen auf den Namen Jesu Christi zur Vergebung der Sünden; so werdet ihr die Gabe des Heiligen Geistes empfangen. Denn euch gilt die Verheißung und euren Kindern und allen, die ferne sind, so viele der Herr, unser Gott, herzurufen wird.

Und noch mit vielen anderen Worten gab er Zeugnis und ermahnte und sprach: Laßt euch retten aus diesem verkehrten Geschlecht!

Diejenigen, die nun bereitwillig sein Wort annahmen, ließen sich taufen, und es wurden an jenem Tag etwa 3.000 Seelen hinzugetan. (aus Apostelgeschichte 2)

Das war, als Petrus ein neuer Mensch war. In Gethsemane war er noch am Schlafen - die Gebete Christi können sein immer noch selbstzufriedenes Herz nicht erreichen. Ich wünschte, wir würden das auch bei uns selbst erkennen! Wie schwer ist es, uns zu erreichen und aufzuwecken! Aber auch wenn wir das Leiden Christi verschlafen haben, Gott, der Vater, und Seine Engel haben es nicht getan:

Aber der Vater im Himmel litt mit Seinem Sohn, und die Engel waren Zeugen Seiner Qualen. Sie sahen ihren Herrn inmitten von Legionen satanischer Kräfte, niedergebeugt von schauderndem, geheimnisvollem Entsetzen. Im Himmel herrschte tiefe Stille; kein Harfenklang ertönte. Hätten Sterbliche die Bestürzung der Engelscharen wahrgenommen, als diese in stillem Schmerz beobachteten, wie der himmlische Vater Seinem geliebten Sohn die Strahlen des Lichts, der Liebe und der Herrlichkeit entzog, dann würden sie besser verstehen, wie verhaßt in Seinen Augen die Sünde ist. (LJ 689.2)

Die nicht gefallenen Welten und die himmlischen Engel hatten mit größter Anteilnahme zugeschaut, wie der Kampf sich seinem Ende näherte. Auch Satan und seine Verbündeten, Legionen der Abtrünnigen, beobachteten aufmerksam diese Stunde der Entscheidung im ganzen Heilsgeschehen. Die Mächte des Guten und des Bösen hielten sich zurück, um zu sehen, wie die Antwort auf Jesu dreimalige Bitte lautete. Die Engel hatten sich danach gesehnt, dem göttlichen Dulder Hilfe zu bringen, aber das durfte nicht geschehen. Es gab kein Entrinnen für den Sohn Gottes. In dieser furchtbaren Krise, da alles auf dem Spiel stand, da der geheimnisvolle Kelch in den Händen Jesu zitterte, öffnete sich der Himmel, und ein Licht durchbrach das unruhige Dunkel dieser entscheidungsschweren Stunde; der Engelfürst, der anstelle des ausgestoßenen Satans in der Gegenwart Gottes seinen Platz hat, trat an Jesu Seite. Der Engel kam nicht, um Christus den Leidenskelch aus der Hand zu nehmen, sondern um Ihn durch die Versicherung der Liebe des Vaters zu stärken, den Kelch zu trinken. Er kam, um dem göttlich-menschlichen Bittsteller Kraft zu spenden. Er zeigte ihm den offenen Himmel und sprach zu Ihm von den Seelen, die durch Sein Leiden gerettet würden. Er gab Ihm die Gewißheit, daß Sein Vater im Himmel größer und mächtiger ist als Satan, daß Sein Tod die vernichtendste Niederlage Satans bedeutet und daß das Königreich dieser Welt den Heiligen des Allerhöchsten gegeben werden wird. Er erzählte Ihm, daß „Er das Licht schauen und die Fülle haben” werde, „weil Seine Seele sich abgemüht hat” Jesaja 53,11, denn eine große Schar auf ewig Erlöster würde für Ihn zeugen. (LJ 689.3)

Es gab keinen anderen Ausweg, als das Lösegeld zu zahlen, das wir festgesetzt hatten, denn Gott und Jesus sagten:

Darum spricht Er bei Seinem Eintritt in die Welt: »Opfer und Gaben hast Du nicht gewollt; einen Leib aber hast Du mir bereitet. An Brandopfern und Sündopfern hast Du kein Wohlgefallen. Da sprach ich: Siehe, Ich komme – in der Buchrolle steht von Mir geschrieben –, um Deinen Willen, o Gott, zu tun!« (Hebräer 10,5-7)

Wir waren es, die verlangten, dass der Leib Jesu, des vollkommenen, sündlosen Gotteslammes, sterben sollte. Nur das würde unseren Schrecken und unsere Angst vor unserem Vater und dem Himmel lindern. Es war eine schreckliche Vorstellung, die wir von Gott hatten, aber Gott verstand sie, befriedigte sie, überwand sie und zeigte uns, dass es ein Leben jenseits dieses Missverständnisses gibt.

Denn was dem Gesetz unmöglich war – weil es durch das Fleisch kraftlos war –, das tat Gott, indem Er Seinen Sohn sandte in der gleichen Gestalt wie das Fleisch der Sünde und um der Sünde willen und die Sünde im Fleisch verurteilte, ... (Römer 8,3)

Da nun die Kinder an Fleisch und Blut Anteil haben, ist Er gleichermaßen dessen teilhaftig geworden, damit Er durch den Tod den außer Wirksamkeit setzte, der die Macht des Todes hatte, nämlich den Teufel, und alle diejenigen befreite, die durch Todesfurcht ihr ganzes Leben hindurch in Knechtschaft gehalten wurden. (Hebräer 2,14.15)

Wegen unserer Sündhaftigkeit hatten wir die ganze Zeit Angst vor Gott und dachten, es gäbe nur ein Heilmittel, obwohl das Heilmittel in Wirklichkeit ein anderes war. Aber Gott gab uns das, was wir für das Heilmittel hielten, damit wir uns nicht vor Ihm fürchten und damit wir endlich akzeptieren können, was Sein wirkliches Heilmittel ist.

… die jetzt aber offenbar geworden ist durch die Erscheinung unseres Retters Jesus Christus, der dem Tod die Macht genommen hat und Leben und Unvergänglichkeit ans Licht gebracht hat durch das Evangelium, … (2.Timotheus 1,10)

Denn das Gesetz des Geistes des Lebens in Christus Jesus hat mich frei gemacht von dem Gesetz der Sünde und des Todes. (Römer 8,2)

Nachdem wir also das Gesetz der Sünde und des Todes überwunden haben, treten wir in das Gesetz des Geistes des Lebens in Christus ein. Worin besteht dieses Gesetz? Es findet sich in Seiner Beziehung zu Seinem Vater (Joh 17,3), dem Glauben, den Er an Seinen Vater hat. Es besteht darin, ständig mit dem Brot des Lebens verbunden zu bleiben und Gott so zu kennen wie Er:

Alles ist Mir von Meinem Vater übergeben worden, und niemand erkennt den Sohn als nur der Vater; und niemand erkennt den Vater als nur der Sohn und der, welchem der Sohn es offenbaren will. (Matthäus 11,27)

Denn ihr habt nicht einen Geist der Knechtschaft empfangen, daß ihr euch wiederum fürchten müßtet, sondern ihr habt den Geist der Sohnschaft empfangen, in dem wir rufen: Abba, Vater! (Römer 8,15)

... denn der Vater selbst hat euch lieb. (Johannes 16,27)