Das Spiegelprinzip - Kapitel 31 - Das goldene Kalb
Übersetzt von Franziska Bunkus, editiert von Jutta Deichsel
Kapitel 31 - Das goldene Kalb
Die Anbetung des goldenen Kalbs machte deutlich, dass Israel zwar aus Ägypten ausgezogen war, aber Ägypten noch nicht aus Israel. Josephus lässt diese Geschichte in seinen Schriften komplett aus, was zeigt, wie beschämend dieses Ereignis für das jüdische Volk war.
In Ägypten hatte Mose das Volk ermutigt, dem Herrn zu vertrauen und Ihm zu folgen. Am Roten Meer sagte er ihnen, sie sollten auf den Herrn vertrauen und Seine Rettung schauen. Als sie wegen Nahrung und Wasser murrten, betete er zu Gott und erhielt, was sie brauchten. Der Dank dafür war, dass sie ihn beschuldigten, sie in der Wüste töten zu wollen und ihn steinigen wollten, weil er ihre momentanen Bedürfnisse nicht erfüllte.
Nun, da sich Mose offenbar verspätet hatte, begann sich der wahre Charakter der Israeliten zu zeigen.
Das Volk Israel hatte am Fuß des Berges auf die Rückkehr von Mose gewartet. Als er lange nicht kam, versammelten sich die Männer bei Aaron und forderten: »Mach uns einen Gott, der uns schützt und führt! Denn was aus diesem Mose geworden ist, der uns aus Ägypten hierher geführt hat – niemand weiß es.« (2.Mose 32,1 GN)
Angestachelt durch den Geist des Mischvolks (2.Mose 12,38) war Israel nicht in der Lage, geduldig zu warten. Sie beteten nicht und suchten nicht die Führung des Herrn. Sie dachten nicht über die kostbaren Worte der Zehn Gebote nach, sondern nahmen die Dinge selbst in die Hand und taten, was die Ägypter ihnen in Ägypten gezeigt hatten: Sie machten sich Götter, die denen der Ägypter glichen.
Aaron, aus Angst vor dem Volk, das bereits seinen Bruder steinigen wollte, kompromittierte seine Stellung und machte sich mitschuldig an dem Verbrechen des Volkes. Nach allem, was Gott getan hatte, um sie zu retten und für sie zu sorgen, machten sie sich ein Kalb und erklärten das zu ihrem Erlöser.
Er (Aaron) schmolz sie ein, goss das Gold in eine Form und machte daraus das Standbild eines Jungstiers. Da riefen sie: »Hier ist dein Gott, Israel, der dich aus Ägypten hierher geführt hat!« (2.Mose 32,4 GN)
Aaron versuchte, die Anbetung des Kalbes mit der Anbetung Jehovas zu vermischen, indem er ein Fest für den Herrn ausrief.
Als Aaron das sah, baute er einen Altar vor ihm und ließ ausrufen und sprach: Morgen ist ein Fest für den HERRN! (2.Mose 32,5 Schlachter)
Das ist die Versuchung, der die Menschen erliegen, wenn sie ihre Stellung und ihre Macht bewahren wollen: sie vermischen die Anbetung des wahren Gottes mit den Anbetungspraktiken der Menschen.
In der Anbetung des goldenen Kalbes sehen wir einen weiteren Beweis für den Wunsch des Volkes nach Brandopfern.
Am nächsten Morgen stand das Volk früh auf, um Brand- und Friedensopfer zu opfern. Danach feierten sie mit Schlemmen und Saufen und gaben sich heidnischen Gelagen hin. (2.Mose 32,6 engl. NLT)
Das Volk hatte Gottes Stimme gehört, die ihnen sagte, sie sollten sich kein Bildnis von irgendetwas auf der Erde machen, um es anzubeten. Sie hatten gelobt, alles zu tun, was der Herr ihnen gesagt hatte. Innerhalb weniger Wochen brachen sie ihr Gelübde gegenüber Gott auf katastrophale Weise. Sie stürzten sich in heidnische Gelage und missachteten auch die übrigen Gebote, die Gott ihnen gegeben hatte.
Am Horeb machten sie sich ein Stierbild, sie warfen sich nieder vor gegossenem Metall. Die Herrlichkeit ihres Gottes vertauschten sie mit dem Bild eines Rindviehs, das Gras frisst. Gott, ihren Retter, vergaßen sie, Seine machtvollen Taten in Ägypten. (Psalm 106,19-21 GN)
War Er, der das Ende vom Anfang kennt, von diesem Glaubensabfall überrascht? Ganz und gar nicht. Gott ließ zu, dass Israel Ihm Versprechungen machte, von denen Er wusste, dass sie sie niemals halten konnten. Er konnte nichts anderes tun. In ihrem absoluten Abfall könnten sie jedoch beginnen, ihre völlige Hilflosigkeit zu erkennen und sich im Glauben und Gebet an Gott zu wenden.
Wie wir in früheren Geschichten bereits beobachten konnten, führt vorsätzlicher Ungehorsam zu Gottes Zorn. Gottes Zorn bedeutet, dass Er Sein Angesicht verbirgt. Das Verbergen Seines Angesichtes bedeutet, dass die Engel nicht mehr in der Lage sind, die Menschen zu beschützen, wie sie es zuvor getan haben, wodurch ein Riss entsteht.
Und Er gedachte sie zu vertilgen, wenn nicht Mose, Sein Auserwählter, in den Riss getreten wäre vor Ihm, um Seinen Grimm abzuwenden, dass Er sie nicht vertilgte. (Psalm 106,23 Schlachter)
Der Psalmist offenbart uns den Riss in der Schutzmauer als Folge von Gottes Grimm oder dem Verbergen Seines Angesichts. Wenn wir lesen, dass Gott das Volk vertilgen wollte, denkt das natürliche Herz sofort, dass Gott das Volk tötet. Aber wenn wir in das Angesicht Jesu schauen, verstehen wir, dass Gott sagt, dass Er sie wegen ihres fortwährend rebellischen Geistes nicht mehr beschützen kann.
Es sollte uns nicht entgehen, dass Israel mit der Anbetung des goldenen Kalbs Satan als ihren Führer anrief. Mit der Behauptung, das goldene Kalb habe sie aus Ägypten herausgeführt, vertrieben sie Gott von sich.
Als Gottes Stellvertreter spürte Mose diese Ablehnung selbst sehr stark. Nach all dem, was Mose zur Rettung dieses Volkes getan hatte, stieg in ihm ein natürliches Verlangen nach Gerechtigkeit auf. Für eine Führungsperson ist Undankbarkeit der perfekte Treibstoff für den Wunsch nach Bestrafung. In dieser Situation nutzt Gott die Gelegenheit, Moses' Charakter zu entwickeln. Als Mose erkannte, welch schreckliche Sünde das Volk begangen hatte, war er versucht, sich zu fragen, ob dem Volk so etwas wirklich vergeben werden kann. In diesem Rahmen spricht Gott nun zu Mose über Seine vermeintlichen Absichten.
Und der HERR sprach zu Mose: Ich habe dieses Volk beobachtet, und siehe, es ist ein halsstarriges Volk. So lass Mich nun, damit Mein Zorn gegen sie entbrennt und Ich sie verzehre; dich aber will Ich zu einem großen Volk machen! (2.Mose 32,9.10 Schlachter)
Das ohne die Vermittlung des Lebens Christi zu lesen führt zu einigen sehr problematischen Schlussfolgerungen.
Mose aber besänftigte das Angesicht des HERRN, seines Gottes, und sprach: Ach HERR, warum will Dein Zorn gegen Dein Volk entbrennen, das Du mit so großer Kraft und starker Hand aus dem Land Ägypten geführt hast? Warum sollen die Ägypter sagen: Zum Unheil hat Er sie herausgeführt, um sie im Gebirge umzubringen und von der Erde zu vertilgen? Wende Dich ab von der Glut Deines Zorns und lass Dich des Unheils gereuen, das Du über Dein Volk bringen willst! (2.Mose 32,11.12 Schlachter)
Wenn Mose tatsächlich versucht, Gott zu besänftigen, könnten wir dann daraus schlussfolgern, dass Mose barmherziger ist als Gott? Die Bibel sagt uns, dass Gottes Gnade ewig währt (Psalm 136). Unser Wissen von der natürlichen Feindschaft im Menschen lässt uns erkennen, dass der Mensch nichts Gutes tun kann, wenn es nicht zuerst von Gott kommt.
Warum sagt Gott dann zu Mose, er solle „Ihn nun lassen“, damit Er Israel verzehren könne? Warum gehorcht Mose Gottes Befehl nicht? Versucht Mose, Gott zu besänftigen? Oder zeigt Gott Mose dessen innere Gedanken auf und bringt sie zu ihrem logischen Ende, um Mose die Möglichkeit zu geben, tiefer in die Barmherzigkeit Gottes zu gelangen?
Im weiteren Verlauf des Kapitels sehen wir, wie Mose mit der Ungeheuerlichkeit der Sünde Israels zu kämpfen hat. Er fleht Gott an, Israel zu vergeben, doch dann hält er inne und bietet sich selbst als Opfer an, um Gottes Gerechtigkeit zu besänftigen.
Und nun vergib ihnen doch ihre Sünde; wenn aber nicht, so tilge mich aus Deinem Buch, das Du geschrieben hast! (2.Mose 32,32 Schlachter)
Wie wir bereits feststellten, war das eine wundervolle Geste von Mose, aber in einem falschen Kontext. Wie Abraham hat auch er damit zu kämpfen, sich von dem Gedanken freizumachen, dass für Sünde der Tod notwendig ist.
Kurz zuvor hatte Mose angeordnet, dass diejenigen, die keine Buße tun wollten, getötet werden sollten. Die Schuldigen wurden also abgeschlachtet. Mose fürchtet noch immer, dass dies nicht ausreicht, und bietet sich selbst als unschuldiges Opfer an, wie ein Typus von Christus, um der Gerechtigkeit Genüge zu tun, die seiner Meinung nach befriedigt werden muss. Indem die Bösen erschlagen und zugleich der unschuldige Mose geopfert werden soll, zeigen sich abermals die Prinzipien der menschlichen Versöhnung wie schon bei Christus: der Unschuldige wird neben den beiden schuldigen Räubern geopfert.[1]
Der Bericht, wie Mose Gott anfleht, Seine Kinder nicht zu töten, und wie er versucht, Seinen Zorn zu besänftigen, offenbart deutlich die menschliche Wahrnehmung von Gott. Wegen unserer Feindschaft gegen Ihn kann Gott nichts anderes tun, als uns auf diese Weise zu erscheinen. Weil wir nicht in der Lage sind, die Verantwortung für unser Handeln zu übernehmen, wird jegliches Unheil, das durch den Verlust des Engelsschutzes über die Menschheit hereinbricht, auf Gott projiziert, von dem man annimmt, dass Er aus schlechter Laune heraus solches Unheil anrichtet.
Wie wir bereits mehrfach erwähnt haben, sind Gottes Gedanken nicht unsere Gedanken. In den Geboten Gottes wird uns gesagt, dass Gott eifersüchtig wird, wenn wir falsche Götter anbeten. Die meisten Bibeln übersetzen den Text einfach mit „Gott ist eifersüchtig“. Aber das Wort „ist“ wurde hinzugefügt. Gott erscheint eifersüchtig, weil der Sünder, wenn er die Folgen seiner Sünde zu spüren bekommt, Gott die Schuld dafür gibt; so wie Adam Gott die Schuld dafür gab, dass Er die Frau geschaffen hat.
In Kapitel 21 haben wir uns angeschaut, wie die Schutzmauer funktioniert. Wenn Menschen gegen Gottes Gesetz verstoßen, entstehen Risse und Lücken in der Schutzmauer. Mose ist in diesen Riss getreten und hat für das Volk Israel gebetet. Er tat genau das, was Gott von ihm wollte, denn im weiteren Verlauf der Geschichte Israels sehen wir, dass Gott nach einem Mann sucht, der in den Riss tritt, um Israel zu retten.
Und Ich suchte unter ihnen einen Mann, der die Mauer zumauern und vor Mir in den Riss treten könnte für das Land, damit Ich es nicht zugrunde richte; aber Ich fand keinen. (Hesekiel 22,30 Schlachter)
Glücklicherweise fand Gott hier in Mose einen Mann, der in den Riss trat, den Israel verursacht hatte. Wie leicht hätte sich Mose Gottes Befehl „so lass Mich nun“ zu Herzen nehmen können, weil er mit seinem natürlichen Denken übereinstimmte. Gott wollte Mose nicht zwingen, die Israeliten zu führen, und Er hätte wirklich ein neues Volk aus Moses Nachkommen geschaffen, wenn Mose das gewollt hätte.
Aber der Geist Gottes wirkte an Mose, um ihn in Christi Ebenbild wachsen zu lassen. Mose reagierte auf wundervolle Weise: Als er Gott auf seinen Knien anflehte, sehen wir Christus, manifestiert im Fleisch Moses, genauso wie Er auch im Fleisch Abrahams manifestiert war, als dieser für Sodom flehte. Wo die meisten Menschen „Amen“ sagen würden, wenn Gott das Böse vernichtet, sah Mose Hoffnung in den Worten „so lass Mich nun“. Mose las das Herz Gottes in diesem Fall in wunderschöner Weise.
Der Ausdruck „so lass Mich nun“ ist gleichbedeutend mit dem, was Christus zu der Frau sagte: „Es ist nicht recht, das Essen der Kinder zu nehmen und es den Hunden vorzuwerfen“. Der Spiegel ist hier im Einsatz. Mose denkt möglicherweise, dass Gott nun Gerechtigkeit üben will und die Zeit für Diskussionen vorbei ist. Aber als Gott den Gedanken ausspricht und ihn verstärkt, wechselt Mose in die Position der Barmherzigkeit, so wie Gott es sich von ihm gewünscht hatte.
Die andere Sichtweise, dass Mose versucht, Gott zu beschwichtigen und zu besänftigen, indem er Ihn daran erinnert, wie schlecht Er dann vor den anderen Völkern dastehen würde, ist schlichtweg töricht. Es ist an der Zeit, die Decke abzulegen, die den Charakter Gottes vor uns verbirgt, und unseren Vater im Licht des Charakters Christi anzuschauen.
Gott erzählte Mose, was die Israeliten getan hatten und womit sie sich verdorben hatten. Gott hatte genau gesehen, was sie taten, und vergab ihnen ihre Bosheit, aber als Mose es sah, wurde sein Zorn glühend heiß.
Als Mose sich dem Lager näherte, sah er das Volk um das Goldene Kalb tanzen. Da packte ihn der Zorn, er schleuderte die Tafeln fort und zerschmetterte sie am Fuß des Berges. Das Goldene Kalb, das die Israeliten gemacht hatten, schmolz er ein und zerrieb es zu Staub; den Staub streute er ins Wasser und gab es den Israeliten zu trinken. (2.Mose 32,19.20 HFA)
Mose zerbrach diese wertvollen Gebote, die Gott mit Seiner eigenen Hand geschrieben hatte, als Symbol dafür, was das Volk mit den Worten Gottes getan hatte. In den Handlungen von Mose steckt eine gewisse Entschlossenheit. Das stumme, leblose Götzenbild, das zu Pulver zermahlen und ins Wasser gestreut wird, damit das Volk es trinken muss, birgt ein Gefühl der Gerechtigkeit für ein böses und undankbares Volk.
Aaron spürt die Hitze von Moses' Frage: „Was hat dir dieses Volk angetan, dass du eine so große Sünde über sie gebracht hast?“ Aarons erbärmliche Antwort, er habe das Gold in die Flammen geworfen, woraufhin auf magische Weise ein Kalb herausgekommen sei, dürfte Mose nicht im Geringsten zufrieden gestellt haben.
Israel steckte nun in einer schrecklichen Krise. Es gab mehrere Probleme, die es zu bewältigen galt:
- Die Anbetung des goldenen Kalbs verursachte einen Riss, durch den Satan eindringen konnte.
- Beim Einzug in das Land Kanaan konnten die heidnischen Völker den Götzendienst Israels als Rechtfertigung ihres eigenen Götzendienstes vorbringen. Ein Beweis für Gottes Missfallen musste erbracht werden.
- Israel hatte nicht auf Gottes Stimme gehört und sich entschieden, einen eigenen Bund mit Ihm zu schließen. Gott konnte diese Situation nicht so in Ordnung bringen, wie Er wollte, also musste Er es nach Israels Auffassung von Gerechtigkeit und Versöhnung tun.
- Israel betete einen Kriegsgott an, der die Schuldigen zum Tode verurteilt. Ihr eigenes Gericht über andere muss sie nun selbst richten.
- Adams Verhalten, der Versöhnung suchte, indem er die Schuld auf seine Frau und auf Gott schob, ist immer noch ein Kernelement ihrer Natur und wird in dieser Geschichte manifestiert.
- Auch Abrahams Auffassung von Gott, der glaubte, dass Er von ihm verlangte, seinen unschuldigen Sohn zu opfern, um für seine Sünden zu sühnen, spielt in dieser Gleichung eine Rolle.
Mose wollte für die Kinder Israels Sühnung (Versöhnung) schaffen.
Und es geschah am folgenden Tag, da sprach Mose zum Volk: Ihr habt eine große Sünde begangen! Und nun will ich zu dem HERRN hinaufsteigen; vielleicht kann ich Sühnung erwirken für eure Sünde. (2.Mose 32,30 Schlachter)
Mose ruft diejenigen, die ihre Sünde bereuten, zu sich, um Vergebung zu erlangen. Diejenigen, die nicht zu Mose kamen und sich weigerten, Buße zu tun, hielten den Riss in Israel offen. Wenn sie weiterhin ein Teil des Volkes Israel blieben, hätte Satan ständig Zugang zum ganzen Lager. Er könnte die umliegenden Völker aufhetzen, und sie wären in der Lage, die Israeliten wegen dieser Sünde zu vernichten.
Damit Israel und die umliegenden Völker verstehen konnten, dass Götzendienst eine Beleidigung für Gott ist und niemals akzeptiert wird, musste das Gericht über das Volk hereinbrechen und der Riss musste geschlossen werden.
Beachten wir Moses Worte, und wie er mit dieser Situation umgeht.
… da stellte sich Mose im Tor des Lagers auf und sprach: Her zu mir, wer dem HERRN angehört! Da sammelten sich zu ihm alle Söhne Levis. Und er sprach zu ihnen: So spricht der HERR, der Gott Israels: Jeder gürte sein Schwert an seine Hüfte, und geht hin und her, von einem Tor zum anderen im Lager, und jeder erschlage seinen Bruder, seinen Freund und seinen Nächsten! Und die Söhne Levis machten es, wie ihnen Mose gesagt hatte, und an jenem Tag fielen vom Volk an die 3 000 Männer. (2.Mose 32,26-28 Schlachter)
Auffällig ist hier, dass Mose das Gespräch, das er mit Gott geführt hat, nicht erwähnt. An anderen Stellen schreibt Mose Dinge wie diese:
Gott sprach noch einmal zu Mose: »Ich bin der HERR! Euren Vorfahren Abraham, Isaak und Jakob bin Ich als der allmächtige Gott erschienen, aber Meinen Namen ›der HERR‹ habe Ich ihnen nicht offenbart. Ich habe mit ihnen Meinen Bund geschlossen und darin versprochen, ihnen das Land Kanaan zu geben, in dem sie als Fremde gelebt haben.« (2.Mose 6,2-4 HFA)
Mose berichtete den Israeliten, was Gott zu ihm gesagt hatte, … (2.Mose 6,9 HFA)
Und nochmal:
Und der HERR sprach zu Mose: Siehe, Ich habe dich dem Pharao zum Gott gesetzt, und dein Bruder Aaron soll dein Prophet sein. (2.Mose 7,1 Schlachter)
Und Mose und Aaron handelten genau so; wie ihnen der HERR geboten hatte, genau so handelten sie. (2.Mose 7,6 Schlachter)
Und nochmal:
Da sprach der HERR zu Mose: Du wirst sehen: Ich lasse Brot vom Himmel für euch regnen! … (2.Mose 16,4 HFA)
Darauf sagten Mose und Aaron zu den Israeliten: Heute Abend werdet ihr erfahren, dass der HERR es war, der euch aus Ägypten herausgeführt hat, … (2.Mose 16,6 HFA)
Und nochmal:
Mose bestieg den Berg, um Gott zu begegnen. Der HERR rief ihm vom Berg aus zu: »Richte den Israeliten, den Nachkommen von Jakob, diese Botschaft von Mir aus … (2.Mose 19,3 HFA)
Mose ging zurück, rief die Sippenoberhäupter des Volkes zusammen und erzählte ihnen, was der HERR ihm aufgetragen hatte. (2.Mose 19,7 HFA)
Dieser Ablauf wiederholt sich in den Schriften Moses' immer wieder. Bei der Schilderung vom Sieg über die Amalekiter, sowie bei der Tötung der Dreitausend am Berg Sinai wird dieses Muster jedoch nicht verfolgt. Mose schreibt nicht: „Der Herr gebot Mose jeden zu töten, der nicht Buße tat“. Warum berichtet Mose in diesem Fall nichts von seinem Gespräch mit Gott?
Die Leviten kamen dem Befehl Moses nach, und so fielen an diesem Tage von dem Volk gegen dreitausend Mann. (2.Mose 32,28 Menge)
Warum schreibt Mose, dass es ein Befehl von Mose war? Warum schreibt er nicht, dass es ein Befehl von Gott war? Diese Frage ist für diese Geschichte von großer Bedeutung.
Gott kennt die Prinzipien der Versöhnung, nach denen der Mensch handelt. Als die Israeliten in 2.Mose 17 Wasser verlangten, wurde Mose befohlen, den Felsen zu schlagen, damit Wasser herauskomme. Das Schlagen des Felsens ist ein Symbol für Christus, den Felsen, der ihnen folgte (1.Korinther 10,4). Das Schlagen des Felsens offenbart das Schlagen Christi, um uns Leben zu geben.
Gegen Ende ihrer Wüstenwanderung wurde Mose beauftragt, zu dem Felsen zu sprechen anstatt ihn zu schlagen, aber er schlug ihn zweimal im Zorn und wiederholte damit das Symbol von Befreiung durch Tod.[2]
Unser Vater im Himmel kennt die Gedanken der Menschen und ihre Prinzipien von Versöhnung durch Opfer. Er wusste, dass Israel nicht an Gottes Vergebung glauben konnte, ohne dass ein Opfer dargebracht wurde. Deshalb erlaubte Er Mose, gemäß seinen Gedanken der Wiedergutmachung zu handeln, als er die Hinrichtung derer forderte, die sich weigerten, Buße zu tun. Indem Gott Mose nicht daran hinderte, seine Gedanken zu dieser Situation zu verwirklichen, legte Gott Seine Vollmacht auf diese Handlung.
Das ist genau derselbe Ausgang wie bei dem Tod des Pharaos im Meer. Gott muss als der Verderber dastehen, damit die Menschen das Gefühl haben, dass Versöhnung und Wiedergutmachung geschehen ist. Auf diese Weise bestraft Gott die Sünde derer, die gegen Ihn rebellieren, durch ihr eigenes Gerechtigkeitssystem. Gott als Person wird bei diesen Maßnahmen nicht repräsentiert, was darin ersichtlich wird, dass Mose nicht sagt, Gott habe ihn beauftragt, dies zu tun. Dadurch wird deutlich, dass Gott diesen Prozess zulässt, aber nicht der Urheber dieser Maßnahme ist.
Dadurch, dass Gott zuließ, dass die Übertreter durch die menschlichen Versöhnungsprinzipien bestraft wurden, wurde der Riss geschlossen; die heidnischen Völker verstanden Gottes Missfallen daran und Israel konnte glauben, dass ihnen vergeben werden konnte.
Gott segnete die Leviten für ihr Handeln, welches ihrer Auffassung von Versöhnung entsprach. Wenn ein Kind sich in seinem Bemühen, eine Fertigkeit anzueignen, ungeschickt anstellt, schimpfen weise Eltern es nicht aus, sondern segnen es, um es zu ermutigen, weiter zu lernen.
Die Schattenseite für die Leviten, die nur wenige bedenken, war, dass sie nun mit den Bildern von Tod und Zerstörung leben mussten, die sie selbst über ihre Brüder gebracht hatten. Das war für viele von ihnen sicher äußerst traumatisierend. Aber sie waren entschlossen, Gott auf die beste Weise, die sie verstanden, Wiedergutmachung zu erweisen, und Gott segnete es.
Wie wir bereits erläutert haben, war der Tod der Schuldigen nicht genug für Mose, um zu glauben, dass Gott Israel vergeben würde. Er bot sich selbst als das unschuldige Opfer dar.
Als Gott Mose als unschuldiges Opfer ablehnte, war es für Israel schwer, vollständige Vergebung zu ergreifen. Daher bestand in den Köpfen von Mose und dem Volk immer noch ein Riss, durch den Satan sie weiterhin plagen konnte.
So geh nun hin und führe das Volk an den Ort, von dem Ich zu dir geredet habe. Siehe, Mein Engel soll vor dir hergehen. Aber am Tag Meiner Heimsuchung will Ich ihre Sünde an ihnen heimsuchen! Und der HERR schlug das Volk, weil sie sich das Kalb gemacht hatten, das Aaron angefertigt hatte. (2.Mose 32,34.35 Schlachter)
Mose hatte Gott um Vergebung für Sein Volk gebeten. In den obigen Versen sehen wir, dass es so erscheint, als ob es einen Mangel in der Vergebung Gottes gibt, weil Er sie weiterhin schlägt und heimsucht. Es ist wahr, dass Gott die Schuldigen nicht von ihren Taten freispricht, sie werden ernten, was sie gesät haben, aber die Plage kommt von den Schuldgefühlen des Volkes, durch die Satan sie leichter zum Rückfall in die Sünde verführen kann.
Hätte das Volk im Tod der Schuldigen die vollständige Vergebung annehmen können, wäre es für sie weniger schwierig gewesen. Aber als die Schuldigen den Tod der Unbußfertigen sahen, beschlichen sie Zweifel, ob Gott sie nicht auch noch für ihre Sünden töten würde.
Wie schwerfällig ist das menschliche Herz, Gottes wahre Liebe zu Seinem Volk zu erkennen, und wie schnell schreibt der Mensch die Vergeltung der Hand Gottes zu. Wie weise hat unser Vater im Himmel diese komplexe Situation mit dem goldenen Kalb gelöst und Israel vor der völligen Ausrottung durch Satan bewahrt.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Tod der 3.000 Menschen Teil des zulassenden Willens Gottes war, um die menschlichen Versöhnungsprinzipien zu befriedigen. Moses Beschreibung dieser Geschichte zeigt eindeutig, dass der Befehl zum Töten ein Befehl von Mose war. Als unser Vater dem Handeln von Mose nicht widersprach oder es nicht verhinderte, wurde Gott für alles verantwortlich, was geschah, und so wurde Sein Gericht offenbart, indem die Aufrührer durch ihr eigenes Gerechtigkeitssystem gefangen und vernichtet wurden.
Ich hoffe, du kannst den wahren Charakter unseres Vaters in dieser Geschichte erkennen. Er wollte nicht, dass irgendjemand getötet wird, aber die menschlichen Prinzipien der Versöhnung verlangten es, also gab Gott es ihnen. Christus wurde in den Getöteten gekreuzigt, weil Christus jedem von uns nahe ist und unseren Schmerz und unser Leid fühlt. Aber um das Volk zu retten, mussten die Aufrührer sterben, musste der Fels geschlagen werden.
Kannst du das kostbare Licht in diesen Geschichten sehen? Ich bete, dass unser Vater dir hilft, die Schönheit dieser Wahrheit zu erkennen, wie Gott den Menschen dort begegnet, wo sie in ihrem eigenen Denken stehen, um sie zu retten.
Wir werden die weiteren Kapitel dieses Buches nach und nach veröffentlichen, sobald sie fertig übersetzt sind. Alle Kapitel findest du hier.
Das englische Original: Mirror Principle
Anmerkung:
Der Autor Adrian Ebens hat in seinem neuen Buch „Das Spiegelprinzip“ (Mirror Principle) vorwiegend die englische Bibelübersetzung „New Living Translation“ benutzt. Um dem in unserer deutschen Übersetzung zu entsprechen, haben wir vorwiegend aus den deutschen Bibelübersetzungen „Hoffnung für Alle“ und aus der „Gute Nachricht Bibel 2018“ zitiert, und auch einige andere Bibelübersetzungen benutzt. Die jeweils benutzte Version ist immer hinter der Bibelvers-Angabe angeführt.
Abkürzungen:
HFA – Hoffnung für Alle
GN – Gute Nachricht Bibel 2018
Schlachter – Schlachter 2000
[1] Weitere Informationen hierzu findest du in dem Buch Versöhnung Seite 86-95 zum Download verfügbar unter vaterderliebe.de
[2] Ich behandle dieses Thema ausführlicher in Kapitel 8 von Versöhnung, zum Download verfügbar auf vaterderliebe.de